Hospizbewegung gegen Sterbehilfe
Stellungnahme des DHPV zum Verbot gewerblicher und organisierter Formen der Beihilfe zum Suizid
Grundposition des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV)
Die Hospizbewegung betrachtet das menschliche Leben von seinem Beginn bis zu seinem Tod als ein Ganzes und das Sterben als einen Teil des Lebens. Im Zentrum der hospizlichen Sorge stehen die Würde des Menschen am Lebensende, die Verbundenheit mit dem Sterbenden und die Beachtung seiner Autonomie. Voraussetzung hierfür sind die personale anteilnehmende Sorge, die weitgehende Linderung von Schmerzen und Symptomen durch eine palliativärztliche und palliativpflegerische Versorgung sowie eine psychosoziale und spirituelle Begleitung der Betroffenen und Angehörigen, soweit und wie diese gewünscht wird. Der in der Bevölkerung verbreiteten Angst vor Würdeverlust in Pflegesituationen und bei Demenz sowie vor unerträglichen Schmerzen und Leiden ist durch eine Kultur der Wertschätzung gegenüber kranken und sterbenden Menschen sowie flächendeckende Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung zu begegnen.
Forderung nach Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid sowie der Werbung für diese Gelegenheiten
Der DHPV begrüßt die Diskussion um ein Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid. Keinesfalls darf es politische und gesetzlich eröffnete Optionen geben, die diesen Formen der Beihilfe zum Suizid und der Werbung dafür Legitimation verleihen. Ein - wie schon in der letzten Legislaturperiode angestrebtes - alleiniges Verbot der gewerblichen Beihilfe zum Suizid ist unzureichend, denn es verhindert nicht, dass Angebote für organisierte Formen der Beihilfe zur Selbsttötung geschaffen werden, etwa unter Vorspiegelung einer altruistischen Motivation.
Begründet ist die Forderung nach einem umfassenden Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid nicht zuletzt durch die staatliche Schutzpflicht, wie sie sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergibt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“ Das Maß dieser Schutzpflicht wird durch Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes bestimmt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Daraus ergibt sich zum einen das Verbot, den Wert des Lebens eines anderen Menschen in Frage zu stellen oder gar dieses Urteil in seinem Handeln umzusetzen. Zum anderen verpflichtet es, das Bewusstsein der unabdingbaren und unantastbaren Würde gerade in den Lebenslagen und Situationen aufrecht zu erhalten und zu stützen, in denen Menschen in besonderer Weise verletzlich sind.
Daher bedarf es vor allen anderen Dingen der Förderung einer Kultur der Wertschätzung eines Lebens unter Bedingungen von Pflege, schwerer Krankheit und Demenz. Diese Kultur hat sich in der Sprache ebenso wiederzufinden wie in der öffentlichen Rede, die heute noch verbreitet von der Dehumanisierung derartiger Lebensbedingungen geprägt ist. Sie hat sich auch in entsprechenden sowohl von der Zivilgesellschaft getragenen als auch sozialstaatlich garantierten Formen der menschlichen und fachlichen Unterstützung niederzuschlagen.
Die Nöte und Ängste schwerstkranker und sterbender Menschen sowie ihrer Angehörigen ernst nehmen
Der Wunsch, bei schwerer Krankheit sein Leben zu beenden, hat Gründe. Häufig ist es die Angst vor Schmerzen und vor dem Alleinsein, die Angst davor, die Selbstbestimmung zu verlieren und anderen zur Last zu fallen. Die Betonung der Selbstbestimmung im Zusammenhang mit Ängsten verkehrt sich aber ohne personale Zuwendung und Beziehung schnell in ihr Gegenteil: der angebotene „selbstbestimmte“ Ausweg vergrößert den Druck auf schwerkranke Menschen, anderen nicht zur Last zu fallen und Angebote zur assistierten Selbsttötung in Anspruch zu nehmen. Deshalb darf in keinem Fall die Tür zu einem gesellschaftlich geebneten Weg zur assistierten Selbsttötung und zur Tötung auf Verlangen geöffnet werden.
