Schweiz: Sexueller Missbrauch von Kindern ist «alarmierend» hoch/Studie der Universität, des Kinderspitals und des Unispitals Zürich
(Schweizer Radio und Fernsehen) Eine E-Mail mit sexuellem Inhalt, ein obszönes SMS: Die Belästigungen
über die neuen Medien nehmen zu. Eine Studie der Uni Zürich zeigt, wie
sehr Kinder und Jugendliche unter diesen Misshandlungen leiden. Die
Zahlen sind erschreckend hoch.
Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist in der Schweiz
«alarmierend» weit verbreitet. Dies berichten Mediziner der Universität,
des Kinderspitals und des Unispitals Zürich aufgrund einer neuen
Studie.
Für die Studie wurden über 6000 Schweizer Schülerinnen und Schülern
der 9. Klasse befragt. Zwei von fünf Mädchen (rund 40 Prozent) und einer
von sechs Knaben (rund 17 Prozent) waren schon einmal Opfer irgendeiner
Form von sexueller Belästigung oder Missbrauch, wie die Forscher im
«Journal of Adolescent Health» schreiben.
Am häufigsten findet
sexuelle Belästigung heute via Internet statt. So nannten denn auch
beide Geschlechter die sexuelle Belästigung via Internet am häufigsten –
fast jedes dritte Mädchen und jeder zehnte Knabe hat diese zumindest
einmal erlebt. Es folgte die verbale sexuelle Belästigung, worunter auch
jene via E-Mail oder SMS fällt.
Zahl schwerer Missbräuche unverändert
Gegen den eigenen Willen geküsst oder berührt wurden beinahe 12
Prozent der befragten Mädchen und 4 Prozent der Jungen. 2,5 Prozent der
Mädchen haben bereits einen sexuellen Missbrauch mit Penetration
(vaginal, oral, anal oder anderes) erlebt, bei den Jungen waren es 0,6
Prozent. Schwerere Formen von Missbräuchen hätten im Vergleich zu einer
Studie von vor zehn Jahren nicht zu-, aber auch nicht abgenommen.
Deutlich häufiger als früher sei sexueller Missbrauch ohne
Körperkontakt, was laut den Forschern vermutlich auf Belästigungen via
Internet, E-Mail oder SMS zurückzuführen ist. Diese Art von sexuellem
Missbrauch sei damals nicht erhoben worden.
Die Studie zeige, dass neue Jugendrisiken wie «Sexting» und «Grooming» nach Prävention und Aufklärung verlangten, erklärte die Stiftung Pro Juventute in einer Stellungnahme. Pro Juventute führt derzeit eine Kampagne zum Thema «Sexting» durch und bietet Betroffenen Hilfe über die Notrufnummer 147.
Die Studie zeige, dass neue Jugendrisiken wie «Sexting» und «Grooming» nach Prävention und Aufklärung verlangten, erklärte die Stiftung Pro Juventute in einer Stellungnahme. Pro Juventute führt derzeit eine Kampagne zum Thema «Sexting» durch und bietet Betroffenen Hilfe über die Notrufnummer 147.
Nicht alle reden darüber
Was die Forschenden bei der Studie überraschte: Die Mehrheit der
Opfer wird von jugendlichen Tätern missbraucht, die sie bereits kennen.
Von Tätern unter 18 Jahren berichtete mehr als die Hälfte der weiblichen
und mehr als 70 Prozent der männlichen Betroffenen.
«Unsere
Resultate unterscheiden sich auch deutlich von offiziellen
Polizeiberichten, wonach Täter am häufigsten erwachsene, männliche
Verwandte sind», erklärte der Studienleiter.
Die Betroffenen
verschweigen die Missbräuche häufig. Tatsächlich vertraute sich nur die
Hälfte der weiblichen und gar nur ein Drittel der männlichen Opfer
jemandem an – bei schweren sexuellen Missbräuchen sogar noch weniger.