Überlebende berichtet auf einer Tagung in Münster über Satanismus in einer Sekte
Es ist unvorstellbar, was Nickis durchgemacht hat. Die 51-Jährige versteckt sich hinter dem Pseudonym, um nicht gefunden zu werden. Denn sie ist Aussteigerin einer satanistischen Sekte. Am 19. März 2013 berichtete sie rund 260 Teilnehmern der Tagung „Rituelle Gewalt in satanistischen Sekten“ im Franz-Hitze-Haus in Münster von ihren Erlebnissen.
Den Namen der Sekte will Nickis nicht nennen. „Ich habe keine Angst, aber man weiß nie“, sagt die 51-Jährige. Sie wurde in die Sekte hineingeboren.
„Das Leben in einer Sekte bedeutet, dass man trainiert wird. Es gibt ganz viel Gewalt, man wird gefoltert, vergewaltigt“, sagt Nickis. Sie ist sachlich, beinahe emotionslos. Als es um Einzelheiten geht, fällt ihr das Sprechen schwer, aber sie will darüber reden. Seit sie 2001 mit ihrer Geschichte im Film „Höllenleben“ die Öffentlichkeit gegangen ist, wird sie von der Sekte in Ruhe gelassen.
Die Frau spricht von sich immer in der Mehrzahl. Denn Nickis ist eine multiple Persönlichkeit. „Man wird so lange gefoltert, bis man es nicht mehr aushält. Dann entsteht entweder eine neue Persönlichkeit, die es aushält, oder man stirbt.“ Bis zu 70 Persönlichkeiten lebten in der rothaarigen Frau. Heute sind es sieben.
Ihre Umwelt bekam von ihrem Leben in der Sekte nichts mit, sagt Nickis. Sie habe einen normalen Schulalltag gehabt, mit Freunden und sozialen Kontakten.
Den Ausstieg schaffte sie Mitte der 1990er Jahre. „Eine der Innenpersonen ist zur Therapie gegangen, wegen Eheproblemen“, sagt Nickis. Welche ihrer Persönlichkeiten es war, wisse sie bis heute nicht. „Unsere Therapeutin hat uns viele schöne Dinge vom Leben gezeigt. Und wir wollten leben. Einige der Innenpersonen lebten nur für den Kult“, sagt Nickis. Durch die Therapie habe sie es geschafft, dass viele der Persönlichkeiten in anderen aufgegangen seien.
Heute kämpft Nickis gegen satanistische Sekten. Denn: „Das Gefährlichste an diesen Organisationen ist, dass die überall sitzen.“
Gewalt in Sekten stand gestern im Vordergrund der Tagung im Franz-Hitze-Haus in Münster. „Das ist ein Thema, das sehr viele Anreize bietet. Es ist ganz wichtig, das Schweigen zu brechen und sich sachlich damit auseinanderzusetzen“, sagte Dr. Klaus Hampel vom Hitze-Haus. Er freute sich über die große Zahl der Teilnehmer, die aus dem ganzen Bundesgebiet angereist waren. Vertreten waren vor allem Ärzte, Psychologen und Religionslehrer, sagte Hampel: „Menschen, die mit dieser Thematik zu tun haben.“
Quelle: Münsterländische Volkszeitung (Claudia Feld)