Die beschriebenen Ängste und der daraus resultierende Todeswunsch müssen ernst genommen werden. Beidem ist mit Verständnis und Zuwendung zu begegnen. Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich in der Hospiz- und Palliativversorgung tätig sind, machen täglich die Erfahrung, dass durch entsprechende Schmerz- und Symptomkontrolle, durch menschliche Begleitung sowie das Eingehen auf Ängste und Sorgen der Wunsch nach assistiertem Suizid in den Hintergrund tritt.
Leitbild der sorgenden Gesellschaft und Ausbau der Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung
In einer Gesellschaft des langen Lebens, in der die Zahl der auf fremde Hilfe angewiesenen Menschen ebenso zunimmt wie die Angst, dass für einen nicht gesorgt sein wird, in einer Zeit, die von Zeitknappheit und Mobilität geprägt ist, müssen die Voraussetzungen für die Sorgefähigkeit der Gesellschaft – kulturell und infrastrukturell – in den Vordergrund der politischen und gesellschaftlichen Bemühungen gerückt werden. Dazu gehört auch, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, der weitere Ausbau der Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung.
Die aktuelle Diskussion sollte auch dazu führen, die politischen Anstrengungen um Sorgestrukturen vor Ort, um eine grundsätzliche Reform der Pflegesicherung und den Ausbau hospizlicher Hilfen und palliativer Versorgung – endlich – mit der gebotenen Priorität zu verfolgen. Nur so wird glaubhaft, dass schwerstkranke und sterbende Menschen Teil der Gesellschaft sind, in ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst genommen werden und darüber hinaus der Staat in seiner Schutzfunktion ausreichend wahrgenommen wird.
Dies greift auch die "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland" (Charta) auf. Ziel der im Jahr 2010 durch Vertreterinnen und Vertreter von 50 bundesweiten gesellschafts- und gesundheitspolitischen Organisationen und Institutionen konsentierten Charta ist es, dass jeder Mensch am Ende seines Lebens unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung, seiner jeweiligen persönlichen Lebenssituation oder seinem Lebens- bzw. Aufenthaltsort eine qualitativ hochwertige, multiprofessionelle hospizliche und palliativmedizinische Versorgung und Begleitung erhält. Nur so kann den Bestrebungen nach einer Legalisierung der Tötung auf Verlangen oder der Beihilfe zum Suizid durch eine Perspektive der Fürsorge und des Miteinanders entgegen gewirkt werden.
Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V. (DHPV) vertritt die Belange schwerstkranker und sterbender Menschen. Er ist die bundesweite Interessensvertretung der Hospizbewegung sowie zahlreicher Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Deutschland. Als Dachverband der überregionalen Verbände und Organisationen der Hospiz- und Palliativarbeit sowie als Partner im Gesundheitswesen und in der Politik steht er für über 1000 Hospiz- und Palliativdienste und -einrichtungen, in denen sich mehr als 100.000 Menschen ehrenamtlich, hauptamtlich und bürgerschaftlich engagieren.
Grundposition des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV)
Die Hospizbewegung betrachtet das menschliche Leben von seinem Beginn bis zu seinem Tod als ein Ganzes und das Sterben als einen Teil des Lebens. Im Zentrum der hospizlichen Sorge stehen die Würde des Menschen am Lebensende, die Verbundenheit mit dem Sterbenden und die Beachtung seiner Autonomie. Voraussetzung hierfür sind die personale anteilnehmende Sorge, die weitgehende Linderung von Schmerzen und Symptomen durch eine palliativärztliche und palliativpflegerische Versorgung sowie eine psychosoziale und spirituelle Begleitung der Betroffenen und Angehörigen, soweit und wie diese gewünscht wird. Der in der Bevölkerung verbreiteten Angst vor Würdeverlust in Pflegesituationen und bei Demenz sowie vor unerträglichen Schmerzen und Leiden ist durch eine Kultur der Wertschätzung gegenüber kranken und sterbenden Menschen sowie flächendeckende Angebote der Hospiz- und Palliativversorgung zu begegnen.
