Missbrauchsbeauftragter: Netz entwickelt sich zu zentralem Tatort für sexuelle Gewalt
Johannes-Wilhelm Rörig. Pressefoto. Foto: Christine Fenzl |
Aufgrund der Tatsache, dass ca. 95 Prozent der Minderjährigen zwischen 12 und 17 ein Smartphone besitzen und sich ständig im digitalen Raum befinden würden, hätten Sexualverbrecher nahezu „ungestörten Dauerkontakt“ zu dieser Altersgruppe.
Kinder und Jugendliche kommen ungewollt in Kontakt mit Pornographie und Exhibitionismus. Zudem erleiden sie sexuelle Übergriffe wie Cybergrooming, werden erpresst bzw. bloßgestellt, falls sie sog. Sexting-Bilder preisgegeben haben.
Rörigs Appell an die neue Bundesregierung: Der Jugendmedienschutz muss dringend dem Internet-Zeitalter angepasst werden.
Dazu ist ein umfassendes Schutzkonzept nötig. So sollten sich etwa Polizei, Gerichte und soziale Dienste verzahnen, um schneller Verbrechen zu verhindern. Technische Maßnahmen, Aufklärung über die möglichen Gefahren, Zugangsbeschränkungen, Identifikationsverfahren und Alterskennzeichnungen etc. könnten Abhilfe leisten.
Vor allem ist es notwendig, dass sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft bewusst werden, wie wichtig es ist, dass ein umfassender Schutz für die Kinder aufgebaut werden muss: „Politik, Internet-Wirtschaft, Pädagogik und Forschung müssen enger zusammenarbeiten.“
Einige Zahlen und Fakten zu Missbrauch: Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) verzeichnet für das Jahr 2016 in Deutschland über 12.000 Ermittlungs- und Strafverfahren nur für sexuellen Kindesmissbrauch (§§176, 176a, 176b StGB). Opfer dieser Straftaten sind zu etwa 75 Pro-zent Mädchen und 25 Prozent Jungen. Hinzu kommen Fälle von Missbrauch von Schutzbefohlenen und Jugendlichen sowie etwa 7000 Fälle wegen sogenannter Kinder- und Jugendpornografie. Bei diesen Zahlen handelt es sich um das sogenannte Hellfeld. Das Dunkelfeld ist weitaus größer. Dunkelfeldforschungen aus den vergangenen Jahren gehen davon aus, dass jede/r Siebte bis Achte in Deutschland sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend erlitten hat. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von rund 18 Millionen Minderjährigen aus, die in Europa von sexueller Gewalt betroffen sind. Das sind auf Deutschland übertragen rund 1 Million Mädchen und Jungen. Dies bedeutet, dass etwa 1 bis 2 Schülerinnen und Schüler in jeder Schulklasse von sexueller Gewalt betroffen sind.