Scharfe Kritik geht von Missbrauchsbeauftragten an Cohn-Bendit

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, vermisst bei Cohn-Bendit eine reflektierte Auseinandersetzung mit den pädophilen Äußerungen sowie mangelnde Distanzierung vom pädokriminellen früheren Leiter der Odenwaldschule.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat Daniel Cohn-Bendit scharf angegriffen. Er vermisse bei dem 68-jährigen Grünen-Politiker eine reflektierte Auseinandersetzung zu dessen pädophilen Äußerungen in den 70er- und 80er- Jahren, sagte Rörig dem Münchner Magazin Focus.

Der Bundesvorstand der Grünen hatte Anfang Mai beschlossen, den Einfluss der Befürworter von Pädophilie auf die Partei in deren Anfangsjahren wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Dies müsse „umfassend und systematisch“ geschehen, erklärte Rörig. Alle Akten und Archive müssten frei zugänglich gemacht und die Ergebnisse vollständig veröffentlicht werden.

Spitzenkandidat Jürgen Trittin hatte unlängst Fehlbeschlüsse der Grünen zu dem Thema eingeräumt. So habe ein NRW-Landesparteitag noch 1985 für die Straffreiheit von Sex mit Kindern plädiert. Bis etwa zu dieser Zeit gab es bei den Grünen auch eine Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule, Päderasten und Transsexuelle.

Cohn-Bendits bisherige Erklärungen wertete Rörig als Bagatellisierung. Es sei ein Problem, dass der Politiker seine damaligen Äußerungen nur als Provokationen verstanden wissen wolle. Vor dem Hintergrund des aktuellen Kenntnisstandes zu den Folgen von Kindesmissbrauch sei dies unangemessen und für viele Betroffene äußerst verletzend. Cohn-Bendit habe der damaligen Pädophilen-Szene viel Futter und Rechtfertigungsgründe gegeben. Es wäre angemessen, das zu benennen und zu bedauern, so Rörig.

Als „wirklich enttäuschend“ bezeichnete der Missbrauchsbeauftragte, dass Cohn-Bendit nicht auf die große Zahl der Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule eingehe, deren Schüler er in den 50er- und 60er- Jahren war. „Für die vielen Betroffenen wäre es sicher ein wichtiges Signal, wenn er sich von dem ehemaligen und inzwischen verstorbenen Schulleiter und Pädokriminellen Gerold Becker distanzieren und Solidarität gegenüber den missbrauchten Schülern und Schülerinnen bekunden würde“.

Noch im April 2013 hatte Cohn-Bendit trotz seiner öffentlich bekannt gewesenen Äußerungen den Theodor-Heuss-Preis überreicht bekommen. Nachdem der Preisträger feststand, hatte der vorgesehene Festredner, Andreas Voßkuhle (Präsident des Bundesverfassungsgerichts), öffentlich seine Bereitschaft zurückgezogen, die Laudatio zu halten. Doch dies - sowie heftige Kritik im Vorfeld der Preisverleihung - hielt den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschman (Bündnis 90/Die Grünen) nicht davon ab, seinerseits eine Laudatio zu halten.

Cohn-Bendit hatte in den 70er- und 80er- Jahren fragwürdige Texte veröffentlicht. So schrieb er 1975 in dem Buch „Der große Basar“ über seine Zeit als Erzieher in einem antiautoritären Frankfurter Kinderladen u.a. wörtlich folgendes: „Mein ständiger Flirt mit allen Kindern nahm bald erotische Züge an. Ich konnte richtig fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzumachen. Es ist kaum zu glauben. Meist war ich ziemlich entwaffnet“. „Es ist mir mehrmals passiert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen haben, mich zu streicheln. Ich habe je nach den Umständen unterschiedlich reagiert, aber ihr Wunsch stellte mich vor Probleme. Ich habe sie gefragt: ‚Warum spielt ihr nicht untereinander, warum habt ihr mich ausgewählt und nicht andere Kinder? „Aber wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestreichelt“.

Mit Material von kath.net