Ist „Gender“ das einzige Problem der neuen Lehrpläne zur Sexualerziehung?
Mathias von Gersdorff
Seit Jahrzehnten wird in Deutschland heftig über die Behandlung von Sexualität im schulischen Unterricht gestritten. Diese Debatte verlief in großen Auf- und Ab-Bewegungen. Doch seit dem Bekanntwerden des baden-württembergischen „Bildungsplanes 2015“ im Jahr 2013 – also schon seit fast vier Jahren - ist das Thema regelmäßig in den Schlagzeilen.
Aufgrund der Tatsache, dass in Deutschland Schulpolitik landespolitische Exklusivität besitzt, wandert das Epizentrum von Bundesland zu Bundesland. Zurzeit ist die Kontroverse am größten in Hessen, nachdem im Spätsommer 2016 ein radikaler Gender-Lehrplan von CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz erlassen worden ist Diese Woche wurde ein Gender-Lehrplan für Sachsens Schulen bekannt. Es ist davon auszugehen, dass die Debatte dort ähnlich scharf geführt wird.
In all diesen Auseinandersetzungen der letzten vier Jahren lag der Fokus beim Thema „Gender“.
Eltern, Elternorganisationen, christliche Organisationen und manchmal auch die Katholische Kirche, wie etwa im Bistum Fulda, gehen auf die Barrikaden, weil sie in den neuen Lehrplänen die Gefahr einer Gender-Indoktrination sehen.
Das war auch der Ansatz der Aktion „Kinder in Gefahr“, die ich leite: Von Anfang an haben wir uns energisch dafür eingesetzt, dass Gender nicht in die Schulen eingeführt wird. Dieser Kampf wird voraussichtlich noch viele Jahre andauern.
Deshalb scheint es uns angebracht, darauf hinzuweisen, dass „Gender“ nicht das einzige Problem der neuen Lehrpläne und im Allgemeinen der Sexualerziehung ist. Bevor „Gender“ überhaupt im Gespräch war, galten bereits Lehrpläne zur Sexualerziehung, die alles andere als akzeptabel waren.
Hier sollen die wichtigsten Kritikpunkte (notwendigerweise knapp) angeführt werden.
1. Die Sexualerziehung ist eigentlich Sache der Eltern und nicht des Staates. Das ist vor allem die Position, die die katholische Kirche vertritt – seit den 1920er Jahren! Wichtigstes kirchliches Dokument zu diesem Thema ist die Enzyklika „Divini illius Magistri“ (Über die christliche Erziehung der Jugend) von Papst Pius XI. Die Sexualerziehung soll zum einen im Elternhaus stattfinden, sie soll zum anderen auch ethische Werte vermitteln. Sie darf sich also nicht auf die biologischen Zusammenhänge beschränken.
Nach katholischer Auffassung verletzt der Staat das Erziehungsrecht der Eltern, wenn er die Sexualerziehung an sich reißt. Vor allem wenn der Staat von laizistischen, sozialistischen und inzwischen neomarxistischen (Gender beispielsweise) Ideen beeinflusst ist, besteht die Gefahr, dass die Schulsexualerziehung in Konkurrenz zur ethisch-religiösen Gesinnung der Eltern (und der Kirche) tritt.
2. Wie oben schon angedeutet, besteht die akute Gefahr, dass die Schulsexualerziehung stark ideologisch und sogar antichristlich gestaltet wird.
Das ist im Falle Deutschlands definitiv der Fall. Hierzulande wurden die Richtlinien für die Sexualerziehung Anfang der 1970er Jahre eingeführt, also im Zuge der sog. „sexuellen Revolution“. Diese Richtlinien wurden ganz im Geiste der „Emanzipatorischen Sexualerziehung“ redigiert. Die Sexualerziehung sollte entsprechend dieser Auffassung bewusst und dezidiert an die Lehre vom Klassenkampf angewandt werden: Ehe und Familie wurden als Horte der Unterdrückung angesehen. Die christliche Sexualmoral war eine Erfindung der „bürgerlich-kapitalistischen“ Klasse, um die Jugend in die Ehe zu treiben und so Arbeitskräfte für den Produktionsprozess zu zeugen.
