<strong>Immer mehr Kinder sind selbstbezogene Narzissten</strong>

<p>Christiane Jurczik</p> <p>ICH, ICH, ICH, und dann kommt lange nichts. Kinder neigen immer mehr dazu narzisstische Verhaltensweisen anzunehmen. Sie sind selbstbezogen, selbstverliebt, nicht Kritik fähig, haben eine niedrige Frustrationstoleranz sind egoistisch und verhalten sich anderen gegenüber verachtend. Übertriebenes Lob der Eltern verstärkt und fördert diese Einstellung. Ihre Eltern sehen sie als makellos und fehlerfrei – das glauben sie dann auch und sind dadurch ständig auf der Suche nach weiterem Lob und Anerkennung. Auch für Dinge, die einem normalen Mittelmaß entsprechen.</p> <p>Zwei Kriterien sind bei dieser Entwicklung zu beachten: Zu einem sind die Eltern selbst narzisstisch und übertragen ihr Verhalten auf das Kind. Zum anderen loben oder kritisieren sie ihr Kind extrem oft. Diese übertriebene und ständige Art zu loben ist weit verbreitet weil Eltern zu oft Lob mit Liebe verwechseln. Dadurch entwickeln sich die meisten narzisstischen Kinder. Studien konnten belegen, dass Kinder, deren Eltern sie für schlauer, hübscher oder außergewöhnlicher als andere hielten, später narzisstische Tendenzen entstehen.</p> <p>Mit der übertriebenen Fürsorge und übersteigerten Fixierung träumen sich so manche Eltern in eine Fantasie der “Außergewöhnlichkeit des eigenen Kindes“ hinein, halten es für besonders intelligent und schön. Auch nehmen sie ihren Kindern jedes Problem ab um die daraus möglichen Enttäuschungen von ihnen fernzuhalten. Sie packen es in Watte und erfüllen so manche (zusätzliche, exklusive) Wünsche und Überraschungen zur Freude des Kindes. Diese angeblich verdienten Privilegien des Kindes, die diese Eltern ihrem Nachwuchs zuschreiben und die auch rücksichtslos eingefordert werden, dienen aber auch den Eltern als eine Art der Selbstaufwertung. Damit machen sie nicht nur ihre Kinder, sondern auch sich selbst zu etwas Besonderem.</p> <p>Leider besteht diese narzisstische Neigung dann ein Leben lang. Sie haben schlechte Sozialkompetenzen und nach der Schule scheint kein Beruf gut genug zu sein. Ebenso sind dadurch auch Beziehungen fast unmöglich weil ja wieder kein Partner gut genug ist. Studien haben ergeben, dass in Deutschland etwa 35 Prozent der Eltern mit dieser Ausprägung aus überschätztem Selbstwert ihre Kinder groß ziehen. So werden immer mehr Kinder sogenannte “Ich-Linge“. Ein ganz normales Leben mit einem durchschnittlichen Job und normalen Freunden reicht nicht aus um diesen anerzogenen Ego zu befriedigen.</p> <p>So werden 25 Prozent aller Kinder im Laufe ihrer Schulzeit verhaltensauffällig und leiden an vielen psychosomatischen Problemen. Seit 2005 hat sich die Zahl verdoppelt und steigt stetig an. Gewalttätigkeit, Ängste, Mobbing nehmen zu. Emotional instabil können sie ihre Emotionen und die Reize aus der Umgebung nicht gut selbst regulieren oder Herausforderungen bewältigen. Sie sind durch die einhergehende innere Anspannung und mangelnde Konzentration schlechter in der Schule, erklärt Psychologin Katharina Ohana dem Focus vom 15.03.22.</p> <p>Narzisstische Erwachsene drängen sich im Job unaufgefordert in den Vordergrund, unterdrücken ihre Partner und sind ständig auf der Suche nach Bestätigung. Wenn sie diese nicht bekommen, kann es sogar zu Depressionen und Suchtverhalten kommen. Kinder sollten von ihren Eltern lernen, sich nicht nur mit anderen zu vergleichen, sondern die eigenen Stärken und Schwächen realistisch einzuschätzen. Nur weil sie etwas besser können als Gleichaltrige, sind sie ihnen deswegen nicht überlegen.</p>