Papstreise nach Israel: Benedikt XVI. preist die Heiligkeit der Familie
Aus der Predigt des Papstes bei der hl. Messe in Nazareth am 14. Mai 2009:Hier kommen wir noch mehr dazu, am Beispiel Marias, Josefs und Jesu die Heiligkeit der Familie zu würdigen, die im Plan Gottes auf der im heiligen Bund der Ehe geschlossenen Beziehung zwischen Mann und Frau basiert, die sich ein Leben lang die Treue halten und das von Gott geschenkte neue Leben annehmen.
Wie notwendig ist es doch, dass sich die Männer und Frauen unserer Zeit wieder diese grundlegende Wahrheit zu eigen machen, die das Fundament der Gesellschaft bildet; wie wichtig ist doch das Zeugnis von Ehepaaren für die Bildung gesunder Gewissen und den Aufbau einer Kultur der Liebe!
In der ersten Lesung des heutigen Tages aus dem Buch Jesus Sirach (3, 3-7.14-17) wird uns die Familie durch das Wort Gottes als erste Schule der Weisheit gezeigt; eine Schule, die ihre Mitglieder in der Übung jener Tugenden unterrichtet, die zu wahrem Glück und dauerhafter Erfüllung führen. Im Plan Gottes für die Familie trägt die Liebe zwischen dem Ehemann und der Ehefrau Frucht in neuem Leben; eine Liebe, die Tag für Tag in dem liebevollen Bemühen der Eltern zum Ausdruck kommt, ihren Kindern eine umfassende menschliche und spirituelle Bildung zu geben. In der Familie wird jede Person, das kleinste Kind ebenso wie das älteste Familienmitglied, um seiner selbst willen geschätzt, und nicht als Mittel betrachtet, das irgendeinem anderen Zweck dient.
Hier können wir bereits die ersten Anzeichen der wesentlichen Rolle erkennen, die der Familie als Grundstein einer wohlgeordneten und aufnahmebereiten Gesellschaft zukommt. Und wir lernen nun auch – innerhalb eines weiteren Rahmens der Gesellschaft – die Pflicht des Staates schätzen, die Familien in ihrer erzieherischen Sendung zu unterstützen, die Institution Familie und deren Rechte zu schützen, und zu gewährleisten, dass alle Familien unter würdigen Bedingungen leben und gedeihen können.
Der Apostel Paulus spricht in seinem Brief an die Kolosser unwillkürlich von der Familie, als er die Tugenden veranschaulichen will, die „den einen Leib“ bilden, der die Kirche ist. Als „von Gott geliebte, auserwählte Heilige“ sind wir gerufen, in Frieden und Harmonie miteinander zu leben, uns gegenseitig zu ertragen und einander zu vergeben, vor allem aber einander zu lieben, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht (vgl. Kol 3,12–14).
Ebenso wie die Liebe im Bund der Ehe durch die Gnade erhöht wird, um an der Liebe Christi und der Kirche Anteil zu haben und deren Ausdruck zu werden (vgl. Eph 5,32), so ist auch die Familie, die auf diese Liebe gründet, gerufen, „Hauskirche“ zu sein, ein Ort des Glaubens, des Gebets und der liebevollen Sorge um das wahre und dauerhafte Wohl jedes ihrer Glieder.
Während wir hier, in dieser Stadt der Verkündigung, über all das nachdenken, gehen unsere Gedanken ganz selbstverständlich zu Maria, die „voll der Gnade“ ist, zur Mutter der Heiligen Familie und unserer Mutter. Nazareth gemahnt uns an unsere Pflicht, die besondere Rolle der Frau und die ihr von Gott gegebene Würde anzuerkennen und zu respektieren, ebenso wie ihre besonderen Charismen und Talente. Ganz gleich, ob sie nun als Mütter in Familien leben, als wichtiger Part im Arbeitsleben und in den gesellschaftlichen Einrichtungen oder in einer besonderen Berufung unserem Herrn durch die evangelischen Räte der Keuschheit, Armut und des Gehorsams folgen: die Frauen spielen stets eine unersetzliche Rolle dabei, jene „Humanökologie“ (vgl. Centesimus annus, 39) zu schaffen, derer unsere Welt und dieses Land so dringend bedürfen: ein Umfeld, in dem Kinder lernen zu lieben und für andere Sorge zu tragen, zu allen ehrlich und respektvoll zu sein, sich in der Tugend der Barmherzigkeit und Vergebung zu üben.
Wir denken hier auch an den heiligen Josef, den gerechten Mann, den Gott zum Haupt seines Hauses machen wollte. Das starke, väterliche Vorbild Josefs hat Jesus die Tugenden einer mannhaften Frömmigkeit, der Treue zum Wort, der Integrität und der harten Arbeit gelehrt. Der Zimmermann aus Nazareth hat ihm gezeigt, dass eine in den Dienst der Liebe gestellte Autorität unendlich fruchtbringender ist als eine Macht, die zu beherrschen sucht.
Wie sehr bedarf unsere Welt doch des Vorbilds, der Führung und der stillen Stärke von Männern wie Josef!
Beim Betrachten der Heiligen Familie von Nazaret wenden wir uns schließlich dem Kind Jesus zu, dessen Weisheit und Verstand im Heim Marias und Josefs zunahmen, bis zu dem Tag, an dem sein öffentliches Wirken begann. An dieser Stelle möchte ich den hier versammelten jungen Menschen gerne einen kleinen Denkanstoß geben. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt uns, dass die Kinder bei der Heiligung ihrer Eltern eine besondere Rolle spielen (vgl. Gaudium et spes, 48).
Ich bitte euch eindringlich, darüber nachzudenken und euch vom Vorbild Jesu leiten zu lassen, also euren Eltern nicht nur Respekt zu zollen, sondern ihnen auch zu helfen, jene Liebe in ihrer ganzen Fülle zu erkennen, die unserem Leben erst seinen tiefsten Sinn gibt. In der Heiligen Familie von Nazareth war es Jesus, von dem Maria und Josef von der Größe Gottes, seines himmlischen Vaters, erfahren haben, jener letzten Quelle aller Liebe, dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf der Erde benannt wird (vgl. Eph 3,14-15).