Jedes 5. Kind hat Suizid-Gedanken

(DVCK e.V. Aktion Kinder in Gefahr) Der Lockdown belastet die gesamte Bevölkerung, auch psychisch. Doch Kinder trifft es besonders hart. So berichten immer mehr Ärzte und Fachleute über die steigende Zahl der Selbstmordgedanken bei Kindern und Jugendlichen. Es werden Krisentelefone, Notfallnummern und Chatforen eingerichtet. Aber die Einsamkeit bleibt.

Der angehende Psychologe Bernd Janning, der ehrenamtlich für krisenchat.de arbeitet sagt: "Die Themen Depressionen, Suizidalität, selbstverletzendes Verhalten werden sehr häufig genannt." Demnach liege die Zahl an Kindern mit Selbstmordgedanken bei 20 Prozent.

Krisenchats erkennen Dunkelziffer

Die Zahl könnte sogar viel höher sein. Schließlich suchen sich nicht alle Kinder und Jugendliche Hilfe, obwohl sie sie bräuchten. "Rund 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen berichten uns, dass sie noch nie mit jemandem über dieses Thema gesprochen haben. Und deswegen sehen wir bei krisenchat auch, was es für eine enorme Dunkelziffer gibt und haben mit dem niedrigschwelligen Angebot die Möglichkeit in diese Dunkelziffer reinzukommen, die sonst unerkannt bleibt und leisten damit auch ganz früh schon Prävention und können konkret in Krisen unterstützen", so Janning.

Auch sei die Schwere der Gedanken schlimmer geworden. Fünf Jugendliche verwies Beyer bereits an Kinder- und Jugendpsychiatrien sowie psychosomatische Stationen in der Gegend. Dort betragen die Wartezeiten mittlerweile bis zu sechs Monate. Coronabedingt waren dort Kapazitäten beschränkt, so dass die verstärkte Nachfrage zu einem Patientenrückstau führte.

Krisenchat arbeiten nach eigenen Angaben bundesweit mit 250 geschulten Psychologen und Sozialpädagogen zusammen. „7300 Kinder und Jugendliche haben sich seit Beginn der Pandemie an unsere Whatsapp-Hotline gewendet, es gab insgesamt 15.000 Beratungsgespräche. „Pro Tag sind es zurzeit mehr als 100 Hilferufe, Tendenz steigend.”

Die Probleme, mit denen sich Kinder und Jugendliche an die Experten von krisenchat.de wenden, sind unterschiedlich. Es fängt an bei Liebeskummer und Schulstress, gerade jetzt in Corona-Zeiten. "Wir sehen, dass viele einfach Angst haben in der Situation. Aus ganz verschiedenen Gründen. Es kann Angst sein, sich selbst mit Corona anzustecken oder die Familie anzustecken. Was wir aber viel von Schülerinnen und Schülern sehen, ist eine Angst, nicht mehr mit zu kommen in der Schule und auf sich allein gestellt zu sein. Und dann diese Zukunftsangst, dass sie nicht wissen, wie soll es eigentlich weiter gehen, was passiert, wenn ich jetzt schlecht in der Schule bin", sagte Kai Lanz, Mitgründer von Krisenchat.de.

Mehr negative Gefühle wie Angst und Einsamkeit

Die Wissenschaft bestätigt die Beobachtungen des Psychiaters und der Psychotherapeutin: In der JuCo-II-Studie zum Wohlbefinden und den Zukunftsaussichten von Jugendlichen in der Pandemie gab ein Drittel der Befragten an, sich einsam zu fühlen.

Knapp 60 Prozent der Befragten fühlten sich von Politikern nicht wahrgenommen, ein Fünftel hatte Angst vor der Zukunft. Die Studienautoren schlussfolgern: „Das Wegfallen von sozialen Räumen verändert den Jugendalltag grundlegend. Es nimmt den jungen Menschen auch alltägliche Bewältigungsmöglichkeiten, die für den psycho-sozialen Ausgleich in dieser Lebensphase zentral sind.“