
Immer mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss: Bildungssystem unter Druck
Die Zahl der Jugendlichen in Deutschland, die die Schule ohne einen Abschluss verlassen, ist im Jahr 2023 erneut gestiegen. Laut einer aktuellen Analyse des Bildungsforschers Klaus Klemm beendeten rund 56.000 Schüler ihre allgemeinbildende Schulzeit ohne einen Hauptschulabschluss – das entspricht 7,2 Prozent ihres Jahrgangs.
Die Entwicklung ist alarmierend: Seit dem Jahr 2020 hat sich die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss bundesweit um 1,3 Prozentpunkte erhöht. Besonders deutlich zeigen sich dabei die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Während Hamburg als einziges Bundesland einen leichten Rückgang der Quote verzeichnete (von 7,2 auf 6,4 Prozent), liegt Sachsen-Anhalt mit 12,6 Prozent am oberen Ende der Skala. Bayern wies mit 5,3 Prozent den niedrigsten Wert auf.
Auch nach Schulform unterscheiden sich die Zahlen erheblich. Ein großer Teil der Jugendlichen ohne Abschluss – etwa 40 Prozent – kam von Förderschulen. Weitere 20 Prozent verließen Gesamtschulen ohne Abschluss. Der Anteil der Hauptschulen lag bei etwas mehr als zehn Prozent.
Deutliche Unterschiede zeigen sich zudem zwischen den Geschlechtern: Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen. Nur rund 39,6 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss waren weiblich. Auch die Staatsangehörigkeit spielt eine Rolle: Während bei Jugendlichen mit deutscher Staatsbürgerschaft etwa sechs Prozent ohne Abschluss blieben, lag die Quote bei ausländischen Jugendlichen bei 13,8 Prozent.
Ein Blick auf die langfristige Entwicklung macht die Problematik noch deutlicher: Zwischen 2014 und 2023 stieg die Quote der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss um insgesamt 1,4 Prozentpunkte.
Klaus Klemm warnt in seiner Analyse vor den gesellschaftlichen Folgen dieses Trends. Die hohe Zahl der Schüler ohne Abschluss sei „eine mehr als beunruhigende Vergeudung“, betont der Forscher. Gerade angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels könne sich Deutschland diesen Verlust an Potenzial nicht leisten. Zudem seien die beruflichen Aussichten für junge Menschen ohne Schulabschluss in der Regel deutlich schlechter – sowohl was die Chancen auf einen Ausbildungsplatz als auch auf dem Arbeitsmarkt betrifft.
Besonders kritisch bewertet Klemm die Tatsache, dass sich diese Entwicklung in direktem Widerspruch zu den Zielen des Dresdner Bildungsgipfels von 2008 befindet. Damals hatten Bund und Länder beschlossen, den Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss bis 2015 auf vier Prozent zu halbieren – ein Ziel, das bislang klar verfehlt wurde.