Vortrag am 10. Mai 2005 in Mainz beim Initiativkreis St. Thomas Morus: Die Sexuelle Unterwanderung der Gesellschaft (Ausz)


Die letzten Monate waren gekennzeichnet durch außergewöhnlich scharfe Angriffe auf die katholische Kirche und auf die Evangelikalen, dem konservativsten Segment innerhalb des Protestantismus, das in vielen Punkten der Moral gleiche Auffassungen vertritt wie die Katholiken, zumindest was die Außenwirkung betrifft.

Einige Beispiele:


Papst Benedikt XVI. wurde massiv angegriffen, weil er auf dem Flug nah Afrika behauptet hat, daß Kondome die AIDS-Seuche in Afrika verschlimmern würden. Der Papst hat nichts anderes über die Verhütungsmittel gesagt, was die katholische Kirche schon seit langem sagt, dennoch kam es zu einer haßerfüllten, gerade hysterischen Medienschelte.

Obwohl Papst Johannes Paul II. immer wieder Stellungnahmen in der Öffentlichkeit gegen die Verhütungsmittel abgegeben hat, wurde er nicht mit diesem Haß angefeindet.

Als der Pfarrer von Windischgarsten in Österreich, Gerhard Maria Wagner, zum Weihbischof ernannt wurde, gab es eine Welle der Empörung, unter anderem, weil er eine zu orthodoxe Sicht zur Homosexualität vertrat.


Im Vorfeld der Berliner Volksabstimmung zum Religionsunterricht (es ging darum, ob Religion wieder als Wahlpflichtfach in den Berliner Schulen eingeführt werden soll) ging es vor allem um die Frage, in welchem Unterricht – Ethik oder Religion – mehr Verständnis und Toleranz für unterschiedliche Sexuelle Identitäten gefördert wird. In diese Richtung wurde die Debatte vor allem vom Homosexuellenverband LSVD - Berlin Brandenburg und von der Landesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen gebracht. Diese Gruppierungen argumentierten, daß nur ein Ethikunterricht wirklich gegen Antisemitismus, Rassismus und vor allem Homophobie vorgehen kann.

Mit ähnlichen Argumenten forderten die Berliner Grünen einen „Nationalen Aktionsplan gegen Homophobie“, durch den Homosexuellenkunde sogar in Kindertagesstätten eingeführt werden sollte um Homophobie an der Wurzel zu bekämpfen. Die Grünen forderten ebenso, daß Religionen als die Wurzel der Homophobie benannt werden sollten.

Homosexuellenverbände samt deren Helfershelfer haben massiv gegen den Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, der vom 20. bis 24. Mai in Marburg stattfinden wird, protestiert, weil dort zwei Referenten auftreten sollen, die Therapien Homosexuellen anbieten, die nicht homosexuell leben möchten. Die Grünen in Hessen betitelten den Kongreß als „Homophoben Kongreß“, der Bürgermeister Marburgs, Egon Vaupel (SPD) hat sich von den Referenten distanziert, weil er "Positionen, die sich gegen homosexuelle Identitäten und Lebensweisen richten, lehne ich ab". Die linke Frankfurter Rundschau sprach von einem „Homoheiler“ Kongreß.

Das sind nur einige Beispiele aus der letzten Zeit von sehr vielen.

Ich könnte lange über die Angriffe von linksradikalen autonomen Chaoten gegen Lebensrechtler in Münster und München berichten.

In diesen und in allen anderen solchen Fällen, die man aus der Presse oder dem Internet kennt, werden wichtige Positionen der katholischen Sexualmoral angegriffen, auch wenn die Träger dieser Positionen nicht immer katholisch waren, sondern beispielsweise evangelikal.