Erklärtes Ziel der „Emanzipatorischen Sexualerziehung“ war die Befreiung der Jugend von diesem "Joch". Sie sollte sich sexuell frei entfalten. Federführend in der Implementierung dieser Sichtweise von Sexualität in den Schulen war der pädophile Professor Helmut Kentler, wie Hedwig von Beverfoerde kürzlich in einer Mitteilung erklärt hat. Beverfoerde erläutert, dass Kentler auch nach seinem Tod noch großen Einfluss ausübt: "Der Kentler-Schüler Prof. Uwe Sielert, der Kentler als „väterlichen Freund“ bezeichnete, und seine Schülerin Prof. Elisabeth Tuider betreiben heute mit Hochdruck die flächendeckende Einführung dieser Sexualpädagogik."
Die Konzepte zur Sexualerziehung von Anfang der 1970er-Jahre waren dermaßen radikal, dass sie auf starken Widerstand stießen. Im Laufe der Zeit wurde in der Regel (also nicht immer!) der Sexualkundeunterricht moderater gestaltet, als ursprünglich vorgesehen. Dennoch sorgt dieser Unterricht seitdem für Skandale, Proteste, massive Übertretungen des Erziehungsrechts der Eltern und Verletzungen der kindlichen Unschuld. Im Kern sind die Thesen der "Emanzipatorischen Sexualerziehung" in den heutigen Richtlinien enthalten.
Abschließend muss man sich die Frage stellen, ob es möglich ist, den Sexualkundeunterricht zu reformieren.
Falls man die katholische Position vertritt (die auch meine ist), muss man eigentlich auf die Abschaffung der Sexualerziehung als Pflichtfach in der Schule hin arbeiten.
Der Einwand zu dieser Position ist stets, dass viele Eltern gar nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie wollen, dass die Schule ihre Kinder erzieht. Doch dafür ist es nicht notwendig, dass die Sexualkunde in der Schule zur Pflicht gemacht wird.
Doch Sexualkunde als Wahlfach anzubieten, ist auch eine suboptimale Lösung: Zu groß ist die Gefahr, dass dieser Unterricht zur Indoktrination der Kinder missbraucht wird. Das ist genau, was man in den letzten Jahren wieder verstärkt zu tun versucht.
© Mathias von Gersdorff. Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung
Seit Jahrzehnten wird in Deutschland heftig über die Behandlung von Sexualität im schulischen Unterricht gestritten. Diese Debatte verlief in großen Auf- und Ab-Bewegungen. Doch seit dem Bekanntwerden des baden-württembergischen „Bildungsplanes 2015“ im Jahr 2013 – also schon seit fast vier Jahren - ist das Thema regelmäßig in den Schlagzeilen.
Aufgrund der Tatsache, dass in Deutschland Schulpolitik landespolitische Exklusivität besitzt, wandert das Epizentrum von Bundesland zu Bundesland. Zurzeit ist die Kontroverse am größten in Hessen, nachdem im Spätsommer 2016 ein radikaler Gender-Lehrplan von CDU-Kultusminister Ralph Alexander Lorz erlassen worden ist Diese Woche wurde ein Gender-Lehrplan für Sachsens Schulen bekannt. Es ist davon auszugehen, dass die Debatte dort ähnlich scharf geführt wird.
In all diesen Auseinandersetzungen der letzten vier Jahren lag der Fokus beim Thema „Gender“.
Eltern, Elternorganisationen, christliche Organisationen und manchmal auch die Katholische Kirche, wie etwa im Bistum Fulda, gehen auf die Barrikaden, weil sie in den neuen Lehrplänen die Gefahr einer Gender-Indoktrination sehen.
Das war auch der Ansatz der Aktion „Kinder in Gefahr“, die ich leite: Von Anfang an haben wir uns energisch dafür eingesetzt, dass Gender nicht in die Schulen eingeführt wird. Dieser Kampf wird voraussichtlich noch viele Jahre andauern.
Deshalb scheint es uns angebracht, darauf hinzuweisen, dass „Gender“ nicht das einzige Problem der neuen Lehrpläne und im Allgemeinen der Sexualerziehung ist. Bevor „Gender“ überhaupt im Gespräch war, galten bereits Lehrpläne zur Sexualerziehung, die alles andere als akzeptabel waren.
Hier sollen die wichtigsten Kritikpunkte (notwendigerweise knapp) angeführt werden.
