Kinderseelen leiden in der Corona Krise
Christiane Jurczik
Eine Umfrage des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf zeigt erstmals, wie sich die Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen bundesweit ausgewirkt hat. Die Ergebnisse: Mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen fühlen sich durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Betroffen seien demnach vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien, sagte Ulrike Ravens-Sieberer von der Forschungsgruppe "Child Public Health" am UKE.
Im Mittelpunkt der Studie standen Themen wie psychische Gesundheit, Lebensqualität und Gesundheitsverhalten sowie konkrete Fragen zu Schule, Familie und Freunden. Um herauszufinden, wie sich die Werte im Vergleich zu der Zeit vor Corona verändert haben, verglichen die Forscherinnen und Forscher die aktuellen Werte mit vorher erhobenen Daten bundesweiter Studien.
Den Ergebnissen zufolge fühlten sich 71 Prozent der befragten Kinder durch die Coronakrise psychisch belastet. Davor sei es nur ein Drittel gewesen, so Ravens-Sieberer. Zwei Drittel der Kinder gaben demnach eine verminderte Lebensqualität und ein geringeres psychisches Wohlbefinden an.
Das Risiko für psychische Auffälligkeiten habe sich fast verdoppelt, heißt es in der Studie weiter. Die Kinder seien häufiger gereizt, hätten Einschlafprobleme und klagten über Kopf- und Bauchschmerzen.
Jedes vierte Kind berichtet, dass es in der Familie häufiger zu Streit komme als vor der Corona-Krise. Die Eltern geben das sogar noch häufiger an und erklären, dass Streitigkeiten öfter eskalierten. Gleichzeitig achten Kinder und Jugendliche weniger auf ihre Gesundheit. Sie essen mehr Süßigkeiten, machen weniger Sport und verbringen mehr Zeit am Handy oder vor dem Fernseher.
"Die Kinder empfinden zudem Schule und das Lernen als anstrengender als zuvor und haben Probleme, den schulischen Alltag zu bewältigen", sagt Ravens-Sieberer. "Das verwundert kaum, da den Kindern und Jugendlichen die gewohnte Tagesstruktur und natürlich ihre Freunde fehlen. Beides ist für die psychische Gesundheit sehr wichtig."
Besonders sorgten sich die Kinder und Jugendlichen um ihre Freundschaften. Sie fühlten sich durch den eingeschränkten sozialen Kontakt belastet. Bei jedem zweiten Kind habe das Verhältnis zu seinen Freunden durch die fehlende Nähe gelitten. "Die Nutzung digitaler Medien hat in der Folge zugenommen", so Ravens-Sieberer. "Das ist nicht verwunderlich." Anhand der Studienergebnisse könne man sehen, dass die Kinder die Krise seelisch mittragen.
Die Corona-bedingten Veränderungen belasten vor allem bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen, etwa Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss oder einen Migrationshintergrund haben. Fehlende finanzielle Ressourcen und beengter Wohnraum führten zu einem hohen Risiko für psychische Auffälligkeiten.
Für die Studie wurden Kinder direkt zu den Auswirkungen befragt. Per Online-Fragebogen und in Zusammenarbeit mit Infratest dimap. Kinder zwischen 11 und 17 Jahren konnten den Fragebogen selbst ausfüllen. Für jüngere Kinder ab 7 Jahren haben die Eltern geantwortet. Es ging um Themen wie psychisches Wohlbefinden und Lebensqualität, sowie Fragen zu Schule, Familie und Freunden. Mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche sowie 1.500 Erwachsene haben teilgenommen.
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