Vatikan kritisiert Medizin-Nobelpreis für Robert Edwards
Felizitas Küble, Leiterin des kath. KOMM-MIT-Jugendverlags in MünsterKatholische Kirche gegen „künstliche Befruchtung“ und Embryonenvernichtung
Der Präsident der vatikanischen „Akademie für das Leben“, Prälat Carrasco de Paula, äußerte sich am 4.10.2010 entschieden gegen die Vergabe des diesjährigen Medizin-Nobelpreises an den 85-jährigen Robert Edwards: „Ich halte die Wahl von Edwards für vollkommen deplaziert.“ – Die Gründe für seine Kritik an dieser Vergabe der bedeutendsten Medizin-Auszeichnung seien „zahlreich“, erklärte der Vatikanvertreter.
„Das von Edwards erfundene Verfahren der künstlichen Befruchtung produziert Embryonen, die zum Großteil zum Sterben verurteilt sind“, erläuterte Monsignore Carrasco. Der Erfinder der Reagenzglas-Befruchtung sei nicht nur verantwortlich für die Vermarktung von Eizellen; auf sein auf sein Konto gingen auch zahlreiche Embryonen, die im besten Fall darauf warteten, in eine Gebärmutter verpflanzt zu werden, aber mit größerer Wahrscheinlichkeit dazu verurteilt seien, zu sterben.
Außerdem wies Prälat Carrasco darauf hin: „Edwards hat das Problem der Unfruchtbarkeit nicht gelöst, sondern übergangen.“ – Er habe nicht die Unfruchtbarkeit als solche beseitigt, sondern statt dessen einen sittlich verwerflichen Umweg eingeführt. Der Embryo (Fachbezeichnung für ein menschliches Wesen ab der Befruchtung) ist die kleinste Erscheinungsform des Menschen.
Der Vatikan hatte die von Edwards entwickelte sog. In-Vitro-Fertilisation (IVF) – also die künstliche Befruchtung – bereits 1987 eindeutig abgelehnt. Die damals von Kardinal Joseph Ratzinger (heute Papst Benedikt XVI.) geführte Glaubenskongregation verwarf die Befruchtung außerhalb des Mutterleibs, weil dadurch die natürliche Liebesvereinigung von Mann und Frau umgangen werde. Die katholische Kirche lehrt, daß Sexualität, eheliche Liebe und Fruchtbarkeit zusammengehören. Zudem führe dies Verfahren zur Zerstörung von Embryonen, was in keinem Fall zulässig sei.
Am 8. Dezember 2008, dem Fest der “Erwählung Mariens“ (es erinnert an die ohne Erbsünde empfangene Jungfrau Maria) veröffentlichte die Glaubenskongegration die Instruktion „Dignitas personae“, auf deutsch „Die Würde der Person“. Dieses Grundsatzwerk zu bioethischen Fragen entstand in Zusammenarbeit mit der "Päpstlichen Akademie für das Leben". Ihre besondere Autorität gewinnt sie aus der Approbation durch Papst Benedikt XVI.
„Dignitas personae“ bekräftigt die Positionen der kath. Kirche und orientiert sich zugleich an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Instruktion lehnt gewisse Entwicklungen der „Reproduktionsmedizin“ eindeutig ab, vor allem die in Großbritannien propagierte Herstellung von Mensch-Tier-Mischwesen sowie die embryonale Stammzellforschung.
Das vatikanische Lehrschreiben wendet sich vor allem gegen die künstliche Befruchtung, zumal hier die Produktion überzähliger Embryonen und deren Vernichtung in Kauf genommen wird.
Unterdessen äußerte sich auch die „Aktion Leben“, eine bekannte katholische Lebensrechts-Initiative in Deutschland, in einer Pressemeldung vom 5.10. 2010 zu diesem Thema:
„Mit der Begründung, seine Erfolge hätten die Behandlung der Unfruchtbarkeit möglich gemacht, wurde der Engländer Robert Edwards mit dem diesjährigen Nobelpreis für Medizin geehrt.
Abgesehen davon, daß schon diese Begründung wissenschaftlich unhaltbar ist, denn das tatsächliche Problem der Unfruchtbarkeit wurde gerade nicht gelöst, wirft die Verleihung dieses hoch angesehenen Preises an Edwards viele Fragen auf, die letztlich die Preisverleihung zu einer peinlichen Angelegenheit machen.
Was ist z.B. mit den vielen künstlich erzeugten Menschen, die im Rahmen der Forschungsarbeiten von Edwards zu Tode kamen, bevor es zu der ersten Lebendgeburt der Louise Brown kam? Das sind Experimente am lebenden Menschen, die schon immer und weltweit moralisch geächtet wurden.“
Außerdem weist die „Aktion Leben“ mit Sitz in Absteinach (Odenwald) darauf hin:
„Die künstliche Befruchtung (IVF) ist die Grundlage aller nachfolgenden unmoralischen Handlungen wie Selektion im Reagenzglas (PID), selektive Abtreibung bei Mehrlings-Schwangerschaften nach IVF, Forschung an embryonalen Stammzellen bis hin zur Kreation von Designerbabys. Insofern kann man die künstliche Befruchtung als den “Sündenfall der Reproduktions-medizin” betrachten.“
Die Aktion Leben e.V. gibt außerdem zu bedenken, „daß es kein unabdingbares Recht auf ein Kind gibt. Kinder sind ein Geschenk, das der liebevollen Vereinigung der Eheleute hinzugegeben wird.“ – Die Lebensrechts-Initiative erinnert sodann an die vatikanische Instruktion “Donum vitae”, in der es heißt:
“Jedes menschliche Wesen muß um seiner selbst willen geachtet werden und darf nicht auf den bloßen und einfachen Wert eines Mittels zum Vorteil anderer herabgewürdigt werden.”