Pisa Sonderauswertung: Schlechte Lesekompetenz durch digitale Medien

(Aktion Kinder in Gefahr - DVCK e.V.) Weniger als die Hälfte der 15-Jährigen in Deutschland ist in der Lage, in Texten Fakten von Meinungen zu unterscheiden. Gut die Hälfte der Schülerinnen und Schüler gibt an, im Unterricht nicht zu lernen, subjektive oder voreingenommene Texte zu erkennen. Insgesamt schneiden 15-Jährige in Deutschland bei der Lesekompetenz aber leicht über dem OECD-Mittel ab, wobei die Leseleistungen in der letzten Dekade praktisch unverändert blieben.

Die Freude am Lesen in Deutschland hat in den vergangenen Jahren so stark abgenommen wie in kaum einem anderen Land. Das bedeutet konkret: erhöht sich die wöchentliche Nutzungsdauer digitaler Geräte für schulische Zwecke um eine Stunde, ist mit einer Verringerung der Schülerleistungen in der Lesekompetenz um 27 Punkte zu rechnen. Im OECD-Durchschnitt sind es nur sieben Punkte weniger.

In Rahmen von PISA 2018 hatten Schüler die Aufgabe, Passagen in einem Text als Fakten oder als Meinungen zu identifizieren. Weniger als die Hälfte der und Schüler war dazu in der Lage. Besonders gut schnitten bei diesen Aufgaben Schüler in den USA, im Vereinigten Königreich, in der Türkei und in den Niederlanden ab.

Die Frage, ob sie im Unterricht jemals gelernt hätten, wie man feststellt, ob Informationen subjektiv oder voreingenommen sind, bejahten 49 Prozent der 15-Jährigen in Deutschland. In den USA, Australien, Dänemark oder Kanada waren es über 70 Prozent.

Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung "Haus der kleinen Forscher" und Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, kommentieren die Sonderauswertung. "In unserer zunehmend digitalisierten Welt ist es wichtiger denn je, dass Kinder schon früh lernen, Fakten und Fehlinformationen zu unterscheiden", sagt Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender der Stiftung "Haus der kleinen Forscher". "Die Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlich-technischen Fragestellungen hilft ihnen dabei: Kinder, die entdecken und forschen, formulieren Fragen und erschließen sich dadurch Zusammenhänge. Auf der Suche nach validen Antworten entwickeln Kinder eine kritische Haltung und die Fähigkeit, Quellen und Perspektiven selbstständig zu beurteilen. Was Deutschland dringend braucht sind gute Bildungsangebote in den Grundschulen, die MINT- und Lesekompetenzen kombiniert fördern - sowohl als Unterstützung für Lehrkräfte als auch für Schüler."

"Lesen ist die Grundlage von digitaler Bildung. Nur wenn Kinder lesen können, sind sie in der Lage, das gesamte Medienspektrum selbstbestimmt zu nutzen und gezielt im Alltag einzusetzen. Daher ist es essentiell, das Vorlesen und Lesen in den Familien, Kitas und Grundschulen mit passenden Angeboten zu stärken: medial verschränkt, fächerübergreifend und altersgerecht aufbereitet. Nur so können wir garantieren, dass alle Kinder in Deutschland die gleichen Chancen auf eine umfassende Digitalbildung haben“, erklärt Dr. Maas ergänzend.

Bildungsforscher fragen sich schon seit längerem, warum eine häufige Nutzung digitaler Medien in der Schule für schulbezogene Zwecke negativ mit den Informations- und Kommunikations-Kompetenzen (IKT) der Schüler beim Lesen korreliert. „Die Nutzung digitaler Medien an sich wirkt nicht lernfördernd“, heißt es in der Sonderauswertung deutlich. Nur wenn Lehrer digitale Medien und Geräte gezielt und auf sinnvolle Art und Weise für Lernprozesse nutzten, könne dies zur Verbesserung der Leistungen beitragen.