Netzwerke von Single-Freunden können nicht Familie ersetzen
Die Sonntagsausgabe vom 7. Oktober 2012 der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ widmet der Frage, ob Netzwerke von Freunden
wirklich verlässlich sind, einen umfangreichen Artikel. Ergebnis: Eigentlich
kann man sich auf Freundeskreise nicht wirklich verlassen. Nur die Familie ist
eigentlich bereit, in jeder Situation zu helfen.
In Deutschland leben inzwischen 16 Millionen
Menschen allein. Die meisten von ihnen bemühen sich, einen großen Freundeskreis
aufzubauen, der für allerhand praktische Dinge zu Hilfe gerufen werden kann.
Sind diese Freundeskreise belastbar? Die FAZ
schreibt: „Stefan Hradil, emeritierter
Soziologieprofessor an der Uni Mainz, hat eine verblüffend klare Antwort:
„Diese Netzwerke halten nicht. Da hilft nur die Familie.“ Das sei die
einhellige Meinung sämtlicher Soziologen. „Wer erkrankt, dem holen Freunde oder
Nachbarn drei Tage lang Medikamente aus der Apotheke, dann gucken sie 14 Tage,
wie es den Kranken geht, dann setzt es meistens aus.“
Hradil,
der „wahrlich kein Anhänger eines altmodischen Familienbildes“ ist, kann über
die Gründe dafür nur spekulieren, aussagekräftige Studien dazu gibt es nämlich
nicht. Nur so viel sei klar: „Junge Alleinstehende leben mit der Illusion, sie
hätten ja viele Bekannte. Der Gedanke an Krankheiten nervt und wird verdrängt.“
Die meisten jungen Singles wählten ihre Freunde aufgrund von Sympathie oder
gegenseitigem Nutzen, Gesundheit werde als selbstverständlich angesehen und
stillschweigend vorausgesetzt.
Im Notfall kann man sich nur auf die Familie
verlassen: „Nur Eltern und Geschwister hätten die Ausdauer und Nerven, ihren
Angehörigen über Monate oder gar Jahre hinweg unter die Arme zu greifen und sie
zu pflegen. Dass der Hilferuf von Kindern oder Geschwistern ungehört bleibt,
glaubt der Soziologe nicht, selbst wenn die Familie sich vorher verkracht haben
sollte,“, so die FAZ.
Die moderne Arbeitsweise führt dazu, dass immer mehr
Menschen in mittlerem Alter unter psychischen Krankheiten leiden. Dies kann
leicht zu Einsamkeit führen, wenn man keine Familie hat, auf die man rechnen
kann: „Dass die Belastbarkeit von
Freunden begrenzt ist, beobachtet auch Gabriele Schubert, seit sechzehn Jahren
Leiterin des Sozialdienstes der Uniklinik Frankfurt. Ihr Team berät Patienten
mit Krebs, HIV oder komplizierten Beinbrüchen in sozialen und wirtschaftlichen
Fragen. Erschreckend sei, dass in den letzten Jahren immer mehr junge Leute,
die im Berufsleben stünden, dramatisch erkrankten: „Wir müssten mehr Augenmerk
auf junge Singles richten. Doch das
Thema werde verdrängt.“