Bemerkenswert ist ebenso, daß die Debatte nicht von der christlichen Seite angestoßen wird, sondern von den Gegnern. Es sind die Gegner des Papstes, die die Medienattacken aufgrund der Aussagen zu Verhütungsmittel losgetreten haben. Es sind die Homosexuellen-Verbände oder die Grünen, wichtige Verbündete der Homosexuellen, die die Debatten um Homosexualität entfachen.

Stellungnahmen aus dem christlichen Lager scheinen willkommene Anlässe zu sein, mal wieder die katholische Sexualmoral angreifen zu können.

Aber worum geht es eigentlich?

In unser modernes Deutschland stehen den Menschen alle Möglichkeiten offen, ihre sexuellen Vorlieben auszuleben. Dank des Internets haben sich diese Möglichkeiten potenziert. Die Homosexuellen werden von vielen Politikern ständig hofiert, die ihnen immer neue Privilegien anbieten. Mittlerweile werden auch die Transsexuellen immer fordernder. Und selbst die Pädophilen werden schon lange nicht mehr so hart in den Richtsprüchen behandelt, wie das noch vor wenigen Jahren der Fall war.

Offensichtlich geht es nicht darum, sich sog. Freiräume zu erkaufen. (Wahre „Freiräume sind es nicht, denn die Sünde führt nicht zur Freiheit, sondern zur Sklaverei).

Nein es geht hier um einen Kampf gegen christliche Positionen in der Welt. Es geht hier darum, inwiefern christliche Ansichten zur Sexualität noch in der Öffentlichkeit existieren dürfen. Es geht darum, inwiefern das Christentum in unserer Gesellschaft prägend sein soll.

Nirgends wird dies deutlicher und radikaler Ausgedrückt wie in der Pro-Reli Debatte in Berlin, von vielen als die gottloseste Stadt in Deutschland bezeichnet. Für Adenauer war sie die gottloseste Stadt auf der ganzen Welt.

Papst Benedikt XVI., hat davor gewarnt, die Christenfeindlichkeit zu schüren und die Christen aufgerufen, sich nicht aus der Öffentlichkeit verdrängen zu lassen. Beim Neujahrsempfang des Diplomatischen Corps am 8. Januar 2009 sagte er: „Ich wünsche auch, daß man in der westlichen Welt keine Vorurteile und keine Feindseligkeit gegen die Christen schürt, nur weil ihre Stimme zu manchen Fragen als störend empfunden wird. Und ich wünsche, daß die Jünger Christi, die mit solchen Prüfungen konfrontiert werden, nicht den Mut verlieren: Das Zeugnis des Evangeliums ist gegenüber dem »Geist der Welt« immer ein »Zeichen des Widerspruchs «! Auch in den schmerzlichen Leiden ist die ständige Gegenwart Christi ein starker Trost. Sein Evangelium ist eine Heilsbotschaft für alle und kann deshalb nicht in die Privatsphäre verbannt werden, sondern muß klar und deutlich verkündet werden bis an die äußersten Enden der Erde.“
Vorläufiger Höhepunkt in der Hetze gegen den Papst und die katholische Kirche war der unerhörte Versuch, den Papst von der Europäischen Union wegen seiner Äußerungen zu Verhütungsmittel zu verurteilen. Das Europäische Parlament hat dies am 7. Mai 2009 versucht, ist aber Gott sei Dank gescheitert (mit 253 zu 199 Stimmen bei 61 Enthaltungen). Der Papst hatte mit seiner Kritik an einer leichtfertigen und sittlich verantwortungs-losen Kondomverteilungspolitik auch ausdrückliche Zustimmung von orthodoxer und evangelikaler Prominenz erhalten, zudem von jüdischen und muslimischen Religionsvertretern, aber auch von wissenschaftlicher Seite aufgrund der längst erwiesenen hohen Unsicherheit der Kondome hinsichtlich der Aidsvorbeugung.
Gleichwohl richtet sich der Entschließungsantrag dieser unheiligen Allianz allein gegen den Papst und damit gegen die christliche Ethik, denn Benedikt XVI. hatte mit seiner Betonung ehelicher Treue und persönlicher Verantwortung nichts anderes als die bewährte Sexualmoral vertreten, wie sie in den Zehn Geboten grundgelegt ist und in der Heiligen Schrift verkündet wird. Zugleich soll mit dieser Attacke gegen Benedikt XVI. und dessen sittlicher Orientierung auch ein vermeintliches Recht auf Abtreibung proklamiert werden

