Pornographie erhöht Gewaltbereitschaft

Mathias von Gersdorff

Nach den massenhaften sexuellen Übergriffen in Köln in der Silvesternacht sind sehr viele Analysen erschienen, die alle möglichen Ursachen dieser entsetzlichen Enthemmung beschrieben haben. Doch auf den Einfluss von Pornographie auf die Bereitschaft von Männern, Gewalt bei Frauen anzuwenden, ist kaum hingewiesen worden.

Dabei ist dieser Zusammenhang schon seit längerem bekannt. In seinem Buch „Ausverkaufte Würde“ aus dem Jahr 2000 hat Professor Thomas Schirrmacher auf mehrere Studien zum Thema „Pornographie und Gewalt“ hingewiesen.

Schirrmacher resümiert: „Wird Menschen, die bereits aggressiv sind, pornographisches Material gezeigt, steigert sich ihre Aggressivität in der Regel. Sex und Gewalt in einem >normalen< Kinofilm steigert die Bereitschaft und den Wunsch, Gewalt gegen Frauen anzuwenden, und zwar mit oder ohne sexuelle Handlungen.“

Wenn Pornographie zudem noch ein gewisses Maß an Gewalt enthält, ist die enthemmende Wirkung noch viel höher.

Im Jahr 1986 hat das US-amerikanische Gesundheitsministerium eine Untersuchung durch 30 führende Ärzte und Hochschullehrer in Auftrag geben, die die Wirkung von Pornographie untersuchen sollten. Schirrmacher: „Alle Mitglieder stimmten in einem Punkt überein: In kontrollierten Untersuchungen unter Laborbedingungen, die natürlich nur kurzfristige Effekte erfassen können, lässt sich eindeutig zeigen, dass das Anschauen von Gewaltpornographie zu gesteigertem gewaltbereitem und aggressivem Verhalten gegenüber Frauen führt.“

Die Untersuchung des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums ist aus dem Jahr 1986. Inzwischen ist die Produktion von Gewaltpornographie enorm angestiegen. Aber nicht nur das: Wie Gail Dines in ihrem Buch „Pornland: Wie die Pornoindustrie uns unserer Sexualität beraubt“ (nicht unbedingt eine Lektüreempfehlung, da die Schilderungen zum Teil extrem krude sind) zeigt, haben sich die Genres, in denen Frauen gedemütigt, entwürdigt und misshandelt werden, vervielfacht. Ein wichtiges Segment der modernen Pornographie soll offenbar den Zuschauer in einen Gewaltrausch versetzen.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen diesen empirischen Befund. So schreibt Professorin Mary Anne Layden von der Abteilung Psychiatrie der Universität von Pennsylvania in einer Untersuchung über „Pornographie und Gewalt“, dass Pornographie so was wie ein Lehrer sei, was die Verhaltensweisen, Haltungen und Neigungen betreffe - und zwar bei Männern, Frauen, Kindern, Verheirateten und Ledigen. Es betrifft ebenso pathologische und illegale Verhaltensweisen. Pornographie wirke geradezu wie eine Droge, die den Konsumenten in einen Rausch versetze. Mit allen negativen Folgen inklusive.

Literatur:

Christa Meves, Thomas Schirrmacher: Ausverkaufte Würde. Der Pornographie-Boom und seine psychischen Folgen. Holzgerlingen 2000

Mary Anne Layden: Pornography and Violence: A New Look at Research. Abrufbar unter http://www.socialcostsofpornography.com/Layden_Pornography_and_Violence.pdf