KRFD zur aktuellen Bertelsmann-Studie „Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Was es sie kostet, Mutter zu sein“

PM Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.

(Mönchengladbach, 25. Juni 2020) Die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung legt den Finger in zwei Wunden: Zum einen zeigen sich die enormen finanziellen Einnahme-Unterschiede zwischen Frauen mit und ohne Kindern. Wirtschaftlich gesprochen mag das beim „Budget“ richtig sein, bei der Aufstellung eines „Vermögenshaushaltes“ wird üblicherweise anders gerechnet. Da wird Vermögen mobil und immobil, materiell und eben auch als menschliches Potential bewertet.

Die Studie weist anhand umfangreichen Zahlenmaterials nach, dass Familien und insbesondere Frauen durch ihre Entscheidung für Kinder deutlich geringere Erwerbseinkommen erlangen. Das hat Gründe: Je mehr Personen im Haushalt leben, desto mehr häusliche Arbeit fällt an und Erziehung braucht schlicht Zeit. Eine Vollzeiterwerbstätigkeit beider Elternteile ist deshalb zumindest vorübergehend oft nicht leistbar. Mini-Job-Formate und geringfügige Beschäftigung sind deshalb für viele Familien wichtig. Flexiblere Arbeitszeitmodelle und praktikable Wiedereinstiegsmodelle sind im Bereich der qualifizierten und hochqualifizierten Berufe dringend nötig.

Dazu kommt die Tatsache, dass das Aufziehen von Kindern in unserer Gesellschaft über die letzten Jahre deutlich teurer geworden ist. Das hat zuletzt sehr drastisch die Corona-Krise gezeigt. War man lange Zeit mit Heft und Stift schreibfähig, so sind für heutiges Arbeiten Rechner, Drucker und Scanner unerlässlich – und bei mehreren Kindern teilweise in entsprechend mehrfacher Ausführung.

Folgt man der Logik der Bertelsmann-Studie, die sich stark arbeitsmarktökonomisch aufstellt, dann haben die Familien und die Frauen gelernt: Kinder kosten Geld und bringen nur Nachteile. Also bekommt man besser maximal zwei? Außerdem behindern Kinder das entspannte Konsumieren, abendliche Vergnügungen fallen für die Eltern weg, ausgefallene Reisen auch. Man muss eher zur Familien-Kutsche greifen und auf das mondäne Cabriolet verzichten. Bilanziert man kurzfristig und rein monetär, dann bekommt man besser keine Kinder und erst recht nicht drei und mehr.

Dass auch viele Eltern daraus gelernt haben und das dritte Kind nicht wagen, zeigte im letzten Jahr eine Studie des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung, wonach der demographische Niedergang in Deutschland zu 68% Prozent am Rückgang der Mehrkindfamilien liegt.

Der nachhaltig und klug denkende Volkswirt stellt neben einem Budget noch einen Vermögenshaushalt auf. Darin werden alle erbrachten Werte und Leistungen aufgeführt, die für den Fortbestand des Unternehmens oder eines Landes wichtig sind. Und so betrachtet stellt sich die Lage anders dar: Es wird deutlich, welche enormen Investitionen Eltern in Form von Zeit, Aufmerksamkeit, Liebe und zentral auch Geld in das Aufwachsen der nächsten Generation des Landes stecken. Wie viel seelische Kompetenz in Form von Geduld, Einfühlungsvermögen und selbstloser Freude am Gedeihen eines kleinen Menschen Mütter und Väter leisten, lässt sich in den Kategorien der Bertelsmann-Forscher nicht abbilden.

In den Vermögenshaushalt ginge ein, dass die Familien durchschnittlich gut, angestrengt, aber mit familiärem Zusammenhalt durch die Krise gegangen sind, sich gegenseitig gestützt und auch abgelenkt haben von den Sorgen. Nachweislich leben Menschen in dauerhaften Beziehungen länger, sind psychisch gesünder und leiden weniger an Depression und Einsamkeit. In der Corona-Krise waren es die älteren Menschen mit Familien, die sich auf ein „nach Corona“ freuen können, denn dann bekommen sie Besuch von Kindern und Enkeln.

Die Bertelsmann Studie zeigt, dass sich Bilanzierungen gern auf den Faktor Geld beschränken. Dennoch gründen viele Frauen und Männer der rein wirtschaftlichen Logik zum Trotz Familien, wagen Verantwortung und erwirtschaften Wohlstand auf zwei Feldern: anteilig über ihre Erwerbsarbeit und in Form von gesellschaftlicher Zukunft in ihren Kindern. Beides muss vereinbart werden können, denn beides ist systemrelevant. Als wohlhabende Gesellschaft muss es unser Anspruch sein, die Courage und Zukunftsfreude junger Eltern zu unterstützen, Familien bestmöglich zu sichern, Erziehung und Fürsorge als Leistung und Vermögen anzuerkennen. Ihre Lebensleistung zeigt sich langfristig und muss auch bei der Alterssicherung gerecht bilanziert werden. Das wäre die Aufgabe einer in der Kategorie des „Vermögenshaushaltes“ denkenden Gesellschaft.

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