In den oben genannten Beispielen wird deutlich, daß die sog. Sexuelle Revolution der 1960er Jahre immer noch voll im Gange ist und immer noch von den linken Kulturrevolutionären als Instrument, als Vehikel für die Übertragung revolutionärer Ideen in die Gesellschaft ist.

Neu ist allerdings die starke Fokussierung in Kampf gegen das Christentum. Das war in den Anfängen nicht so, zumindest noch nicht so direkt.


Die sog. Sexuelle Revolution, die ihren Anfang in den 60er Jahren hatte, hatte eine Liberalisierung der Sexualität in so gut wie sämtlichen Bereichen zum Ziel. Bis in die 70er Jahre, vielleicht noch bis in die 80er, gab es sogar ernsthafte Bestrebungen, die Pädophilie zumindest teilweise zu entkriminalisieren.

Die Sexuelle Revolution war und ist eines der wichtigsten Projekte der sog. 1968er Revolution. Diese Revolution strebte die Überwindung der „Kapitalistischen-Bürgerlichen Gesellschaftsform“ an und hat sich hierfür verschiedene Mittel, Strategien und Themen bedient. Eines dieser Themen war eben die Sexuelle Revolution, die sehr schnell mehrere Stoßrichtungen entfaltete: Das Streben nach der sog. „Freien Liebe“, also die „Ehen ohne Trauschein“ oder „Wilde Ehen“, die Emanzipation der Frau samt der Entkriminalisierung der Abtreibung bis hin zur Streichung des § 218 StGB, die Homosexuellen-Bewegung, die Pädophilien-Bewegung, die Kommunen usw.

Es ist wichtig hier zu beachten, daß es nicht in erster Linie darum ging, mehr Freiheit zu erreichen um mehr sexuellen Genuß zu haben, sondern es ging um eine Umgestaltung der bürgerlichen Gesellschaft. Für die 68er ist die Sexuelle Revolution ein Instrument, eine Waffe der gesellschaftlichen Revolution.

Um zu zeigen, wie bewußt sich die 68er Denker und ihre Vorgänger über die Notwendigkeit einer Sexuellen Revolution bewußt waren, werde ich einige Zitate vorlesen.

Zunächst zitiere ich aus dem Buch „Eros and Civilization“, deutsch „Triebstruktur und Gesellschaft“ von Herbert Marcuse. Dieser Mann ist der wichtigste Kopf der 68er Revolution und sein Buch Triebstruktur ist eine Philosophischer Essay über die Sexuelle Revolution als Waffe zur Überwindung der bürgerlichen hin zu einer sozialistischen Gesellschaft:

„Diese Veränderung im Wert und im Ausmaß der libidinösen Beziehungen würde zu einer Auflösung der Institutionen führen, in denen die privaten zwischenmenschlichen Beziehungen organisiert waren, besonders der monogamen und patriarchalen Familie“ (S. 199)

Die 68er waren aber nicht die ersten, die solche Ideen entwickelt haben. Sie haben diese von den Kommunisten übernommen und anhand der Psychoanalyse vervollständigt. Besonderen Einfluß übte Wilhelm Reich aus, der die Notwendigkeit der sexuellen Revolution, insbesondere bei den Jugendlichen, für die Instandsetzung einer Kommunistischen Gesellschaft predigte. Einige Zitate aus seinem Buch "Die sexuelle Revolution": "Es ist also völlig klar: Sexuelle Freiheit der Jugend bedeutet den Untergang der Ehe (im Sinne der Zwangsehe), sexuelle Unterdrückung der Jugend soll sie ehefähig machen. Darauf reduziert sich letzten Endes die vielgenannte Formel von der "kulturellen" Bedeutung der Ehe und der jugendlichen "Sittlichkeit". Einzig aus diesen Gründen läßt sich die Frage der Ehe nicht ohne die der jugendlichen Sexualität und umgekehrt diskutieren" (S. 113); und später: "Die Neuordnung des geschlechtlichen Lebens muß mit der Umerziehung des Kindes anfangen" (S. 262).

