Was Ungeborene während der Schwangerschaft alles können
Faszinierende Tatsachen berichtet Dr. Britta Barchet bei Eltern.de
Ab dem 5. Schwangerschaftsmonat trinkt ein Baby Fruchtwasser in kleinen
Schlucken und scheidet es wieder aus. Das trainiert Nieren und Schluckmuskeln.
Praktisch dabei: Das Fruchtwasser erneuert sich alle paar Stunden. Das Baby übt
auch das Saugen und lutscht hingebungsvoll an seinem Daumen, im zweiten Drittel
der Schwangerschaft durchschnittlich 18-mal pro Stunde. Das haben
Wissenschaftler mit Ultraschallkameras entdeckt. Vor lauter Daumennuckeln haben
manche Babys sogar Schwielen an den Händen, wenn sie zur Welt kommen. Erst
umstritten, jetzt nachgewiesen: Ungeborene können bereits Gähnen. Das machen
sie vermutlich nicht, weil sie müde sind, es scheint mit der Entwicklung des
Gehirns zusammenzuhängen. Auch kann ein Baby ab dem 7. Schwangerschaftsmonat
die Augen öffnen. Und es probiert seine Hände und Füße aus. Die Bewegungen
werden immer kräftiger: Was werdende Mütter anfangs als Flattern spüren, sind
gegen Ende der Schwangerschaft ganz ordentliche Tritte. Die kann auch der
werdende Vater von außen bewundern.
Was am Anfangs als zartes Pochen oder Vibrieren spürt, kann gegen Ende
der Schwangerschaft zu einem kleinen Bauch-Beben werden: Das Baby hat
Schluckauf. Weil es sich beim Fruchtwasser trinken verschluckt hat. "Vor
der Geburt hickst der Mensch am meisten", sagt Jens Keßler von der
Uniklinik Heidelberg. Er vermutet, dass dieser Reflex die Atemmuskulatur des
Ungeborenen trainiert. Andere Mediziner nehmen an, der Schluckauf schütze das
Ungeborene davor, dass Flüssigkeit in die Luftröhre gelangen kann. Eines steht
jedenfalls fest: Er ist völlig harmlos. Jedes Ungeborene hat unterschiedlich
viel Schluckauf - also kein Grund zur Beunruhigung.
Das Baby kennt noch kein Tag und Nacht. Ab dem siebten
Schwangerschaftsmonat kann es zwar Hell und Dunkel unterscheiden. Aber wenn Mütter
mit einem dicken Pullover im dunklen Kino sitzen oder im Bikini Sonne tanken,
kommen im Bauchinneren nur ein bis zwei Prozent von diesem Licht an. Deshalb
leben Babys völlig unabhängig von den Zeiten da draußen. Sie befinden sich
zunächst in einer Art Dämmerzustand. Ab der 30. Schwangerschaftswoche kann man
von Schlaf sprechen und ab der 36. Woche von Tiefschlaf. Das haben Forscher
beim Messen der Hirnaktivität von Ungeborenen herausgefunden. Ein Baby ist
etwa alle zwei bis vier Stunden wach und schläft insgesamt 16 bis 20 Stunden am
Tag.
Ist das nicht für jede Schwangere ein schönes Gefühl: Das Baby kann seine
Mutter schon hören. Spätestens ab der 25. Schwangerschaftswoche, denn da ist
sein Gehör ausgereift. Geräusche dringen gedämpft zu ihm vor, durch das
Grundrauschen Ihres Blutes und das Pochen des Herzschlags hindurch. Wenn jetzt
eine Tür zuschlägt, kann es sein, dass das Baby im Bauch zusammenzuckt. Am
deutlichsten hört es aber Mamas Stimme, die ihm immer vertrauter wird. Manfred
Hansmann, Leiter der Uni-Frauenklinik in Bonn, beobachtet seit vielen Jahren,
wie eng die werdende Mutter und das Kind in ihrem Bauch miteinander verbunden
sind. Er sagt: "Ich bitte die Frauen, nach der Ultraschall-Untersuchung
noch ein wenig liegen zu bleiben und laut mit ihrem Kind zu reden. Wenn ich
kurz darauf noch einmal auf den Bildschirm schaue, schwimmen die meisten
Ungeborenen sehr entspannt im Uterus. Die Pulsfrequenz der Babys beruhigt sich,
manchmal kann ich sogar die Entspannung in ihren Gesichtszügen erkennen."
Wissenschaftlich erwiesen ist: Die Aromen von Lieblingsspeisen der
Mütter, mit denen häufig gekocht wird, gelangen in das Fruchtwasser. Das
Fruchtwasser kann man sich als eine Suppe aus verschiedenen Geschmacksnoten
vorstellen, die sich verändern. Und weil das Baby Fruchtwasser trinkt, nimmt es
die Veränderungen wahr und speichert seine Eindrücke. So prägt eine Mutter durch
ihre Ernährung schon vor der Geburt die Vorlieben des Babys. Und deshalb mögen
indische Babys später gerne Scharfes und türkische Knoblauch.
Momente die werdende Eltern genießen sollten. Zum Beispiel, indem der Vater
sein Ohr auf den Bauch legt. Mit etwas Glück kann er den Herzschlag des Babys
hören. Der klingt wie ein schnelles Tuckern. Auch die Stupser und Tritte kann
er deutlich spüren - wenn er im richtigen Augenblick die Hand an der richtigen
Stelle hat. Je größer der Babybauch, desto deutlicher sind die Bewegungen zu
sehen. Manche mögen auch eine sanfte Bauchmassage mit duftendem Pflegeöl. Das
tut nicht nur den Müttern und ihrer Haut gut, manchmal reagieren sogar die Babys
auf die warmen Hände vom Vater. Was für ein erstes kleines Glück!
Einzelne Studien zeigen, dass bestimmte Fähigkeiten eines Kindes bereits
im Mutterbauch angelegt werden. Eindeutig erwiesen aber ist: Dass eine
entspannte Mutter die beste Frühförderung ist. Im Bauch bekommen Babys alles,
was sie brauchen. Die Vorfreude auf ein Kind ist die beste Grundlage.