Lesefähigkeit: Deutsche Viertklässler schneiden im internationalen Vergleich mittelmäßig ab

Nina Stec Die letzte Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung aus dem Jahr 2016 „IGLU“, befördert die mediale Kritik an den Lesefähigkeiten deutscher Viertklässler. In der Studie ging es zum Einem um den internationalen Vergleich der Lesekompetenz von Kindern im 4. Schuljahr, zum anderen um die Untersuchung von Fort- und Rückschritten und deren Zusammenhang mit zuletzt getätigten Reformen, wie der in vielen deutschen Schulen seit den 1990er Jahren praktizierten, umstrittenen Methode „Lesen durch schreiben“, besser bekannt als „Schreiben nach Gehör“, die im Verdacht steht dazu beizutragen, dass Schüler sich eine falsche Rechtschreibung aneignen. Die Studie der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) wird seit dem Jahr 2001 alle fünf Jahre durchgeführt. 312.000 Schüler aus 57 Staaten und Regionen wurden auf diese Weise untersucht, darunter 4000 aus Deutschland. Die Untersuchung wollte herausfinden, wie gut Schüler literarische- und Sachtexte lesen und verstehen können, zudem wie häufig und motiviert sie lesen. Dazu sollten die Kinder zwei Texte lesen und dazu Aufgaben in Form von Multiple-Choice- und offenen Fragen beantworten. Die Ergebnisse zeigten, dass sich Deutschland im europäischen Vergleich im Mittelfeld befindet. Am besten schnitten Finnland, Irland und Polen ab, die einen statistischen Vorsprung von über einem halben Schuljahr im Vergleich zu deutschen Viertklässlern aufwiesen, die wiederum jedoch die schwächeren Schüler aus Frankreich, Belgien und Malta um knapp zwei Jahre überholten. Insgesamt hat sich der Trend in Deutschland seit 2001 nicht stark verändert. In Deutschland stagniert die Lesekompetenz auf mittelmäßigem Niveau, während sich andere Länder wie die Lettland, die Slowakei und Slowenien seitdem signifikant verbessern konnten. Außerdem lässt sich in Deutschland eine Zunahme der Leistungsheterogenität innerhalb der letzten 20 Jahre feststellen, was unter anderen auf den Anstieg der Anzahl an Kindern mit Migrationshintergrund und solchen, die von einer schwachen sozialen und wirtschaftlichen Situation betroffen sind, zurückzuführen ist. Kinder mit einem nicht in Deutschland geborenen Elternteil Weisen im Durchschnitt einen Rückstand von drei Monaten bezüglich ihrer Lesekompetenz auf. Wenn beide Eltern außerhalb geboren wurden, sind es sogar über acht Monate. Auf der anderen Seite haben Kinder aus einer bildungsnahen, besser situierten Familie einen Vorsprung von über einem halben Jahr im Vergleich zum Durchschnitt. Während die schwächsten immer schlechtere Ergebnisse erreichten, vermochten immerhin die stärkeren Schüler ihre Leistungen weiterhin zu steigern. Die Statistik erfasste weiterhin, dass immer weniger Kinder Spaß am Lesen haben. Auch die durchschnittliche tägliche Lesedauer ist eher gering. 40 % der Schüler gaben an, in ihrer Freizeit weniger als eine halbe Stunde am Tag zu lesen. Häufiges Lesen verringert jedoch nachweislich deutlich das Risiko einer Leseschwäche. Neben schulischen Leseförderprogrammen sei es wichtig, dass die Kinder bereits im Elternhaus zum Lesen motiviert werden. Es habe sich gezeigt, dass die Einbindung der Eltern in das kindliche Leseverhalten weitaus wirksamer sei als schulische Projekte. Vor allem Jungen müssen verstärkt zum Lesen motiviert werden, da sie im Vergleich zu Mädchen schlechter abschnitten. Die grundsätzliche Unlust am lesen werde außerdem verstärkt durch den schnellen Zugriff auf die für Kinder scheinbar „interessanteren“ Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, wie Computer, Smartphone und Videospiele. Quellen: https://www.bmbf.de/de/iglu-internationale-grundschul-lese-untersuchung-82.html https://www.welt.de/politik/deutschland/article171299042/Deutschland-laesst-sich-abhaengen.html https://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2017-12/iglu-studie-bildung-schueler-vierte-klasse https://www.kulturrat.de/pressemitteilung/peinlich-iglu-studie-zeigt-dramatische-bildungsungerechtigkeit-in-deutschland/