Und zuletzt noch einige Zitate vom entscheidenden Kopf in der Gestaltung der deutschen Schulsexualaufklärung Anfang der 1970er Jahre, Helmut Kentler.

Kentler erläutert, daß die Sexualerziehung revolutionär sein muß: „In meinem Verständnis kann es nicht Aufgabe der Pädagogik sein, überkommene Normen und bestehende Institutionen schlicht zu sichern und die Menschen ihnen zu unterwerfen. Erziehung soll vielmehr die Menschen befähigen, die Normen und Institutionen so zu verändern, daß ihnen eine Emanzipation von erfahrenen Zwängen möglich ist“ (S. 36).

Wenn für Kentler die Sexualerziehung ein Instrument für eine gesellschaftliche Revolution ist, so muß sie demzufolge auch politischen Charakter haben und dadurch Eingang in die Schulpolitik finden: „Emanzipatorische Sexualerziehung setzt den politisch bewußten, für die emanzipatorischen Interessen der Heranwachsenden politisch engagierten Sexualerzieher voraus. Nur er ist in der Lage, die gesellschaftlichen Anforderungen, die den Heranwachsenden konkret in Wertungen, Normen, Institutionen begegnen, so zu interpretieren, daß deutlich wird, welche kulturell-zivilisatorischen Errungenschaften mit ihnen gesichert, welche Herrschaftsinteressen mit ihnen durchgesetzt werden sollen“ (S. 41).

Genauso wie bei Marcuse oder Wilhelm Reich, ist für Kentler die traditionelle Ehe nur eine unter vielen „Sexualformen“. Die christliche Moral, die Kentler für repressiv hält, diene dem Zweck, willkürliche Lebensformen zu legitimieren und aufrechtzuerhalten. Die moderne Sexualerziehung müsse demzufolge die Monopolstellung der Ehe zerstören: „Repressive Sexualerziehung versteht sich als eine sexualpropädeutische und sexualethische Veranstaltung mit dem Ziel, die Eheinstitution und damit die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse zu sichern und alle Gefährdungen abzuhalten, die Heranwachsende dazu bringen könnten, die Ehe nicht mehr als die einzige Institution legitimer sexueller Beziehungen anzuerkennen“ (S. 48).

Der Sexuellen Revolution, bzw. den Antreibern dieser, geht es also nicht bloß darum, mehr Freiheit zu erlangen und moralische Prinzipien abzuwerfen. Nein, sie wollen eine andere Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der die christlichen Werte und Prinzipien keine Rolle mehr spielen.

Die Ideologen der Sexuellen Revolution, Reich, Marcuse, Kentler usw. greifen die Grundlagen der „Bürgerlich-Kapitalistischen Gesellschaft“ an. Doch sie meinen eigentlich das, was in diesen Gesellschaften noch an Christliches existiert. Weil sie sich als Fortsetzung des marxistischen Klassenkampfes verstanden, richtete sich ihr Haß gegen das Bürgertum und das, was sie als „bürgerliche Moral“ ansahen. Doch es ging ihnen um mehr. Sie wollten zu den Wurzeln dieser Zivilisation gelangen. Sie wollten die Elemente zerstören, die noch als christlich bezeichnet werden können.

Eine der Säulen der christlichen Gesellschaft ist die Familie. Eine andere sind die Moral, die christlichen Werte, ein christlich beeinflußtes Leben. Beides wird direkt von der Sexuellen Revolution angegriffen.

