Jugend ohne Kindheit: Du musst sexy aussehen!
Christiane Jurczik
Kurze Röcke, hohe Absätze, tiefe Dekolletés. Studien belegen, dass junge Mädchen sich häufiger darüber definieren, wie sie von anderen gesehen werden.
Schönheit, Kleidung und sexuelle Attraktivität werden zum Maß der Dinge. Bereits pubertierende Mädchen sehen sich als Objekte, deren Hauptaufgabe es ist, den Jungs zu gefallen. Die wiederum haben – bevor sie Sexualität fehlerfrei schreiben können – Zugriff auf alle Arten von Sex im Internet.
Das Schaulaufen findet auf dem Schulhof und in sozialen Netzwerken wie Facebook statt. Die Beliebtheit wird in “Gefällt mir – Klicks“ für jedes neue Foto gemessen. Als besonderer Vertrauensbeweis gilt der Austausch von Nacktfotos, deren Verbreitung nie wieder zu kontrollieren ist. Die Modeindustrie verdient gut daran, dass Mädchen in immer jüngeren Jahren erwachsen aussehen möchten.
Kinder und Jugendliche geben allein in Deutschland jedes Jahr fast 5 Milliarden Euro für Kleidung und Schmuck aus. Auf den Webseiten der 15 bekanntesten amerikanischen Modelabels fällt ein Drittel der Kleidung in die Kategorie “sexy“.
Von Push-Up BHs über String-Tangas bis zum Miniröckchen – alles Kleidung für Erwachsene. Doch der Weg in die Sexualisierung beginnt bereits viel früher: bei unschuldigen Prinzessinnen. Unangefochtener Marktführer in Sachen Prinzessinnen ist Disney - mit mehr als 26.000 Artikeln im Sortiment.
Die Kindheit verkürzt sich
Saleema Noon, Sexualtherapeutin: "Wir haben mit 10- bis 13jährigen begonnen und schnell gemerkt, dass das zu spät ist. Jetzt arbeiten wir mit Neunjährigen, weil die Mädchen immer früher gezwungen sind, sich wie Erwachsene zu verhalten, sie dürfen nicht mehr lange Kinder sein."
Gail Dines, Soziologin: "Eine 13jährige, die heutzutage herausfinden will, was es bedeutet, eine Frau zu sein und all das wahrnimmt, hat nur die Chance eine Frau zu werden nach dem Vorbild von Britney Spears, Paris Hilton, der hypersexualisierte Typ. Entweder sie glaubt an dieses Bild oder sie entscheidet sich dafür, unsichtbar zu sein. Für eine Heranwachsende wäre es aber mehr als ungewöhnlich, sich für die Unsichtbarkeit zu entscheiden."
Die Mädchen von heute haben kein Problem damit, in Klamotten zur Schule zu gehen, die sich kaum vom Bühnen-Outfit ihrer Idole unterscheiden. Und wer nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht oder die falschen Klamotten trägt, muss ständig mit Verbalattacken rechnen.
Je mehr die Mädchen den Wünschen der Jungs nachgeben, desto weniger denken sie an sich selbst. Aber tolles Aussehen und aufreizendes Verhalten haben ihre Idole zu Super-Stars gemacht. Die Botschaft an die Mädchen von heute ist eindeutig: Sei sexy!
Mit Material aus Focus online