SED-Barbarei: Sprengung der Leipziger Paulinerkirche vor 40 Jahren

Die Sprengung der geschichtsträchtigen Paulinerkirche war ein Zeichen von Brutalität und Kulturbarbarismus, die man selbst Menschen wie Walther Ulbricht nicht zugemutet hat. Entsprechend groß war das Entsetzen auf der ganzen Welt, als am 30. Mai 1968 der Sprengstoff gezündet wurde. Davor und danach hat es zahlreiche Demonstrationen gegeben. Etliche der Demonstranten mußten nach Westdeutschland flüchten oder wurden zu Zuchthausstrafen verurteilt.

Walter Ulbricht wollte kurz nach dem Prager Frühling ein Zeichen setzen, wie weit man bereit sei, gegen bürgerliche Attitüden vorzugehen. Die Paulinerkirche wurde nicht nur für den Gottesdienst genutzt (sie hatte sich in den Vorjahren zu einem Zentrum der DDR-Kritiker entwickelt) Ulbricht wörtlich: „Das Ding kommt weg!“

Von den zahlreichen Bauten am Augustusplatz (während der DDR Karl-Marx-Platz benannt) hatte sie nahezu als einzige den Krieg unbeschädigt überstanden, weil Brandsätze von Bürgern gelöscht wurden.



Nach Protest durfte vor der Sperrung noch der katholische Gottesdienst in der Kirche stattfinden. Die nächsten Tage waren von Hektik geprägt. Nicht einmal eine Woche blieb für eine Dokumentation und die Bergung von wertvollen Gegenständen. Unter großem Zeitdruck wurden Epitaphe ausgebaut, ebenso die Kanzel, die Orgel, ein Leibniz-Denkmal. Einige Gebeine wurden noch auf den Südfriedhof gebracht. Das allermeiste aber - einschließlich unzähliger Gebeine – wurde Opfer der Zerstörung.

Die Stasi wollte jegliche Dokumentation der Sprengung verhindern. Es galt striktes Fotografierverbot. Umso erstaunlicher, dass jetzt immer neue Fotos auftauchen, die Leipziger heimlich von der Sprengung gemacht haben.

40 Jahre später gilt die Sprengung des Bauwerks, an die heute mit einem Gedenkkonzert erinnert wird, als Tiefpunkt in der Stadtgeschichte. Der Stadtrat dürfte demnächst eine Distanzierung vom Beschluß der Stadtverordneten beschließen.

Wenige Tage nach der Paulinerkirche wurde auch das noch relativ intakte Augusteum gesprengt. Es wurde tabula rasa gemacht für jenen sozialistischen Zweckbau, der über 30 Jahre lang das Bild der "Karl-Marx-Universität" am Karl-Marx-Platz prägte.