Wenn man in den oben zitierten Texten Begriffe wie bürgerlich oder kapitalistisch durch christlich ersetzen würde, würde sich am Inhalt so gut wie nichts ändern. Diese Schriften wurden allerdings in einer Zeit verfaßt, in der die Präsenz des Christentums in den westlichen Gesellschaften schon dermaßen gering war, daß man sie nicht mehr als christlich bezeichnen konnte. Insofern ist es nicht falsch, wenn sie den Kapitalismus und das Bürgertum angreifen und nicht das Christentum direkt.

Die Krise der Familie ist also nicht aus heiterem Himmel gekommen, sondern ist vor allem Folge einer moralischen Krise, die in erheblichem Maße von der sog. 1968er Revolution gefördert wurde. Eines der wichtigsten Projekte der 68er war die sog. Sexuelle Revolution.

Einige konkrete Beispiele aus Deutschland

Der 5te Familienbericht der deutschen Bundesregierung aus dem Jahr 2000 zeigt zahlenmäßig den Verfall der Familie seit dem Ausbruch der sexuellen Revolution:
• Geburtenziffern. 1960: 2.37, 1965: 2,51, 1970: 2.02, 1975: 1,45, 1980: 1,45, 1985: 1,25.
• Ledigen-Quote: 1970: 16,5, 1985: 24,5.
• Scheidungen. Von 100 Ehen wurden geschieden 1965: 12.2, 1970: 15,9, 1985: 30,2, 1981: 30,1.
• Nichteheliche Kinder in Prozent. 1970: 5,5, 1980: 7,6, 1990: 10,5.
• Bei wem wohnen die Kinder in Prozenten. Mit geschiedener Mutter 1972: 2,4. 1981: 3,7, 1991: 4,6. Mit lediger Mutter 1972: 0,7, 1981: 0,9, 1991: 2,4.

Einige neuere Zahlen veranschaulichen noch besser diese Situation:
* 1998 erreichte mit 2 Millionen die Zahl nichtehelicher Gemeinschaften einen neuen Höchststand - 42 % mehr als 1991.
* Die Scheidungsrate (Ehe geteilt durch Scheidungen): 1960: 8,1 %; 1965: 12%; 1970: 17,2%; 1980: 26,6 %; 2000: 46,4%; 2003: 55,9%.

Die Sexuelle Revolution hatte ihre Anfänge in den 1960er Jahren - wenn man von sehr ähnlichen Strömungen in den 1920er jetzt man absieht – und war seitdem so gut wie immer erfolgreicher, vielleicht mit Ausnahme der Pädophilie-Bewegung, die sich in den 1970er Jahren gebildet hat und später auf enormen Widerstand stieß – ich komme später darauf zurück.

Es gab viele Faktoren, die den Siegesmarsch der Sexuellen Revolution begünstigt haben. Ich nenne nur einige.

Die Einführung der Pille und anderer Verhütungsmittel haben in der Mentalität vieler Menschen eine scheinbare Trennung von Geschlechtsakt und Zeugung bewirkt. Man redet von „Familienplanung“, als ob das (fast) gar nichts mit Geschlechtsverkehr zu tun hätte.

In Deutschland und Österreich konnte die Reaktion gegen die Pille nicht armseliger sein. Die Königsteiner, bzw. die Maria Troster Erklärung vermitteln den Eindruck, daß die Pille gar nicht so schlimm sei.

Nach der Einführung der Pille war die Auseinandersetzung um den Paragraphen 218 StGB der wichtigste Kampf der Sexuellen Revolution. Die Forderung der Entkriminalisierung war die Hauptforderung der feministischen Bewegung. Die Autonomie der Frau über die eigene Schwangerschaft, eine Forderung die in jüngster Zeit auf Simone der Beauvoir zurückgeht, aber noch ältere Vorläufer hatte, wurde als die notwendige Bedingung für die Emanzipation der Frau angesehen.


