Kinder sehen täglich 15 Werbungen für ungesunde Lebensmittel
(DVCK e.V. - Aktion Kinder in Gefahr) Eine neue Studie zeigt, wie gezielt Lebensmittelhersteller ungesunde Produkte bei Kindern bewerben. Jetzt fordern Ärzte, Wissenschaftler und Verbände ein Verbot.
92 Prozent aller Lebensmittelwerbungen, die Kinder in den Medien sehen, bewerben demnach Lebensmittel, die die Weltgesundheitsorganisation als ungesund einstuft. Im Durchschnitt sehen Kinder zwischen drei und 13 Jahren täglich über 15 Werbungen für ungesunde Lebensmittel.
Je ungesünder das Lebensmittel sei, desto mehr Marketing für die Zielgruppe Kind würde betrieben, sagt Tobias Effertz von der Universität Hamburg. Er hat die Studie im Auftrag der DANK und des AOK-Bundesverbandes durchgeführt.
Werbeintensität nimmt zu
m Vergleich zu 2007 sei die Werbeintensität bei Kindern um 29 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie, deren Ergebnisse noch aus der Zeit vor der Corona-Pandemie stammen. Die Unternehmen haben den Werbedruck auf Kinder bewusst erhöht, sagt Sigrid Peter, stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Vielen Eltern sei gar nicht bewusst, wie viel Werbung für Fast Food oder Süßigkeiten ihre Kinder pro Tag erreiche. „Die schädlichen gesundheitlichen Folgen davon sehen wir täglich in unseren Praxen.“
Übergewicht und Diabetes hätten in den letzten Jahren bei den Kindern stark zugenommen. In Deutschland ist jedes siebte Kind übergewichtig. Die Chancen, dieses Übergewicht im Laufe des Lebens wieder loszuwerden, seien unglaublich schlecht, sagt sie.
Laut der Studie locken Unternehmen Kinder auf ihren Webseiten gezielt zu ungesunden Produkten und versuchen sie dort beispielsweise mithilfe von Spielen lange zu halten. Auch Influencer mit großer Reichweite würden in sozialen Netzwerken für ungesundes Essen werben.
Kinder seien leicht manipulierbar, sagte der Vorsitzende der Deutschen Diabetes Stiftung, Hans Hauner. Sie würden das Gleiche essen wollen wie ihre Idole. Die Marketingstrategen nutzen diese Schwäche der Kinder aus. Werbeaktivitäten in digitalen Medien nehmen rasant zu und sind besonders wirksam.
Dagmar Kazakov sitzt auf dem Boden vor ihrem Kühlschrank und lacht in die Kamera. In der einen Hand hält sie eine volle Müslischüssel, in der anderen Hand eine bunte Packung Frühstücksflocken. Das Foto hat sie auf Instagram hochgeladen.
Darunter schreibt sie: „My head says gym, but my heart says foooood“ („Mein Kopf sagt Sport, aber mein Herz sagt Essen“). 150.000 Likes hat ihr Post erhalten, sechs Millionen Nutzer folgen ihrem Instagram-Kanal. Dagmar Kazakov gehört als „DagiBee“ zu den erfolgreichsten Influencerinnen Deutschlands.
Beiträge wie ihren sieht Hans Hauner allerdings extrem kritisch – vor allem, wenn die Influencer ungesunde Lebensmittel in die Kamera halten. „Influencer-Werbung ist besonders gefährlich, weil sie die Werbung auf PeerGroup-Ebene vermittelt und die Idol-Funktion von Influencern ausgenutzt wird“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Diabetes Stiftung. Er und weitere Kritiker, sowie Ärzte und Fachleute fordert er ein Verbot von Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich direkt an Kinder richtet.