Zunahme von Gewalttaten in Kitas: Ursachen und Hintergründe

Zunahme von Gewalttaten in Kitas: Ursachen und Hintergründe

In Nordrhein-Westfalen (NRW) sind die gemeldeten Gewalttaten in Kitas erheblich gestiegen. Doch was steckt hinter diesem Anstieg? Handelt es sich um eine tatsächliche Zunahme von Gewalt oder ist vielmehr eine verbesserte Erfassung der Vorfälle der Grund?

Laut aktuellen Zahlen des NRW-Familienministeriums wurden 2024 mehr Gewalttaten in Kindertagesstätten gemeldet als in den Jahren zuvor. Obwohl eine endgültige Zahl für 2024 noch nicht vorliegt, ist bereits absehbar, dass ein trauriger Rekord erreicht wird.

Die Mehrheit der Vorfälle wird von Kindern an anderen Kindern verübt. Doch auch Gewalt durch Kitapersonal, einschließlich sexueller Gewalt, kommt vor, wenngleich seltener. In die Statistik fließen zudem Fälle von „pädagogischem Fehlverhalten“ ein.

Steigende Zahlen und die Rolle der Kinder als Täter

Bereits 2023 stieg die Zahl der gemeldeten Gewaltakte deutlich an: Mit 1.943 Vorfällen wurde die Zahl von 2022 (1.027) nahezu verdoppelt. Im ersten Halbjahr 2024 wurden 1.206 Fälle von Kindeswohlgefährdungen registriert, so die Antwort des Familienministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag.

Besonders auffällig ist die Zunahme von Gewaltakten unter Kindern: 2022 wurden 267 Fälle verzeichnet, 2023 waren es bereits 750, und im ersten Halbjahr 2024 gingen 532 Meldungen ein – doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2022.

Überforderung als möglicher Auslöser?

Die SPD-Landtagsabgeordnete Nina Andriehsen weist auf zwei Aspekte hin. Zum einen zeigen die steigenden Zahlen, dass mehr Übergriffe gemeldet und als problematisch erkannt werden. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die Sensibilität für solche Vorfälle gestiegen ist und die Konzepte zur Gewaltprävention greifen.

Andererseits stellt sich die Frage, ob die zunehmende Überforderung des Kita-Personals zu den Vorfällen beiträgt. Andriehsen kritisiert, dass immer mehr Kinder von immer weniger Fachkräften betreut werden, was das Risiko von Übergriffen erhöhen könnte. Sie mahnt, dass die aktuelle Kita-Politik in diese Richtung nicht weitergehen dürfe.

Im Dezember 2024 hatte Familienministerin Josefine Paul (Grüne) reagiert und die Vorgaben für das Kita-Personal angepasst, indem sie unter bestimmten Bedingungen den Einsatz von sogenannten „Ergänzungskräften“ ermöglichte, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Mehr gemeldete Fälle – ein Zeichen für erhöhte Sensibilität?

Ministerin Paul betonte in einer Stellungnahme, dass jede Form von Gewalt gegen Kinder inakzeptabel sei. Die gestiegenen Meldungen seien ein Zeichen dafür, dass mehr Fälle erkannt und gemeldet werden, was auf eine erhöhte Sensibilität in der

Gesellschaft hinweist. „Die Zahlen zeigen, dass mehr Fälle ins Hellfeld rücken und nicht mehr unentdeckt bleiben“, so Paul.

In NRW gibt es mehr als 10.000 Kindertagesstätten. Seit einigen Jahren sind diese verpflichtet, besondere Vorfälle über ein Onlineportal zu melden, was zu einer besseren Dokumentation und Sichtbarkeit von Gewalttaten beiträgt.