Nun möchte ich auf einen Punkt eingehen, der immer wichtiger wird und der in Zukunft noch für viele Schlagzeilen sorgen wird.

Eines der letzten Schlagwörter der Sexuellen Revolution ist die sog. Sexuelle Emanzipation des Kindes. Diese sog. Emanzipation stand von Anfang an auf der Agenda der 1968er.


Das Thema „Sexuelle Emanzipation des Kindes“ begann sich ab Mitte der 80er Jahren abzuschwächen und noch stärker nach den Pädophilie-Fällen in Belgien im Jahr 1997. Doch zwischen Mitte der 80er und Ende der 90er Jahre sind noch einige Bücher erschienen, die eine weniger ideologische Sprache sprechen als die der 70er Jahre, die noch sehr stark geprägt war von der marxistischen Rhetorik der Studentenrevolte, aber im Grunde genommen dasselbe sagt: 1. Das Kind hat von Anfang an eine Sexualität, 2. diese soll es möglichst frei ausüben, also keine moralische Erziehung durch die Eltern, 3. insbesondere keine Vermittlung der christlichen Sexualmoral.

Eines dieser Bücher ist „Lieben, kuscheln, Schmusen“ von den Autoren Lothar Kleinschmidt, Beate Martin und Andreas Seibel, das von „Pro Familia“ in Nordrhein-Westfalen herausgegeben wurde.

Es ist wichtig, zu wissen, daß „Pro-Familia“ eine der Institutionen ist, die sich am stärksten für die Abtreibung einsetzen und ebenso für eine völlig permissive Sicht der Sexualität.

Für die Autoren des Pro-Familia Buches gilt genauso wie für den oben zitierten Kentler, daß man die Kinder im Vorschulalter so gut wie überhaupt nicht im eigentlichen Sinne erziehen soll. Vor allem soll man den Kindern keine moralischen Normen vermitteln. Über Masturbation schreiben die Autoren: „Kinder, die es nicht tun, verpassen eine Menge. ... Da Onanieren nicht krank macht, sollten wir auch „häufiges“ Onanieren als Teil der Privatsphäre des Kindes achten und akzeptieren.“ Hier erklären die Autoren, daß die Eltern mit ihrem Kind reden sollten, wenn es für sie zu weit geht, zum Beispiel, wenn das Kind die Handlungen in der Öffentlichkeit vernimmt. Dann soll man ihm erklären, daß „alles eben seinen Platz hat. Wichtig ist nur, daß es irgendwo dann auch seinen Platz hat. Das kann z.B. die Kuschelecke im Kindergarten oder das eigene Bett zu Hause sein.“

Aber das reicht den Autoren des „Pro-Familia-Buches“ immer noch nicht. Die Kinder sollen ungehemmt miteinander versuchen, Geschlechtsverkehr zu haben, bis hin zum Versuch einer Penetration: „Eine noch heiklere und für viele Erwachsene ausgesprochen unangenehme Situation ist gegeben, wenn Kinder im Kindergartenalter Geschlechtsverkehr spielen. Die Reaktionen der ErziehrInnen und Eltern unterscheiden sich selten. Wenn ein Junge und ein Mädchen versuchen, das Glied in die Scheide einzuführen, wird das auf der Stelle unterbunden, unabhängig davon, ob die Kinder dabei Spaß haben oder nicht.“

Dann beginnen die Autoren, lange zu erläutern, daß man auf solche Ereignisse nicht schockiert reagieren, sondern versuchen soll, sich in die Perspektive der Kinder hineinzuversetzen. Sie erklären, daß die Kinder möglicherweise ihren Eltern zugeschaut haben und möchten das nachmachen. Deshalb ihre Meinung: „Die Kinder leben hier weniger genitale Sexualität aus, vielmehr spielen sie die für sie wichtigen und bekannten Erwachsenen nach, probieren aus, wie es wäre, wenn man so alt und groß ist wie Vater und Mutter.

