Jedes zweite Kind in Deutschland hat Angst vor Armut
Christiane Jurczik
Zwar gibt mehr als die Hälfte von ihnen an, sich gelegentlich, häufig oder immer um die finanzielle Situation ihrer Familie zu sorgen. Doch sie zeigen sich grundsätzlich zufrieden mit ihrer materiellen Ausstattung. Aus zahlreichen Armutsstudien wissen wir aber, dass es etwa jedem vierten Kind kaum möglich ist, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Jedes zweite Kind in Deutschland hat offenbar Angst vor Armut. Bei über 50 Prozent liege der Anteil der Achtjährigen bis 14-Jährigen, die sich immer oder manchmal Sorgen über die finanzielle Lage ihrer Familie machten.
Viele Kinder haben der Studie zufolge nach dem Wechsel von der Grundschule zudem Angst vor Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung. Unter Schülern von Hauptschulen, Sekundarschulen und Gesamtschulen äußerte dem Bericht zufolge jeder Dritte solche Sorgen. Unter Grundschülern fühlten sich acht von zehn in ihrer Schule sicher. Bei den weiterführenden Schulen gebe es lediglich an Gymnasien ähnlich hohe Zustimmungswerte.
Den meisten der befragten Kinder gehe es jedoch auf den ersten Blick gut. Für die meisten gibt es genug zu essen und Platz zum Spielen. So verfügen auch die meisten Wohnungen über ein Badezimmer und mindestens einen Computer. In den Familien haben acht von zehn Kindern ein eigenes Schlafzimmer. Und 88 Prozent hätten einen Familienurlaub gemacht.
Kinder fühlen sich an der eigenen Schule nicht sicher
Neben der Angst vor Armut spielt den Ergebnissen zufolge für viele Schulkinder auch Sicherheit eine Rolle: Viele Heranwachsende fühlten sich an der eigenen Schule nicht sicher. Jeder dritte Schüler habe Angst vor Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung in der Klasse und auf dem Schulhof oder fürchte sich auf dem Schulweg davor, in unangenehme Situationen zu geraten und Gefahren ausgesetzt zu sein.
Fünf Prozent der 8- bis 14-Jährigen gaben an, dass sich niemand in der Familie wirklich um sie kümmere. Unter den 14-Jährigen lag dieser Anteil bei beinahe zehn Prozent. Mit steigendem Alter hätten die Jugendlichen zunehmend den Eindruck, dass sich Lehrkräfte nicht um sie kümmern oder ihnen bei Problemen nicht helfen, hieß es.
Gutes Aufwachsen ist mehr als finanzielle Absicherung
Aus Sicht der befragten Kinder und Jugendlichen gehören zu einem guten Aufwachsen Sicherheit, Zeit mit Eltern und Freunden, Zuwendung und Möglichkeiten der Beteiligung. Die Bertelsmann Stiftung appellierte deshalb an die Politik, Heranwachsende regelmäßig zu befragen und konsequent zu beteiligen. Das so gewonnene Wissen sei für eine bedarfsgerechte Sozial-, Familien- und Bildungspolitik wie auch zur effektiven Bekämpfung von Kinderarmut unverzichtbar.
Für die Studie haben Forscher der Universität Frankfurt gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung im Schuljahr 2017/2018 rund 3450 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 14 Jahren befragt.
Zwei anonyme Kommentare:
Armut, Armutsgefährdung &Co. sind medial befeuert mittlerweile fast schon das größte Thema im Land der Wohlstandskrankheiten. Das färbt natürlich auf die Kinder ab.
Wenn bei einer Hartz IV oder Geringverdiener Familie die Waschmaschine defekt wird, oder das Auto oder der Herd, stürzt das die Familie in Existenznöte. Und solche Dinge passieren nun einmal. Die Kinder bekommen das mit. Wir haben den größten Niedriglohnsektor Europas. Glauben Sie, die Eltern werden nie davon sprechen, dass die Waschmaschine jetzt teuer war und dass deswegen das Kino nicht drin ist? Oder die Fahrt zur Tante? Ist es in Ihren Augen besser, die Kinder in einer Traumwelt leben zu lassen und ihnen dann gar nichts zu erklären, wenn sie fragen, warum geht mein Freund dauernd ins Kino, wir aber fast nie, und warum können wir jetzt Tante Erna doch nicht besuchen? Ehrlichkeit ist für Kinder viel besser als Lügen. Unsere Gesellschaft verarmt, und Bertelsmann sagt, das Existenzminimum ist da, also geht es den Kindern gut. In einem reichen Land! Das muss man sich mal vorstellen!
Mit Informationen aus Zeit-Online und Tagesschau
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