Pornosucht: Die Patienten werden immer jünger

<p>(DVCK e.V. - Aktion Kinder in Gefahr) Rund um die Uhr verfügbar, in unbegrenzter Menge vorhanden - und meist sogar kostenlos: Pornographie ist zu einer neuen Droge geworden. Und die Zahl der Abhängigen steigt. Suchtmediziner warnen seit Jahren vor Pornokonsum - die Droge aus dem Netz ist mit Heroin zu vergleichen. Immer mehr und immer jünger werden die Konsumenten schnell zu Süchtigen. Die Corona Krise mit Isolation und Home Office verstärkt dieses Problem.</p> <p>Der Pornokonsum in der Bevölkerung steigt seit Jahren an. Suchtmediziner und Psychiater schlagen zunehmend Alarm, denn das Phänomen zieht sich zwar durch alle Altersklassen, doch junge Menschen sind besonders stark betroffen und können psychische Schäden davontragen. Betroffen sind demnach vor allem junge Männer – ihr Anteil liegt bei 75 Prozent. In Zeiten von Corona mit Homeoffice und wenig Freizeitmöglichkeiten entwickelt sich die Sucht nach Pornos immer mehr zum gesellschaftlichen Problem.</p> <p>Als relativ neue Droge verbreitet sich die Pornographie durch das Internet und produziert offenbar Millionen Abhängige. Experten sprechen von "Pornosucht": "youporn"; "hotmegaporn" oder "porndig" - in praktisch unbegrenzten Mengen, anonym, kostenlos und "in voller HD-Qualität", wie die Anbieter versichern, liefert das Web den Süchtigen den Stoff.</p> <p>Etwa ein Viertel aller Suchanfragen im Internet drehen sich um Pornografie. Das sind etwa 68 Millionen Anfragen pro Tag.1,36 Millionen Stunden Videomaterial wurden im letzten Jahr allein auf der Pornoseite Pornhub hochgeladen. Würde man nur diese Filme schauen, die 2019 neu auf Pornhub gestellt wurden, würde das rund 169 Jahre dauern.</p> 12,6 Millionen Euro Umsatz wird pro Tag mit Internet-Pornografie gemacht.Kinder sind im Durchschnitt elf Jahre alt, wenn sie das erste Mal einen Porno sehen. <p>Der Psychiater und Suchtmediziner Kornelius Roth-Schaeff, der sich seit vier Jahrzehnten mit dem Phänomen Sexsucht befasst berichtet, dass in den letzten 20 Jahren seine Patienten immer jünger werden. Sie sind zwischen 25 und 30 Jahren und wurden oft schon vor der Pubertät im Internet mit Pornografie konfrontiert.</p> <p>Coronakrise verschärft die Entwicklung</p> <p>Vor allem junge Männer, die viel zu früh und viel zu ausufernd mit solchen Bildern konfrontiert wurden, sitzen heute bei ihr in der Praxis. 20-Jährige, die Sexualität in der analogen Welt kaum noch leben können, Orgasmusstörungen haben oder Viagra brauchen. "Die Pornoindustrie arbeitet mit der Pharmaindustrie Hand in Hand", sagt Melzer.</p> <p>Fachleute berichten: Früher war ein Nacktfoto aufregend genug, aber keine Überforderung. Meine Patienten waren um die 50 Jahre alt, und sagten mir, "ich dachte immer, meine Frau wäre an meinem Dilemma schuld, jetzt merke ich, dass ich ein eigenes Problem habe". Heute kommen schon die jungen Leute mit Anfang 20. Für sie ist Pornographie überall verfügbar, und sie greifen zu. Es ist wie beim Alkohol: Wenn es weniger davon gibt, gibt es weniger Alkoholiker. Wenn es mehr davon gibt ... Ehen werden dadurch zerstört, Beziehungen gehen auseinander – es ist ein gesellschaftliches Problem!</p> <p>Schon ohne soziale Isolation und die Konzentration auf das Digitale in der Coronakrise habe es "grauenhafte Auswüchse" der Internetpornografie gegeben, sagte der Präsident des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie, Peter Stippl. "Ganze Existenzen werden so gefährdet", warnte er. "Es ist notwendig, dass man darauf gesellschaftlich und politisch reagiert."</p>