Das ist natürlich haarsträubend. Die Autoren tun im Grunde genommen hier nichts anderes, als das Prinzip anzuwenden, daß Kinder keine Erziehung, vor allem keine moralische Erziehung, brauchen. Ich habe noch nie von Kindern gehört, die solche Handlungen vornehmen. Täten sie es dennoch, würden sie nach einer Ermahnung ihr Fehlverhalten sofort einsehen, da sie intuitiv spüren, daß ihre Tat nicht in Ordnung war. In Kindern, vor allem im Vorschulalter, ist das Gewissen noch sehr fein und klagt sofort an, wenn etwas Schlechtes getan wurde. Wenn man Kinder auf eine böse Tat aufmerksam macht, können sie oft gar nicht vertuschen, daß sie sich schämen. Die Autoren dieses Buches gehen aber davon aus, daß die Kinder dieses, in den Augen der Autoren falsche moralische Empfinden, von der Gesellschaft durch die Eltern aufgezwungen bekommen. Es ist dann nur folgerichtig, daß sie den Eltern empfehlen, so wenig Einfluß auf die Entwicklung der Kinder zu nehmen, wie nur möglich.

In den Methoden zur Indoktrination geht das „Pro-Familia-Buch“ sehr weit, denn es empfiehlt eine Reihe von Spielen und Übungen für Kinder, damit sie ihre „Sexualität entfalten“. Dazu gehört auch Körperkontakt durch Massage u.ä., was ich hier nicht näher schildern möchte.

Das Buch von „Pro-Familia NRW“ ist wegen der Empfehlungen von Spielen und Übungen vielleicht das, besonders radikal. Andere bleiben eher theoretisch und geben den Eltern relativ allgemeine Empfehlungen, wie man mit der „kindlichen Sexualität“ umgehen muß. Aber dennoch schreiben fast alle in ermüdender Eintönigkeit dasselbe: 1. Das Kind hat von Anfang an eine Sexualität, 2. diese soll er möglichst frei ausüben, also keine moralische Erziehung durch die Eltern, 3. insbesondere keine Vermittlung der christlichen Sexualmoral.

Die Literatur unterscheidet sich also nur in den Methoden oder in den Schilderungen der sexuellen Handlungen. Und das ist auch nicht erstaunlich, denn, wenn man sich von der strengen Auslegung der katholischen Sexualmoral entfernt, wird man früher oder später eine immer liberalere Auffassung von Sexualität annehmen müssen.

Dasselbe geschieht in der Praxis der Schulsexualerziehung, also in der Erziehung durch die Lehrer. Entweder sie erziehen die Kinder entsprechend der katholischen Lehre oder nach der liberalen These.

Die katholische Lehre geht davon aus, daß die menschliche Sexualität eines der Bereiche ist, der am stärksten von der Erbsünde geschwächt worden ist. Und dementsprechend streng muß auch die Erziehung sein. Wenn man aber die liberale These annimmt, daß sich die Sexualität gar nicht in einem ungeordneten Zustand befindet, weil es die Erbsünde gar nicht gibt, wird man kaum eine Grenze ziehen können und immer mehr akzeptieren, denn man hat keinen Maßstab mehr, Gut von Böse zu unterscheiden.

Das ist zum Beispiel, was sich hinsichtlich der Pädophilie abzeichnet. Diese ist zwar noch verboten und wird bestraft. Allerdings ist die Tendenz, milde damit umzugehen, wenn dem Kind kein Schaden zugefügt wurde und das Kind auch eine gewisse „Initiative“ entwickelt hat. Auch das ist eine Folge der Idee, die Kinder „emanzipieren“ und sie nicht nach höheren Prinzipien erziehen zu wollen.

