Mehr Fettleibigkeit bei Kindern durch Corona-Pandemie

Christiane Jurczik

Forscher schlagen Alarm: Bewegungen um bis zu 57 Prozent eingebrochen. Im Lockdown sind viele dick geworden. 39 Prozent der Menschen haben zugenommen – im Durchschnitt 5,5 Kilo. Die Corona-Krise habe das Problem der Fettleibigkeit bei Heranwachsenden noch weiter verschärft. Je älter die Kinder, desto weniger bewegen sie sich offenbar unter Pandemie-Bedingungen: In der Gruppe der Zehn- bis Zwölfjährigen lag der Rückgang der körperlichen Bewegung bei 50 Prozent, bei den 13- bis 14-Jährigen waren es sogar 57 Prozent.

„Covid-19 könnte unter Umständen einen der beunruhigendsten Trends in der WHO-Region Europa verstärken – zunehmende Fettleibigkeit bei Kindern“, erklärt WHO-Regionaldirektor Hans Kluge. Übergewicht und Fettleibigkeit stünden in direkter Verbindung mit lebensbedrohlichen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs.

Neben vielen negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, steigt auch das Risiko für körperliche Beschwerden. Durch die Pandemie erhöht sich die Gefahr für Übergewicht und Fehlernährung. Je älter die Kinder, desto weniger bewegen sie sich offenbar unter Pandemie-Bedingungen: In der Gruppe der Zehn- bis Zwölfjährigen lag der Rückgang der körperlichen Bewegung bei 50 Prozent, bei den 13- bis 14-Jährigen waren es sogar 57 Prozent.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der TU München.

Während der Corona-Pandemie lebten Kinder und Teenager im Ausnahmezustand: Ihre Kontakte waren stark eingeschränkt. Schule und Kindergarten fanden unregelmäßig oder gar nicht statt.

Corona-Pandemie und Übergewicht: Zu viel Süßes, zu wenig Bewegung

Dazu kommt, dass Spielplätze phasenweise geschlossen waren, Sport in Gruppen nicht erlaubt war und die Eltern im Balanceakt zwischen Arbeit und Kinderbetreuung zu Hause an die Grenzen der Belastbarkeit kamen. In manchen Haushalten hatte das zur Folge, dass nicht nur die Fernseh- und Online-Zeiten der Kinder ausgeweitet wurden, sondern dass teilweise auch ungesünder gegessen wurde.

Drei Trends zeichnen sich einer Studie des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Münchner Universität zufolge bei Kindern und Jugendlichen ab: Rund die Hälfte der Zehn- bis 14-jährigen bewegen sich weniger. Viele ältere Kinder essen mehr Süßigkeiten und mehr salziges Knabberzeug und spülen alles mit mehr Softdrinks hinunter. Erschienen ist die repräsentative Studie im Fachmagazin „Annals of Nutrition and Metabolism“.

Kulturelle Traditionen gehen verloren

Ebenso bedenklich: Die gemeinsamen Mahlzeiten der Familie werden zunehmend durch einsames Futtern nach Bedarf abgelöst. Allein essende Kinder haben jedoch viel öfter Fertiggerichte und Fastfood mit ungünstiger Zusammensetzung auf dem Teller als Kinder, die gemeinsam mit ihren Eltern essen. Viele Kinder konsumieren beim Fernsehen nur so nebenbei kalorienreiche Snacks. Der soziale Kontext, die kulturellen Traditionen und der geregelte Rhythmus von Mahlzeiten gehen zunehmend verloren, gleichzeitig wächst die Gefahr, dass mehr gegessen wird, als es einem gut tut.

Besondere Risiken bestehen für Kinder, die unter belasteten Bedingungen leben. Wenn zu wenig Geld und zu wenig Wissen vorhanden sind, wenn es keine etablierte Tradition des häuslichen Kochens gibt oder die Wohnbedingungen dies nicht erlauben, kann es sehr schwierig werden. Und wenn dann noch statt des ohnehin knappen Gehaltes für eine Teilzeitbeschäftigung einer alleinerziehenden Mutter mit Kindern nur noch Kurzarbeitergeld da ist, bleibt oft nicht mehr genügend Geld übrig, um die Kinder gut und abwechslungsreich zu ernähren. So kann der Wegfall der Mahlzeiten in Kita oder Schule die Ernährungsqualität des Kindes dramatisch verschlechtern, wenn es zu Hause kein gutes Essen, sondern vor allem sättigendes "Junkfood" gibt.

Verstärkt wird das Risiko durch die intensive Nutzung der Bildschirmmedien in den Corona-Tagen: Besonders vor dem Fernsehgerät ist die Gefahr groß, dass Kinder unkontrolliert große Mengen an Kalorien zu sich nehmen durch kalorienhaltige Getränke, Süßigkeiten, Chips oder Nüsse.

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