1. Die Sexualerziehung ist eigentlich Sache der Eltern und nicht des Staates. Das ist vor allem die Position, die die katholische Kirche vertritt – seit den 1920er Jahren! Wichtigstes kirchliches Dokument zu diesem Thema ist die Enzyklika „Divini illius Magistri“ (Über die christliche Erziehung der Jugend) von Papst Pius XI. Die Sexualerziehung soll zum einen im Elternhaus stattfinden, sie soll zum anderen auch ethische Werte vermitteln. Sie darf sich also nicht auf die biologischen Zusammenhänge beschränken.
Nach katholischer Auffassung verletzt der Staat das Erziehungsrecht der Eltern, wenn er die Sexualerziehung an sich reißt. Vor allem wenn der Staat von laizistischen, sozialistischen und inzwischen neomarxistischen (Gender beispielsweise) Ideen beeinflusst ist, besteht die Gefahr, dass die Schulsexualerziehung in Konkurrenz zur ethisch-religiösen Gesinnung der Eltern (und der Kirche) tritt.
2. Wie oben schon angedeutet, besteht die akute Gefahr, dass die Schulsexualerziehung stark ideologisch und sogar antichristlich gestaltet wird.
Das ist im Falle Deutschlands definitiv der Fall. Hierzulande wurden die Richtlinien für die Sexualerziehung Anfang der 1970er Jahre eingeführt, also im Zuge der sog. „sexuellen Revolution“. Diese Richtlinien wurden ganz im Geiste der „Emanzipatorischen Sexualerziehung“ redigiert. Die Sexualerziehung sollte entsprechend dieser Auffassung bewusst und dezidiert an die Lehre vom Klassenkampf angewandt werden: Ehe und Familie wurden als Horte der Unterdrückung angesehen. Die christliche Sexualmoral war eine Erfindung der „bürgerlich-kapitalistischen“ Klasse, um die Jugend in die Ehe zu treiben und so Arbeitskräfte für den Produktionsprozess zu zeugen.
Erklärtes Ziel der „Emanzipatorischen Sexualerziehung“ war die Befreiung der Jugend von diesem "Joch". Sie sollte sich sexuell frei entfalten. Federführend in der Implementierung dieser Sichtweise von Sexualität in den Schulen war der pädophile Professor Helmut Kentler, wie Hedwig von Beverfoerde kürzlich in einer Mitteilung erklärt hat. Beverfoerde erläutert, dass Kentler auch nach seinem Tod noch großen Einfluss ausübt: "Der Kentler-Schüler Prof. Uwe Sielert, der Kentler als „väterlichen Freund“ bezeichnete, und seine Schülerin Prof. Elisabeth Tuider betreiben heute mit Hochdruck die flächendeckende Einführung dieser Sexualpädagogik."
Die Konzepte zur Sexualerziehung von Anfang der 1970er-Jahre waren dermaßen radikal, dass sie auf starken Widerstand stießen. Im Laufe der Zeit wurde in der Regel (also nicht immer!) der Sexualkundeunterricht moderater gestaltet, als ursprünglich vorgesehen. Dennoch sorgt dieser Unterricht seitdem für Skandale, Proteste, massive Übertretungen des Erziehungsrechts der Eltern und Verletzungen der kindlichen Unschuld. Im Kern sind die Thesen der "Emanzipatorischen Sexualerziehung" in den heutigen Richtlinien enthalten.
Abschließend muss man sich die Frage stellen, ob es möglich ist, den Sexualkundeunterricht zu reformieren.
Falls man die katholische Position vertritt (die auch meine ist), muss man eigentlich auf die Abschaffung der Sexualerziehung als Pflichtfach in der Schule hin arbeiten.
Der Einwand zu dieser Position ist stets, dass viele Eltern gar nicht in der Lage sind, diese Aufgabe zu übernehmen. Sie wollen, dass die Schule ihre Kinder erzieht. Doch dafür ist es nicht notwendig, dass die Sexualkunde in der Schule zur Pflicht gemacht wird.
Doch Sexualkunde als Wahlfach anzubieten, ist auch eine suboptimale Lösung: Zu groß ist die Gefahr, dass dieser Unterricht zur Indoktrination der Kinder missbraucht wird. Das ist genau, was man in den letzten Jahren wieder verstärkt zu tun versucht.
© Mathias von Gersdorff. Vervielfältigung nur mit schriftlicher Genehmigung