Massive Kritik an „Evaluation des Jugendmedienschutzes“
Der Jugendmedienschutz und seine Gesetze sind in Deutschland schwer zu überschauen. Jedes Medium, Fernsehen, Zeitschriften, Internet usw. wird von einem eigenen Gesetz reguliert. Außerdem enthalten die sog. Rundfunkstaatsverträge und das Strafgesetzbuch jugendschutzrelevante Bestimmungen und Gesetze. Das System ist so komplex, daß selbst die für den Jugendmedienschutz verantwortlichen Politiker, in erster Linie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das Hans Bredow Institut für Medienforschung der Universität Hamburg beauftragt hat, eine „Evaluation“ des Jugendschutzsystems in Deutschland vorzunehmen und gegebenenfalls Gesetzesänderungen vorzuschlagen.Anlaß für die Studie ist nicht nur die Komplexität des Jugendmedienschutzes sondern ebenso die Tatsache, daß jedes Medium ein eigenes Gesetz hat. Das führt zu einem insgesamt widersprüchlichen System. So sind Inhalte, die im Fernsehen verboten sind, im Internet erlaubt. Dieses System, schon an sich widersprüchlich, wird noch irrationaler, wenn man bedenkt, daß die Medien aufgrund der technologischen Entwicklung und des Internets immer mehr zusammenschmelzen. Das Internet fasst immer mehr Radio, Fernsehen, Kino und Zeitung zusammen.
Um mehr Klarheit im System zu schaffen, hat das Hans Bredow Institut vorgeschlagen, etliche Bestimmungen in das Strafgesetzbuch zu übertragen. Würde man das Konsequent tun, würde das Strafgesetz normgebend werden.
Abgesehen davon, hat es für die „Evaluation“ nur an Kritik gehagelt. Eine Gruppe von Jugendschutzexperten, darunter Dr. Marc Liesching, einer der wichtigsten Berater der Bundeszentrale für jugendgefährdende Medien, haben in der Fachzeitschrift Multimedia und Recht (Heft 1/2008) in einem langen Aufsatz auf die Schwächen der Studie des Hamburger Institutes hingewiesen. Die Evaluation lege das Schwergewicht nicht auf eine empirische Untersuchung der Wirkung und der Effizienz des Jugendmedienschutzes, sondern auf eine rechtswissenschaftliche Untersuchung des Jugendschutzgesetzes und des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages und wertet insbesondere Literatur und Rechtssprechung zu Problemkreisen wie beispielsweise Altersverifikationsprobleme, Indizierung, Altersfreigaben u. a. aus. Doch auch diese Auswertung ist äußerst lückenhaft und berücksichtigt nur ein Bruchteil der vorliegenden Literatur. Insbesondere wurden neuere Texte ausgelassen, die sich mit der Lage nach der Fassung des letzten Staatsvertrages beschäftigen. Dementsprechend dürftig seien auch die Ergebnisse der Evaluation.
Massive Kritik wurde an der Untersuchung der Akzeptanz des Jugendmedienschutzrechts geübt. Diese hat als Grundlage 23 Gespräche mit nur 45 Personen, die zum Teil Arbeiter von Behörden waren oder Interessenvertreter. Um die Akzeptanz von Jugendlichen auszuwerten wurde auf eine Studie des Instituts für Medienpädagogik mit nur 18 Kindern und Jugendlichen bezug genommen.
Diese Studie sollte als Grundlage für eine Revision des Jugendmedienschutzrechtes dienen. Ob sie hierzu taugt, scheint sehr fraglich. Das Bundesministerium wird bis April 2008 Stellung zur Evaluation nehmen.
Eine Erkenntnis liefert die Studie aber allenfalls: Das deutsche System des Jugendmedienschutzes ist dermaßen kompliziert, daß selbst ein akademisches Medieninstitut kaum Durchblick gewinnen kann. Dieser Zustand kann sich nur negativ an den konkreten Jugendmedienschutz auswirken.
Für diese Verworrenheit sind letztendlich unsere Politiker verantwortlich, die diesen Komplex erschaffen haben. Weil sie in der Regel keine klaren, wertorientierte Vorgabe machen möchten, haben sie ein Monster geschaffen, das niemand mehr versteht und beherrscht.
Unter diesen Umständen ist es nicht erstaunlich, daß der „normale Bürger“ der Meinung ist, daß es hinsichtlich des Jugendmedienschutzes drunter und drüber geht und der Staat seine Schutzfunktion schlichtweg vernachlässigt.
Die Aktion Kinder in Gefahr, die die Interessen der Bürger vertritt, wird sich weiterhin für kind- und jugendgerechte Medien einsetzen und eine Verbesserung des Jugendmedienschutzrechts anstreben.