Um eine umfassende und neuere Darstellung der christlichen Sexualmoral hinsichtlich der Kinder bieten zu können, empfehle ich das Dokument aus dem Jahr 1996 „Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung“ des Päpstlichen Rates für die Familie.

Zum Schluß möchte ich noch einige Wörter zu einer neuen Schöpfung der Sexuellen Revolution sagen und zwar zum Gender Mainstreaming. Dieses Wortgebilde stammt aus dem Englischen und bezieht sich auf die kulturellen Aspekte des Geschlechts im Gegensatz zu den biologischen. So wäre es durchaus denkbar, daß Männer Röcke tragen, was aber nur Frauen tun. Röcke werden aufgrund der Kultur von Frauen und nicht von Männern getragen und nicht aus biologischen Gründen. Dasselbe gilt für Haarschnitte, Umgangsformen usw.

Gender Mainstreaming strebt an, diese kulturellen Unterschiede zu identifizieren und auszutilgen, denn sie sind sozusagen willkürliche kulturelle Unterschiede, die zu Diskriminierung und Herabsetzung führen. Diese Unterschiede betonen die Polarität der Geschlechter, also Mann und Frau, fördern ein duales Weltbild, das aus Schwarzmalerei besteht und helfen letztendlich so, die Gesellschaft nach fundamentalistischen, faschistischen und despotischen Maßstäben aufzubauen.

Gender Mainstreaming kann vielleicht besser verstehen, wenn man die Entstehung bedenkt.

In 1980er Jahren nahm die innere Kritik im Feminismus ständig zu. Personen wie Judith Butler bemerkten, daß der Feminismus, indem es voll und ganz auf Klassenkampf zwischen den Geschlechtern setzt, im Grunde genommen die Unterschiede noch betont. Die Feministinnen strebten dermaßen hartnäckig, gleich wie die Männer zu sein, daß sie implizit die Superiorität der Männlichkeit zugaben.

Ziel sollte stattdessen sein, nicht wie die Männer zu werden, sondern die Unterschiede zu verwischen oder besser noch zu verwirren. So entstand die sogenannte Queer Theory.

Auch diese behauptete, daß die Unterschiede willkürlich und kulturell bedingt seien, doch dies ließe sich nicht durch Klassenkampf ändern, sondern durch gezielte Provokation der kulturell etablierten Unterschiede. Zum Beispiel indem sich Männer halb wie Frauen und halb wie Männer leiden. Oder sie kleiden sich wie Männer, schminken sich wie Frauen. Usw. In den Homosexuellenparaden wird dieses Prinzip angewandt.

Die „seriösere“ Variante der Queer Theory ist im Grunde genommen das Gender Mainstreaming. Dieses setzt vielmehr auf die Identifikation der kulturellen Unterschiede und schließlich um die Dekonstruktion dieser. Dies soll am besten schon im Kindergarten losgehen, denn, so die Theoretiker dieser Denkschule, schon sehr früh bilden sich die geschlechtstypischen „Klischees“.

Es gibt schon Kindergärten, die die Kinder ganz in dieser Gender Mainstreaming Mentalität erziehen. So müssen Buben mit Puppen spielen und sich die Fingernägel lackieren, während die Mädels Häuser bauen.

Eine Radikalisierung dieser Ideologie findet dann statt, wenn nicht nur die Unterschiede zwischen Mann und Frau verwischt werden sollen, sondern auch zwischen sog. heterosexuellen und homosexuellen Menschen.

Auch hier wird jede Betonung der eigenen Geschlechtlichkeit kritisiert, da sie als ein diskriminierendes Verhalten bezeichnet wird.

Wie auch die Homo-Ehe, fand die Verbreitung der Gender-Mainstreaming-Lehre ihren Anfang in der Europäischen Union. Rein theoretisch ist jedes Mitgliedsland verpflichtet, Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter einzuführen. Meistens wird diese Politik von den Familienministerien in die Tat umgesetzt.