Islamismus im Visier des Jugendmedienschutzes
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Das neue Mitteilungsblatt der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“, BPJM Aktuell (4/2015), widmet dem Islamismus und seinem Einfluss in Jugendmilieus großen Raum. Das Thema ist dem Jugendschutz nicht ganz neu, doch anscheinend will man ihm nun eine größere Bedeutung zumessen.
In den Beiträgen wird der Frage nachgegangen, was Jugendliche veranlasst, sich radikalislamischen Gruppierungen und Ideologien anzuschließen und wie sie mit diesen in Berührung kommen.
Die muslimische Religionslehrerin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Autorin von „Warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen“, gibt zwei Gründe für die Radikalisierung von Jugendlichen an: 1. Den Frust und die Wut „über eine als ungerecht empfundene Behandlung durch die Gesellschaft oder die eigene Familie“ und 2. die „Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Wertschätzung.“
Kaddor bestreitet, dass besonders benachteiligte oder besonders gläubige Personen sich radikalisieren würden. Die Biographien seien zu vielfältig und würden diese Schlussfolgerung nicht zulassen. (Dieser Feststellung Kaddors wird vom Psychologen Ahmad Mansour in seinem neuen Buch „Generation Allah“ widersprochen. Mansour ist der Auffassung, dass die Radikalisierung durchaus in ganz bestimmten soziologischen Segmenten muslimischer Jugendlicher stattfindet).
Für Kaddor ist das Gefühl der Ausgrenzung entscheidend, dass immerwährend empfunden wird, entscheidend für die Entfaltung der Hassgefühle, die zur Radikalisierung führen: „Das Gefühl der Ausgrenzung kann durch wiederholt negative Erlebnisse in der Schule, mit der Polizei, mit Ämtern, mit einer Supermarktkassiererin oder Ärztin genährt werden.“
Viele Betroffene sind in der Lage, diese Ausgrenzung zu überwinden bzw. sich nicht von ihr beeinflussen zu lassen. Doch nicht alle schaffen das und werden so zum Ziel des Salafismus: „An dieser Stelle kommen die salafistischen Vordenker ins Spiel, die eine Ideologie anbieten, mit der sich diese Mangelgefühle scheinbar kompensieren lassen und die am Ende die Möglichkeit bieten, diesen Wunsch nach Rache umzusetzen.“
Die Salafisten empfangen Neulinge mit offenen Armen und geben ihnen ein ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl, was die Integration in die stark hierarchische Struktur erleichtert. Nicht selten entsteht unter den Neulingen ein Wettbewerb, wer der Frömmste oder am treusten die Ideale des Salafismus verinnerlicht hätte. Ergriffen von dieser Stimmung entschließen sich manche, nach Syrien zu reisen und sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen.
Laut Kaddor präsentiert der Salafismus den Islam als eine Ideologie, die die ablehnende Haltung, die der junge Muslim schon vor dem Eintritt gegenüber der Gesellschaft in seinem Inneren verspürte, rechtfertigt. Mit anderen Worten: Die Grundlagen der Radikalisierung sind schon vor dem ersten Kontakt mit dem radikalen Islam angelegt. Der Salafismus unternimmt lediglich eine „Ernte“ unter den jungen Muslimen, die schon aus problematischen Verhältnissen kommen. Die wachsende Islamfeindlichkeit in der Gesellschaft infolge der Terrorattentate verstärkt bei den Jugendlichen das Gefühl der Entfremdung, was die Rekrutierung der Salafisten erleichtert.
Petra Meier, stellvertretende Vorsitzende der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“, erläutert einige Beispiele von radikalislamischen Produktionen, die von dieser Behörde indiziert worden sind.
Meistens sind es Videoclips, die an junge Menschen gerichtet sind. Typische Inhalte sind die Verherrlichung des Märtyrertodes oder dschihadistische Kampflieder (Nashids). Diese Videos sind hochprofessionell mit der offensichtlichen Intention produziert, Jugendliche zu radikalisieren und zu rekrutieren.
Einer der bekanntesten Sänger ist „Abu Talha Al-Almani“, ein Rapper, der sich vor seiner Konversion zum radikalen Salafismus „Deso Dogg“ nannte.
Im Video „Al Jannah Al Jannah“ (Vom Boden der Ehre) singt er: „Ich wünsch mir den Tod und kann ihn nicht erwarten, bewaffnet mit Bomben und Granaten […]/Ich zünd die Bombe inmitten der Menge, drück auf den Knopf, Al Jannah Al Jannah“.
Der Prediger „Abu Abdullah“ dreht Videos mir Texten wie: „Das sechste Geschenk, was Allah […] dem Shahid, dem Märtyrer gibt, ist, dass er beim ersten Blutstropfen, wenn er getroffen wird von den, von den Satanen, menschlichen Satanen, hat Allah […]“.
Shaykh Ahmad Shush schreibt in seiner Broschüre „Ein Schrei … Unterstützend unseren Propheten (saws)“ (das ist der richtige Name) unter anderem: „Die Feinde der Propheten, Diener der Lust, Hersteller des Unheils und Händler der Kriege. Sie haben keine Religion, keine Prinzipien und keine Moral. Sie sind Tiere, von welchen die Tiere des Dschungel fliehen. Denn sie sind minder als die Tiere und schmutziger als Ratten. […] So, wer den Beleidiger tötet, der wird belohnt und wer getötet wird ohne es zu schaffen, den Beleidiger zu töten, wird zum Shahid (Märtyrer) bei Allah. Aufgrund dessen ist das Blut von jedem erlaubt, von dem bestätigt wird, dass er den Propheten Muhammad – Allahs Segen und Frieden seien auf ihm - beleidigte. Dieser wird würdelos getötet und von ihm wird keine Ausrede oder Entschuldigung angenommen. So rettet ihn nichts vor der Tötung, außer, dass er Muslim wird …“
Diese Art von Verherrlichung des Märtyrertods rechtfertigt die Gewalt und gibt ihr einen höheren Sinn, so Petra Meier. Zudem steht die rasche Aussicht auf das Paradies, in welchem der Märtyrer 72 Jungfrauen zum Lohn bekommen wird. Abu Abdullah: „Und die Frauen, die haben richtig hammerfette Sachen im Paradies. […] Deswegen, die Frauen im Paradies, die werden richtig fett chillen[…]“.