Kokainhandel in Deutschland: Ein wachsendes Problem

Kokainhandel in Deutschland: Ein wachsendes Problem

Der Handel mit Kokain ist ein lukratives und erschreckend einfaches Geschäft. Dies zeigte sich einmal mehr bei der Aufdeckung einer der größten internationalen Kokainhandelsnetzwerke, das von Deutschland aus operierte. Die Gruppe, die sich selbst „Die Firma“ nannte, konnte in kürzester Zeit eine halbe Tonne Kokain im Wert von mehr als zehn Millionen Euro umsetzen. Das Rauschgift kam aus Südamerika, wurde in Frankfurt gelagert und über den deutschen und europäischen Markt weiterverkauft.

Die Kokainlieferungen wurden in sogenannten „Bunkerwohnungen“ aufbewahrt, die sich in beliebten Frankfurter Stadtteilen wie dem Nordend befanden – einem Viertel, in dem die Bewohner oft in Cafés sitzen und nichts von den kriminellen Geschäften wissen. Die Ermittlungen führten zur Anklage und Verurteilung der Verantwortlichen, die nun mit Haftstrafen von bis zu elf Jahren rechnen müssen.

Laut der kürzlich von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgestellten Kriminalstatistik ist Kokain inzwischen weit verbreitet und leicht erhältlich. Die Droge ist über Straßendealer oder das Darknet zugänglich, und selbst in unauffälligen Lokalen wie einer Düsseldorfer Pizzeria konnte Kokain auf Bestellung geliefert werden. Der Wirt des Lokals, der zusätzlich zu seiner „frittierten Pizza“ Kokain anbot, wurde Ende Januar zu vier Jahren Haft verurteilt.

Kokain wird zunehmend von allen gesellschaftlichen Schichten konsumiert

Kokain galt einst als Droge der Reichen, doch heutzutage konsumieren immer mehr Menschen aus allen sozialen Schichten das Rauschgift. Während es früher vor allem zum Feiern genutzt wurde, greifen immer mehr Menschen auch bei der Arbeit zur Droge, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Wirkung von Kokain hält jedoch nur etwa eine halbe Stunde an, was häufig zu einem schnellen Absturz und dem Drang nach der nächsten Dosis führt.

Aktuellen Zahlen des Drogenbeauftragten der Bundesregierung zufolge hat sich der Anteil der Deutschen im Alter von 18 bis 59 Jahren, die mindestens einmal im Jahr Kokain konsumiert haben, von 0,6 auf 1,6 Prozent zwischen 2015 und 2021 erhöht. Die Zahl derjenigen, die aufgrund von Kokainmissbrauch in ärztlicher Behandlung sind, liegt bei etwa 65.000 – wobei die Dunkelziffer noch deutlich höher sein dürfte. Noch gefährlicher ist die abgewandelte Form von Kokain, das als Crack konsumiert wird.

Ein unaufhörlicher Nachschub an Kokain

Der Kokainhandel bleibt in Europa ein großes Problem, da der Nachschub an Kokain weiterhin gewährleistet ist. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 45 Tonnen Kokain sichergestellt – ein Rekordwert. Allein in Frankfurt, dem größten Drogenhub Deutschlands, hat sich die Menge an sichergestelltem Kokain von 589 Kilogramm im Jahr 2023 auf 1,3 Tonnen im Jahr 2024 mehr als verdoppelt. Der Straßenpreis für Kokain ist zwar gesunken, was auf ein zunehmend großes Angebot hindeutet.

Ein Grund für die anhaltend hohe Verfügbarkeit von Kokain ist die steigende Produktion in Südamerika, insbesondere in Ländern wie Kolumbien, Peru und Bolivien, wo jährlich rund 2.700 Tonnen Kokain hergestellt werden. Die kriminellen Kartelle setzen alles daran, noch mehr Anbauflächen zu erschließen, um den europäischen Markt weiter zu versorgen.

Großfunde und neue Schmuggelmethoden

Im vergangenen Jahr wurde bei einem der größten Kokainfunde der deutschen Geschichte eine Menge von 35,5 Tonnen beschlagnahmt, die einen Straßenverkaufswert von 2,6 Milliarden Euro hatte. Solche Funde machen nur einen Bruchteil des gesamten Kokainhandels aus. Das meiste Kokain wird in Schiffscontainern transportiert, oftmals als „parasitäre Ladung“ getarnt, etwa als Dosenspargel oder versteckt zwischen Bananen und Ananas.

Neue Methoden im Kokainschmuggel werden ebenfalls immer häufiger angewendet. So setzen südamerikanische Kartelle zunehmend auf speziell angefertigte Drogen-U-Boote, die Kokain über den Atlantik transportieren. Erst im März konnte ein solches U-Boot mit Kokain im Wert von 280 Millionen Euro von internationalen Ermittlern aufgebracht werden.

Organisierte Kriminalität auf globaler Ebene

Der Kokainhandel wird von extrem gut organisierten Kriminellen betrieben, die ein internationales Netzwerk aufbauen, um den Rauschgiftmarkt zu beherrschen. Laut Europol gibt es in Europa derzeit mehr als 800 kriminelle Organisationen, die sich auf den Drogenhandel spezialisiert haben. In Spanien und den Niederlanden kam es bereits zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Drogenbanden, was die Gefahr von Drogenkriminalität und -gewalt in der Gesellschaft verdeutlicht.

Die Sicherheitsexperten warnen, dass sich der internationale Drogenhandel weiter ausweiten könnte, insbesondere wenn Länder mit schwacher staatlicher Struktur – wie Westafrika – wieder eine größere Rolle als Transitländer spielen. Auch in Deutschland gibt es immer wieder Hinweise auf eine Unterwanderung der staatlichen Strukturen durch Drogenbanden. Zuletzt wurde ein Staatsanwalt in Hannover festgenommen, der verdächtigt wird, Verbindungen zu einem Kokainkartell gehabt zu haben.

Handlungsbedarf der Behörden

Die Strafverfolgungsbehörden in Deutschland und international sind sich einig, dass der Kokainhandel ein wachsendes Problem darstellt, dem dringend begegnet werden muss. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass die Drogenkriminalität immer raffinierter wird und zunehmend auch die Gesellschaft und ihre Institutionen untergräbt. Sicherheitsexperten wie Oliver Huth vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen fordern eine verstärkte Zusammenarbeit der internationalen Behörden, um den Drogenhandel und die damit verbundene Gewalt einzudämmen.

Der Kokainhandel ist ein Multi-Milliarden-Geschäft, das weitreichende Folgen für die Gesellschaft hat. Experten warnen davor, dass es höchste Zeit ist, energisch gegen die Strukturen der organisierten Kriminalität vorzugehen, um eine weitere Ausbreitung der Drogenproblematik in Deutschland und Europa zu verhindern.