Schulen und Schüler in der Krise

Christiane Jurczik

Nach der Krise ist vor der Krise – denn die Schulschließungen wegen Corona haben bei vielen Schülern zu Lernverlusten geführt. Zwei Gruppen haben besonders darunter zu leiden. Über die Folgen des Distanzunterrichts haben sich aktuell Frankfurter Psychologen informiert. Sie haben Studien ausgewertet, die sich mit den Schulschließungen im Frühjahr 2020 befassten. Mit bedenklichen Ergebnissen:

Der Distanzunterricht bei dem Schüler in der Grundschule acht Wochen am Stück zu Hause lernen mussten, entspricht der durchschnittliche Lernverlust exakt diesem Zeitraum. Wörtlich sagte das Team zu den Lernfortschritten im Homeschooling, dass diese deutlich geringer ausfielen als im Präsenzunterricht. „Der durchschnittliche Effekt sei eine Stagnation mit Tendenz zu Kompetenzeinbußen“ gewesen, die in etwa dem Effekt der Sommerferien entspreche.

Bildungsschere weiter geöffnet

Besonders groß waren die Rückschritte bei jüngeren Kindern und Schülern aus sozial benachteiligten Elternhäusern. „Hiermit sind die bisherigen Vermutungen durch empirische Evidenz belegt: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten coronabedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet.“ Bei den Kindern aus bildungsschwachen Familien liegt der Lernverlust sogar bei 55 Prozent. Diese Ergebnisse stammen aus einer Studie von Bildungsforschern an der Universität Oxford, von diesen der Tagesspiegel am 21.04.2021 berichtet.

Grundschüler trifft es besonders hart

Im Vergleich zu den üblichen Lernprozessen in einem Schuljahr haben 7- bis 11-Jährige in den Kernfächern Mathematik, Rechtschreibung und Leseverständnis drei Prozentpunkte verloren.

Lehrer und Eltern sind gleichermaßen besorgt über den Leistungsabfall der Kinder während der Pandemie. Das hat auch langfristige Folgen wie zum Beispiel der Übertritt von der 4. In die 5. Klasse. In Brandenburg, Sachse, Thüringen und Bayern können Kinder nur unter bestimmten Voraussetzungen in die entsprechenden Schulen aufgenommen werden. Die Gymnasien in Berlin geben einen Notendurchschnitt vor, der Voraussetzung für die Aufnahme ist. Die begehrten Schulen verlangen nicht selten die Note 1,2 oder 1,4. Kinder die wegen der Pandemie schlechter mitkamen haben jetzt auch schlechtere Chancen, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 21.06.2021.

Fachleute vermuten zudem, dass in den Sommerferien die Schüler, die schon während der „Corona-Ferien“ den Lernstoff nicht bearbeitet haben, diesen auch nicht in den Ferien bearbeiten. Die gravierenden Folgen sind kaum aufzuholen und es muss mit einer hohen Zahl an Nicht-Versetzungen gerechnet werden. Eltern- und Lehrerverbände halten die Abschlusszeugnisse des laufenden Schuljahres für wenig aussagekräftig und befürchten einen langfristigen Lernrückgang.