Priester aus Münster „voll rehabilitiert“ - Zwei anonyme Falschanzeigen führten zum sofortigen Amtsverzicht
Felizitas Küble, Leiterin des KOMM-MIT-Jugendverlags und des Christoferuswerks in MünsterAm 15. März 2010 stand in fetten Lettern in der „Münsterschen Zeitung: „Missbrauch: Pfarrer tritt zurück.“ - Schon der Titel war irreführend, erweckte er doch den Eindruck, als sei der „Mißbrauch“ durch den Geistlichen eine erwiesene Tatsache.
In Wirklichkeit bestand lediglich ein unbewiesener Verdacht durch zwei – noch dazu anonyme - Anzeigen, die bei der Bochumer Staatsanwaltschaft eingegangen waren. Darin wurde dem Priester vorgeworfen, sich während seiner früheren Tätigkeit in Recklinghausen an Jugendlichen vergriffen zu haben.
Der 69-jährige „Vicarius Cooperator“ (Hilfsgeistliche, Pfarrvikar) Klaus Evers erklärte daraufhin sogleich seinen vorübergehenden Amtsverzicht bis zur Klärung der Vorwürfe und verließ die Gemeinde. Die staatsanwaltlichen Ermittlungen nahmen ihren Lauf, ebenso die Untersuchungen der bistumseigenen Kommission zur Aufklärung von Mißbrauchsfällen.
Trauer, Überraschung und Betroffenheit in der Münsteraner Pfarrgemeinde St. Benedikt waren groß, denn der Geistliche, der seit 2004 in Münster (Westfalen) wirkte, wurde von den Gläubigen offenbar sehr geschätzt.
Petra Pohlmann vom Pfarrgemeinderat erklärte damals, als die Wogen hochgingen, gegenüber der „Münsterschen Zeitung“: „Klaus Evers ist bei allen - von den ganz jungen bis zu den ganz alten Menschen - sehr beliebt.“ – Die engagierte Katholikin fügte hinzu: „Er ist jemand, der Warmherzigkeit ausstrahlt und dem viele mit dem Herzen sehr verbunden sind.“
Daran wird sich gewiß kaum etwas ändern, zumal der Priester jetzt sowohl von kirchlicher wie von weltlicher Seite voll rehabilitiert ist. Die anonymen Anzeigen erwiesen sich als völlig unbegründet, die Staatsanwaltschaft stellte daher ihre Ermittlungen ein.
Die „Westfälischen Nachrichten“ vom 28. Juni 2010 berichten unter dem Titel „Bischof rehabilitiert Pfarrer aus Münster - keine Beweise für Mißbrauchsvorwürfe“ über die jüngsten Vorgänge:
Bischof Felix Genn erklärte in einem Brief an die Pfarrgemeinde St. Benedikt, daß sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch die diözesane Untersuchungs-Kommission „keinerlei Anhaltspunkte“ für sexuellen Mißbrauch gegenüber Minderjährigen feststellen konnten. Auch nach über drei Monaten habe sich kein Mißbrauchsopfer bei der Justiz oder kirchlichen Stellen gemeldet.
Das bischöfliche Schreiben wurde am vergangenen Wochenende in den Gottesdiensten der Pfarrei verlesen und auch in der Bistums-Webseite veröffentlicht. Der Bischof hat die Beurlaubung des zu Unrecht beschuldigten Pfarrers nunmehr aufgehoben. Der Geistliche tritt nun quasi in allen Ehren und voll rehabilitiert in den Ruhestand, den er mit seinen 69 Jahren ohnehin ins Auge gefaßt hatte.
Merkwürdig erscheinen allerdings öffentliche Auslassungen von Gudrun Schramm-Arnzten. Die „Chef-Ermittlerin“ der kirchlichen Kommission hatte sich während der Untersuchungsphase kritisch über Pfarrer Klaus Evers geäußert, wie die „Recklinghauser Zeitung“ vom 22. März 2010 berichtete. Die im kirchlichen Dienst tätige Ermittlerin hatte beanstandet, daß der Seelsorger „keine Namen von Opfern“ genannt habe; daher sei seine Stellungnahme „mehr als unbefriedigend“.
Wie er dies allerdings hätte tun sollen, da es – wie nun erwiesen ist - keine Opfer gab und gibt, dürfte wohl ihr Geheimnis bleiben. Seitens der Staatsanwaltschaft hatte man sich hingegen korrekt und zurückhaltend geäußert und jede Vorverurteilung des Priesters vermieden.