Lehrermangel an Grundschulen steigt drastisch an
Christiane Jurczik
Die neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass der Lehrermangel an Grundschulen im Laufe der nächsten sechs Jahre viel größer sein wird als bisher angenommen.
Demnach liegt die Zahl der Lehrer, die bis 2025 fehlen, mit mindestens 26.300 deutlich höher als bisher prognostiziert. Die Kultusminister waren im vergangenen Oktober 2018 noch von 15.300 fehlenden Grundschullehrern ausgegangen.
"Schon in den nächsten Jahren wird der Lehrermangel an den Grundschulen in einigen Bundesländern dramatisch ansteigen", sagt Bildungsforscher Dirk Zorn. Gemeinsam mit dem Erziehungswissenschaftler Klaus Klemm hat er für die Bertelsmann-Stiftung die neue Studie erstellt.
"Die Diskrepanz von 11.000 weiteren benötigten Lehrern bis 2025 geht auf einen doppelt so starken Anstieg der Schülerzahlen zurück", erklärt Zorn. Die KMK geht von deutlich weniger Schülern aus als die beiden Forscher, die sich für ihre Analyse auf die neueste Bevölkerungsschätzung des Statistischen Bundesamtes vom Juni dieses Jahres stützen. "Knapp 170.000 Schüler mehr als von der Kultusministerkonferenz bislang berechnet werden in der Grundschule im Jahr 2025 zu erwarten sein", so die Wissenschaftler.
Lösungen werden gesucht
Die Bertelsmann-Stiftung sieht angesichts ihrer Prognose vor allem die Bundesländer in der Pflicht. "Ruheständler länger im Job zu lassen, die Teilzeitquote durch bessere Unterstützung zu senken und auch Menschen ohne Lehramtsstudium fit zu machen für den Einsatz in Grundschulen: All diese Dinge müssten mit noch größerem Nachdruck vorangetrieben werden", mahnt Stiftungs-Schulexperte Zorn.
Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, hält es für eine "Herkulesaufgabe", den Lehrermangel zu bewältigen. "Die Zahl der Schülerinnen und Schüler wächst dynamischer als angenommen", sagt er. Gleichzeitig dauere es noch etliche Jahre, bis die zusätzlich eingerichteten Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen auch mehr Absolventen hervorbringen. "Wir brauchen daher schnelle Lösungen, um gute Bildung für alle gewährleisten zu können."
Der Präsident der KMK, Alexander Lorz (CDU), spricht ebenso von einer Herausforderung in einem bereits sehr angespannten Lehrermarkt.
Alle Bundesländer sind auf der Suche nach Lösungen, viele haben bereits die Anzahl der Studienplätze erhöht. Doch eine Lehrerausbildung dauert mindestens sechs Jahre.
Entlohnung anpassen
Ein weiterer Punkt ist die Entlohnung: In fast allen Bundesländern werden Lehrer bis zu einem gewissen Alter verbeamtet. Grundschullehrer werden anfänglich in der Besoldungsstufe A12 eingruppiert, an weiterführenden Schulen wie dem Gymnasium oder Berufsschulen liegt die Besoldung bei A13 – das kann monatlich einen Unterschied von rund 500 Euro ausmachen. Deshalb gibt es Überlegungen, hier für eine einheitliche Besoldung zu sorgen oder Prämien zu zahlen. Die Berliner CDU hat zum Beispiel gerade angeregt, Lehrern eine Willkommensprämie und ein kostenloses Ticket für den Nahverkehr zu schenken, da es hier keine Verbeamtung gibt. Im kleinsten Bundesland Bremen wird die Besoldung stufenweise bis 2021 angehoben, wodurch Grundschullehrkräfte dann mit ihren Kollegen an den Gymnasien beim Einstiegsgehalt gleichgestellt werden. Kreativ zeigen sich die Länder auch bei der Erfindung von Sonderzulagen, um Lehrer anzulocken: In Schleswig-Holstein bekommen Grundschullehrer ab August 2020 eine monatliche "aufbauende Strukturzulage", die jährlich um 80 Euro steigt. Wer in Brandenburg nach dem "Erreichen der Regelaltersgrenze" noch weiterarbeitet, erhält monatlich 400 Euro zusätzlich.
Mit Infos aus Zeit-Online, WDR, Tagesschau