Steigende Zahlen zu digitalem Mobbing

Christiane Jurczik

Einer aktuellen Studie über Cybermobbing vom 11.08.19 zufolge nehmen jetzt Forscher auch sozial Benachteiligte in den Blick. Besorgniserregend wie Berliner Schüler im Vergleich abschneiden.

An der Freien Universität wurde eine neue Studie zu dem Thema vorgestellt. Das Projekt „Blurred Lives“ konzentriert sich auf Teenager, die sozioökonomisch benachteiligt sind, deren Eltern also einen geringen Bildungsgrad und ein niedriges Einkommen haben. Das macht das Projekt besonders – normalerweise werden in ähnlichen Studien bevorzugt Gymnasiasten befragt. An „Blurred Lives“ nahmen Jugendliche aus Deutschland, Nordirland, England, Italien und den Niederlanden teil, insgesamt 2687. Aus Berlin waren 414 Jugendliche der neunten und zehnten Klassen dabei. Herbert Scheithauer, Professor für Entwicklungspsychologie an der FU, leitete das Projekt.

Wie stehen die Berliner Jugendlichen im Vergleich da? 97 Prozent von ihnen besitzen ein Smartphone – und sie verbringen viel Zeit im Internet. 76 Prozent geben an, drei bis fünf Stunden täglich online zu sein. Die beliebtesten Apps bei den Jugendlichen sind YouTube, WhatsApp und Instagram, Facebook und Twitter werden hingegen kaum genutzt.

Im europäischen Vergleich gaben in Berlin erstaunlich viele Jugendliche an, bereits „unangenehme Erfahrungen“ im Internet gemacht zu haben, nämlich 37 Prozent. In den Niederlanden waren es nur elf Prozent, der europäische Schnitt liegt bei 25 Prozent. Auch die Frage, ob sie schon einmal selbst einer Person im Internet „Schaden zugefügt“ haben beantworten 22 Prozent mit „Ja“. Im Schnitt sind es elf Prozent, in den Niederlanden sogar nur zwei.

„Die Gemobbten wissen nichts über die Mobber“, sagt ein Schüler. Neben der Anonymität sei auch die zeitliche Unbegrenztheit ein Problem. „Wenn jemand in der Schule gemobbt wird und dann zuhause online geht, geht das weiter“, sagt einer der Schüler. „Mobber fühlen sich im Internet stark“, meint ein anderer. In der Schule könne man zur Schulsozialarbeit gehen, online gäbe es diese Option nicht. Um Cybermobbing entgegenzuwirken könnte auch die Beschränkung der Internetzeit durch die Eltern sinnvoll sein.

Die Schulsozialarbeiterin Sophie Stephan, die mit den Jugendlichen am Projekt zusammengearbeitet hat, sieht Cybermobbing als immer größeres Problem. Schüler würden etwa aus Klassenchats rausgeschmissen oder erleben online sexualisierte Gewalt. „Wir versuchen den Jugendlichen zu vermitteln, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist“, sagt Stephan.

Cybermobbing nimmt auch an Grundschulen zu

„Hänseleien und Streit in der Schule gab’s auch schon vor 50 Jahren“, sagt der Koordinator für schulische Prävention des schulpsychologischen Beratungs- und Unterstützungszentrums der Senatsbildungsverwaltung in Reinickendorf, Reimer Siemsen. "Doch was wir heute haben, dass Cyber-Mobbing ein wachsendes Problem ist. Auch Eltern und Lehrer werden bloßgestellt. Cyber-Mobbing hat keine Orte, keine Zeit, es kann immer und überall passieren. Man kann sich nicht rausziehen, es gibt keine Schutzräume.“ Und längst habe das Phänomen auch die Grundschulen erreicht.

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