Sachkunde statt Ideologie – Christa Meves mahnt Kristina Köhler
Michael Ragg (Domspatz Agentur)
Die neue Bundesfamilienministerin Kristina Köhler soll sich nicht von Ideologen vereinnahmen lassen, sondern sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen über Kindesentwicklung vertraut machen. Dazu rät die bekannte Jugend-Psychotherapeutin und Bestseller-Autorin Christa Meves in einem Interview mit Michael Ragg. So gehöre es zu den Erkenntnissen der neueren Hirn- und Hormonforschung, dass ein Mensch nur dann in vollem Umfang bindungs- und bildungsfähig werde, wenn er in seiner ersten Lebenszeit in engem persönlichen Kontakt zu seinen nahen Angehörigen, vor allem zur Mutter, stehe.
Der von Kristina Köhler zur Priorität erklärten Ausbau der Fremdbetreuung von Kindern gehört nach Ansicht von Christa Meves nicht zu den zentralen Sorgen der Familien. Vielmehr hätten die meisten Eltern großes Interesse daran, ihre Kinder vorrangig selbst zu erziehen. Dazu bräuchten sie die Unterstützung des Staates. Diese solle in der Regel durch finanzielle Hilfe erfolgen und nicht lediglich durch Ausgabe von Gutscheinen. Das grundsätzliche Misstrauen, Familien würden ein Betreuungsgeld für sich statt für die Kinder verwenden, sei nicht berechtigt, betonte Christa Meves, deren Erziehungsratgeber zwei Generationen christlicher Eltern zum Leitfaden geworden sind. Für die geringe Zahl erziehungsunfähiger Eltern habe der Sozialstaat immer Lösungen gefunden.
Für ganz unrealistisch hält die mit dem Deutschen Schulbuchpreis ausgezeichnete Psychagogin Köhlers Vorsatz, sie wolle die erste Frau sein, „die Ehe, Kinder und Karriere unter einen Hut bringt, ohne dass irgendein Teil darunter leidet". Das sei "ein vierzigjähriger Wunschtraum der Feministinnen". Das Ergebnis der vielen Langzeitbemühungen sei aber "erschreckend negativ". "Ein Boom seelischer Erkrankungen schon bei Kindern im Vorschulalter" sei die Folge. Auch für die moderne Frau müsse der Vorsatz lauten: "alles zu seiner Zeit".
Christa Meves rät Kristina Köhler davon ab, sich an ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen zu orientieren. Beim derzeitigen Hauptproblem der Familienpolitik, dem Geburtenschwund, sei deren Politik wirkungslos geblieben.