Landtagsinitiative: Freistaat Sachsen will Rechtssicherheit bei Babyklappen
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtet von einer wichtigen Initiative der Landesregierung:
Die sächsische Regierung will sich auf Bundesebene für die rechtliche Absicherung von Babyklappen und anonymen Geburten einsetzen. Im Landtag stimmten am Freitag alle Fraktionen geschlossen für einen entsprechenden Antrag von CDU und FDP. Darin wird auch gefordert, an sogenannten niedrigschwelligen Hilfsangeboten, wie Schwangerschaftskonfliktberatungen oder Beratungen durch die Jugendämter,
festzuhalten und diese bekannter zu machen.
Rechtliche Grauzone beseitigen
Der gute Wille, Müttern und Kindern zu helfen, bedürfe einer rechtlichen Grundlage, sagte FDP-Rechtsexperte Carsten Biesok. Die Grünen-Abgeordnete Annekatrin Giegengack ergänzte, bisher stünden Mütter und Mitwisser mit einem Bein im Gefängnis, wenn sie Babyklappen nutzten. Hintergrund ist das in Deutschland verfassungsmäßig verankerte Recht von Kindern, ihre Eltern zu kennen. Wird ein Säugling heimlich geboren und anonym in einer Babyklappe abgegeben, macht sich die Mutter strafbar. Zudem verletzt sie auch mögliche Elternrechte des Vaters.
In Deutschland gibt es seit zwölf Jahren Babyklappen, in denen Mütter Neugeborene unerkannt abgeben können und die Versorgung des Babys gewährleistet ist. Außerdem bieten einige Krankenhäuser eine anonyme Entbindung an. Allerdings werden beide Möglichkeiten nur geduldet – es gibt keine gesetzliche Grundlage und damit auch keine Rechtssicherheit für die Anbieter. Eine umfangreiche Studie des Deutschen Jugendinstituts beklagte deshalb schwere Mängel am derzeitigen System und mahnte eine rechtliche Regelung an.
Leben über Recht auf Herkunftskenntnis stellen
Das Bundesfamilienministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf, der eine "vertrauliche Geburt" favorisiert. Dabei erhält das Kind ab dem 16. Lebensjahr das Recht, Einsicht in die aufbewahrten Daten der Mutter zu nehmen. CDU und FDP wollen jedoch die anonyme Geburt und Babyklappen beibehalten. "Wir wollen keine Verschärfung, wir wollen den Schutz des Kindes und der Mutter", erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Karin Strempel. Nach ihrer Ansicht wiegt das Wohl des Kindes, sein Bewahren vor einem möglichen schweren Schicksal oder sogar dem Tod, schwerer als sein Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft. CDU und FDP wollen deshalb mit dem Vorstoß erreichen, dass sich die Diskussion auf Bundesebene wieder in eine andere Richtung bewegt.
Von der Opposition erhielt die Regierungskoalition eine selten einmütige Zustimmung für ihren Antrag. Allerdings betonte beispielsweise die SPD-Abgeordnete Dagmar Neukirch, Babyklappen und anonyme Geburten sollten der letzte Ausweg aus Zwangs- oder Notlagen sein. Deshalb sollten diese Angebote nicht abgeschafft, aber auch nicht ausgebaut werden. Dahinter steht die Befürchtung, durch mehr Angebote auch eine größere Nachfrage zu schaffen oder Hemmschwellen, einen Säugling einfach abzugeben, zu senken.
Quelle: MDR am 14. Dezember 2012