Kinderpornographie ist zu einem Massenphänomen geworden
Autor: Kinder in Gefahr
<p>Christiane Jurczik</p>
<p>Kinderpornografie ist die
fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14
Jahren (Kind). Der Herstellung solcher Darstellungen liegt ein realer, oft schwerer
sexueller Missbrauch zugrunde. Durch die weltweite Verbreitung und
Verfügbarkeit erfolgt eine dauerhafte Viktimisierung der Opfer.</p>
<p>Durch das Internet verlieren
nationale Grenzen zunehmend an Bedeutung. Der Austausch von Daten über große
Distanzen ist problemlos und in Sekundenschnelle möglich – ein Umstand, der
Strafverfolgungsbehörden in Deutschland und weltweit vor enorme
Herausforderungen stellt.</p>
<p>Im vergangenen Jahr sind beim
Bundeskriminalamt 5.977 Hinweise auf Kinderpornos im Netz eingegangen. Das sind
mehr als doppelt so viele wie im Jahr davor. Die meisten Hinweise kamen von
Bürgern, die sich an Beschwerdestellen etwa der Internetwirtschaft wandten. Die
Zahlen gehen aus dem jährlichen Bericht des Bundesjustizministeriums hervor.</p>
<p>Die Polizeiliche Kriminalstatistik gibt Aufschluss über die Zahl der
Anzeigen.</p>
<p>Für das Jahr 2017 verzeichnete sie:</p>
11.547
Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch990
Fälle von Missbrauch an Jugendlichen403
Fälle von Missbrauch an minderjährigen Schutzbefohlenen6.512
Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung sogenannter
Kinderpornografie und1.306
Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung sogenannter
Jugendpornografie.
<p>Da nur ein kleiner Teil der Taten angezeigt wird, werden viele Taten
statistisch nicht erfasst und bleiben im Dunkelfeld.</p>
<p>Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht für Deutschland von einer Million betroffener Mädchen und
Jungen aus, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder erleben. Das sind pro
Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder. </p>
<p>Diese Zahl ergibt sich, wenn man von 13 Millionen Kindern und
Jugendlichen in Deutschland ausgeht, von denen rund zwei Drittel – gut acht
Millionen Kinder und Jugendliche – eine allgemeinbildende Schule besuchen.
Damit ist von rund zwei Drittel Schülerinnen und Schülern unter den betroffenen
Mädchen und Jungen in Deutschland auszugehen. Folglich sind ca. 600.000
Schülerinnen und Schüler betroffen, die sich – bei einer angenommenen
durchschnittlichen Schülerzahl von 20 – auf ca. 400.000 Klassen verteilen.
Damit ist pro Schulklasse von ein bis zwei betroffene Kinder auszugehen.</p>
<p>Angesichts der leichten
Verfügbarkeit von Kinderpornografie im Internet darf nicht in Vergessenheit
geraten, dass Kinderpornografie den unter Umständen noch andauernden sexuellen
Missbrauch von Kindern dokumentiert. Das Bundeskriminalamt räumt daher der
Bekämpfung der Kinderpornografie einen hohen Stellenwert ein.</p>
<p>Das Internet - ein Paradies für Kriminelle</p>
<p>Der Missbrauchsbeauftragte der
Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Röhrig, fordert mehr Befugnisse für Ermittler
in Fällen von Kinderpornografie. "Im Moment ist das Netz ein Paradies für
Pädokriminelle", sagt er. </p>
<p>Er fordert mehr Befugnisse für
deutsche Ermittler. Es könne nicht sein, dass Fahnder in den USA und in
Australien solche Plattformen "knacken" und deutsche Strafverfolger
dies nicht dürften, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Rörig sieht
nun "die Innen- und Justizminister in der Pflicht". Sie müssten die
Ermittler "maximal stärken".</p>
<p>Ein Schritt nach vorne wäre
die erlaubte Nutzung täuschend echt wirkender, aber computergenerierter
Missbrauchsbilder, um Kunden und Betreiber von Kinderporno-Portalen im
versteckten Teil des Internets, dem Darknet, aufzuspüren, so der Experte.
"Ich hoffe, dass dies bald gesetzlich möglich sein wird." Noch
scheitert ein solches Ködern von Pädophilen an rechtlichen Hürden.</p>
<p>Der Handel mit
Kinderpornografie müsse "dringend trockengelegt werden, sonst werden immer
mehr und immer jüngere Kinder zu Opfern immer brutalerer Darstellungen",
sagte Rörig. "Das können wir als Rechtsstaat nicht weiter dulden."
Täter dürften sich im Netz nicht mehr sicher fühlen.</p>
<p>Nordrhein-Westfalen setzt bei
der Bekämpfung von Kinderpornographie und sexuellem Missbrauch von Kindern auf veränderte
Polizeistrukturen. Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte am Dienstag
(18.06.2019) in Düsseldorf, die Kreispolizeibehörden seien aufgefordert, das
Personal in dem Bereich mindestens zu verdoppeln. Außerdem solle die Auswertung
von Daten zukünftig zentralisiert werden.</p>
<p>Zahlreiche Fälle bleiben
liegen</p>
<p>Die von Reul neu eingerichtete
Stabsstelle "Kindesmissbrauch und Kinderpornografie" im
Innenministerium stellte demnach fest, dass Ermittlungen in NRW oft
stocken und schleppend laufen. Von 1.895 Verfahren befinden sich derzeit nur
228 in der Auswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse seien noch nicht
vollstreckt worden. „Diese Zahlen
zeigen klar: Die Ermittler in den Behörden schaffen es nicht, den riesigen
Datenmengen Herr zu werden", sagte Reul. </p>
<p>Die Aufbereitung und
Auswertung von Daten werden bis Ende 2020 im Landeskriminalamt zentralisiert. "Kinderpornografie
ist zu einem Massenphänomen geworden", sagte Reul.</p>
<p>Mit Informationen aus Deutsche Welle, WDR1, Bundeskriminalamt, Hilfeportal Missbrauch</p>
<p>Foto: <a href=‘<a href="https://de.freepik.com/fotos-kostenlos/trauriger-jugendlicher-mit-kariertes-hemd-weinen_931652.htm">https://de.freepik.com/fotos-kostenlos/trauriger-jugendlicher-mit-kariertes-hemd-weinen_931652.htm</a>‚>Designed by Jcomp</a></p>