Kritisches Medien-Echo über die Anti-Mixa-Kampagne: Die Unschuldsvermutung blieb auf der Strecke
Felizitas Küble, Leiterin des kath. KOMM-MiT-Jugendverlags und des Christoferuswerks in MünsterIn manchen Zeitungen beginnt jetzt erfreulicherweise eine nüchterne Nachdenklichkeit in puncto Kampagne gegen Bischof Mixa. Manches Presseorgan läßt auch eine gewisse Selbstkritik anklingen.
Eindrucksvoll ist vor allem die Nachlese der Tageszeitung „Die Welt“ (online) vom 27.6.2010. In einem als „Leitartikel“ hervorgehobenen Kommentar von Jan-Eric Peters wird unter dem Titel „Der Fall Mixa und die Medien“ vor allem über rechtsstaatliche Grundsätze referiert.
Dabei räumt der Verfasser sogleich ein, daß hinsichtlich dieser Prinzipien in der Causa Mixa vieles im Argen lag: „Die Unschuldsvermutung? Sie galt nicht immer. Der eiserne Grundsatz, einen Verdacht nicht als Tatsache darzustellen? Er wurde gern gebrochen (und brockte der "Süddeutschen Zeitung" eine Gegendarstellung ein). Die journalistische Pflicht, auch die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen? Schön, wenn sie alle beachtet hätten.“
Dabei erinnert der Autor zudem an die unfaire Rolle, die neben der „Süddeutschen Zeitung“ vor allem die „Augsburger Allgemeine“ spielte: „Als dann der Vorwurf aufkam, der Prügelbischof habe einen Ministranten geschändet, brachen die Dämme. Die Nachricht hatte die "Augsburger Allgemeine" zuerst... Der Chefredakteur sagte: "Es kann als sicher gelten, nach unseren Informationen, dass nach den Vorermittlungen auch ein richtiges förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird." - Damit lag er falsch - nach nur einer Woche klappte der Staatsanwalt in Ingolstadt den Aktendeckel zu. Es gab kein Opfer, keinen Täter und damit auch keine Straftat. Doch diese Nachricht interessierte lange nicht so sehr.“
Jan-Eric Peters verteilt in seinem Leitartikel dem Kirchenredakteur der FAZ, Daniel Deckers, ebenfalls schlechte Noten für dessen Anti-Mixa-Rundumschläge. Der Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen“ hatte Bischof Mixa mit unbewiesenen Verdächtigungen aus einem sog. „Geheimdossier“ zu belasten versucht. „Eine erstaunliche Auffassung von journalistischer Unabhängigkeit“, kommentiert Peters den Vorgang nicht ohne Ironie.
Doch damit nicht genug - Deckers „dementierte sich sogar selber“, wie die „Welt“ nun festhält: „Hatte er das Missbrauchsverfahren zunächst noch korrekt und mehrfach als "Vorermittlungen" beschrieben, behauptete er jetzt in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" fälschlich, es habe sich um ein "normales Ermittlungsverfahren" gehandelt. So erweckte der Journalist...den falschen Eindruck, so ganz ohne sei diese Sache ja wohl nicht gewesen.“
Die „Welt“ ist freilich nicht das einzige Presseorgan, das sich nun skeptischen Betrachtungen darüber hingibt, ob wohl in der Causa Mixa alles mit rechten - also mit fairen – Dingen zuging.
In einem ansonsten kirchenkritischen Kommentar des „Deutschlandradios“ vom 27.6.2010 erklärte Karin Wendlinger unter dem Titel „Die Akte“ hinsichtlich des Verhaltens anderer Bischöfe gegenüber Bischof Mixa: „Brüderlichkeit - und da hat Walter Mixa wahrscheinlich Recht - sieht anders aus.“ – Die Autorin fügt hinzu, die „unappetitliche Schlammschlacht der vergangenen Tage“ sei „der katholischen Kirche nicht würdig“.
Im anspruchsvoll-elitären Web-Portal „news.suite101.de“ äußerte sich Redakteurin Heike Huber bereits am 10.5.2010 kritisch über die Anti-Mixa-Kampagne: „Die Veröffentlichung der neuerlichen Verdachtsmomente gegen Mixa waren längst keine regionalen News aus dem Schwäbischen Hinterland mehr. Die Tatsache, dass der mediengebeutelte Bischof Mixa nun auch noch als angeblicher Kinderschänder in den Artikeln namhafter Journalisten auftauchte, katapultiert die Nachricht in nullkommanix auf internationales Niveau. Die Behauptung selbst allerdings ist vage und dünn, und die Veröffentlichung der Topnachricht genau zu diesem kritischen Zeitpunkt schreit nach einer kritischen Begutachtung der Situation.“
Am 21. Juni 2010 veröffentlichte die linksgerichtete „Frankfurter Rundschau“ ein Interview mit dem Psychologen Stefan Grünewald, in dem dieser sich ebenfalls skeptisch über den innerkirchlichen Umgang mit Bischof Mixa äußert:
“Wenn es unter den Bischöfen so zugeht wie in der französischen Nationalelf, aus deren Kreis die wüstesten Sprüche und Beleidigungen nach außen dringen, dann ist ihr selbst mit der schönsten Kommunikationsstrategie nicht zu helfen.“
Außerdem beanstandet Grünewald, daß das innerkirchliche „Hin und Her“, das „Nachtreten“ und die „üble Nachrede“ nicht durch das „Prinzip geistiger Führerschaft“, nämlich ein „Machtwort“ des Papstes beendet wurde; er fügt hinzu: „Ausgerechnet in der so hierarchisch strukturierten katholischen Kirche scheint es aber keinen zu geben, der ein Machtwort spricht.“
Wenn nun sogar von Psychologenseite - die üblicherweise eher nach partner-schaftlichem „Dialog“ als nach Autorität oder gar nach „geistiger Führerschaft“ strebt - ein päpstliches „Machtwort“ gewünscht wird, ist es offenbar weit gediehen mit dem Durcheinander und der Verwirrung innerhalb der katholischen Kirche.