Wird Ostern zum Konsumfest?

Christiane Jurczik

Immer mehr Kinder wünschen sich zu Ostern von ihren Eltern größere Geschenke und Süßigkeiten – bunte Eier reichen ihnen nicht mehr. Doch Geschenke gibt es eigentlich nur zum Geburtstag und zu Weihnachten. Viele Eltern fühlen sich inzwischen von der Werbung unter Druck gesetzt.

„Der Handel mache in einem Ostermonat über 30 Millionen Euro Mehrumsatz“, sagt Willy Fischel, der Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels (BVS). „Damit ist Ostern nach Weihnachten und Geburtstag der drittwichtigste Geschenkanlass für Kinder.“

Mutiert Ostern zum neuen Fest des Konsums? 206 Millionen Osterhasen werden nach Auskunft des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) jährlich verkauft, ein Teil davon ins Ausland. „Der Hase ist dabei der uneingeschränkte Favorit, noch vor dem Nikolaus mit 196 Millionen“, sagt Sprecherin Solveig Schneider.

Die Werbung nutzt Ostern für Marketingkampagnen. Dabei werden nicht nur Kinderwünsche vorgegaukelt – auch Erwachsene schenken sich zu Ostern vermehrt teure Geschenke wie Parfum, Blumen oder Bücher.

Der Druck etwas zu schenken wird durch die Werbung verstärkt

Viele Eltern fühlen sich unter Druck gesetzt, ihren Kindern etwas Großes zu Ostern zu kaufen: „Meine Kinder argumentieren, dass alle ihre Freunde etwas bekommen. Ich finde es schwierig, mich völlig dagegenzustemmen“, findet die dreifache Mutter Anna Große. „Dem Peergroup-Druck ist man permanent ausgesetzt, und das wird durch die Werbung verstärkt“, sagt der Soziologe Michael Jäckel von der Universität Trier dazu.

Weihnachten wurde früher auch anders gefeiert als heute: „Wir sehen hier eine langsame Abkehr von bislang sehr christlich geprägten Festen.“ Auch habe sich das Bild der Kernfamilie geändert: „Viele Eltern haben heutzutage weniger Zeit, wodurch Familienrituale seltener geworden sind.“ An Festen wie Ostern und Weihnachten werde dann vieles übersteigert, um für den Rest des Jahres zu kompensieren. Das ist auch an den Geschenken zu erkennen.

Schenken ist menschlich

Der Religionspädagoge Michael Wermke von der Universität Jena hat erst einmal nichts gegen Geschenke einzuwenden: „Sich zu beschenken, ist menschlich.“ Auch das Reich Gottes sei schließlich ein Geschenk an die Menschen. Allerdings weist er daraufhin, dass der Beschenkte keinerlei Anspruch auf ein Geschenk habe: „Geschenke kommen unvorbereitet und verfolgen keinen Zweck, außer dem, dem Beschenkten eine Freude zu machen. Durch eine Anspruchshaltung wird dagegen der Charakter des Geschenks zerstört“, erklärt der Theologe. Um einem Konsumrausch zu Ostern entgegenzusteuern, rät er Eltern dazu, mit ihren Kindern darüber zu reden, was es bedeutet, beschenkt zu werden.

Sinnvoll ist es auch mit den Kinder über die christliche Botschaft von Ostern zu sprechen. Gemeinsam Fragen beantworten: „Wie ist das eigentlich mit Ostern? Was feiern wir denn da? Und sich dann zusammen mit den Kindern auf die Suche nach Antworten zu begeben“.

Dazu könne etwa geeignete Kinderliteratur beitragen. „Das Erzählen beziehungsweise Vorlesen der biblischen Geschichte kann helfen, den christlichen Ursprung des Osterfestes wieder in Erinnerung zu rufen“, sagt auch die Kinderbuchautorin Renate Schupp. Schön ist es außerdem, sich als Familie auf das Fest vorzubereiten, etwa durch gemeinsames Basteln oder Dekorieren der Wohnung. Und viele Kirchengemeinden laden am Ostersonntag zu Familiengottesdiensten ein.

Weitere Informationen:

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