Forderung nach Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid sowie der Werbung für diese Gelegenheiten
Der DHPV begrüßt die Diskussion um ein Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid. Keinesfalls darf es politische und gesetzlich eröffnete Optionen geben, die diesen Formen der Beihilfe zum Suizid und der Werbung dafür Legitimation verleihen. Ein - wie schon in der letzten Legislaturperiode angestrebtes - alleiniges Verbot der gewerblichen Beihilfe zum Suizid ist unzureichend, denn es verhindert nicht, dass Angebote für organisierte Formen der Beihilfe zur Selbsttötung geschaffen werden, etwa unter Vorspiegelung einer altruistischen Motivation.
Begründet ist die Forderung nach einem umfassenden Verbot aller Formen der gewerblichen und organisierten Beihilfe zum Suizid nicht zuletzt durch die staatliche Schutzpflicht, wie sie sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergibt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“ Das Maß dieser Schutzpflicht wird durch Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes bestimmt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ Daraus ergibt sich zum einen das Verbot, den Wert des Lebens eines anderen Menschen in Frage zu stellen oder gar dieses Urteil in seinem Handeln umzusetzen. Zum anderen verpflichtet es, das Bewusstsein der unabdingbaren und unantastbaren Würde gerade in den Lebenslagen und Situationen aufrecht zu erhalten und zu stützen, in denen Menschen in besonderer Weise verletzlich sind.
Daher bedarf es vor allen anderen Dingen der Förderung einer Kultur der Wertschätzung eines Lebens unter Bedingungen von Pflege, schwerer Krankheit und Demenz. Diese Kultur hat sich in der Sprache ebenso wiederzufinden wie in der öffentlichen Rede, die heute noch verbreitet von der Dehumanisierung derartiger Lebensbedingungen geprägt ist. Sie hat sich auch in entsprechenden sowohl von der Zivilgesellschaft getragenen als auch sozialstaatlich garantierten Formen der menschlichen und fachlichen Unterstützung niederzuschlagen.
Die Nöte und Ängste schwerstkranker und sterbender Menschen sowie ihrer Angehörigen ernst nehmen
Der Wunsch, bei schwerer Krankheit sein Leben zu beenden, hat Gründe. Häufig ist es die Angst vor Schmerzen und vor dem Alleinsein, die Angst davor, die Selbstbestimmung zu verlieren und anderen zur Last zu fallen. Die Betonung der Selbstbestimmung im Zusammenhang mit Ängsten verkehrt sich aber ohne personale Zuwendung und Beziehung schnell in ihr Gegenteil: der angebotene „selbstbestimmte“ Ausweg vergrößert den Druck auf schwerkranke Menschen, anderen nicht zur Last zu fallen und Angebote zur assistierten Selbsttötung in Anspruch zu nehmen. Deshalb darf in keinem Fall die Tür zu einem gesellschaftlich geebneten Weg zur assistierten Selbsttötung und zur Tötung auf Verlangen geöffnet werden.
Die beschriebenen Ängste und der daraus resultierende Todeswunsch müssen ernst genommen werden. Beidem ist mit Verständnis und Zuwendung zu begegnen. Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich in der Hospiz- und Palliativversorgung tätig sind, machen täglich die Erfahrung, dass durch entsprechende Schmerz- und Symptomkontrolle, durch menschliche Begleitung sowie das Eingehen auf Ängste und Sorgen der Wunsch nach assistiertem Suizid in den Hintergrund tritt.
Leitbild der sorgenden Gesellschaft und Ausbau der Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung
In einer Gesellschaft des langen Lebens, in der die Zahl der auf fremde Hilfe angewiesenen Menschen ebenso zunimmt wie die Angst, dass für einen nicht gesorgt sein wird, in einer Zeit, die von Zeitknappheit und Mobilität geprägt ist, müssen die Voraussetzungen für die Sorgefähigkeit der Gesellschaft – kulturell und infrastrukturell – in den Vordergrund der politischen und gesellschaftlichen Bemühungen gerückt werden. Dazu gehört auch, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, der weitere Ausbau der Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung.
Die aktuelle Diskussion sollte auch dazu führen, die politischen Anstrengungen um Sorgestrukturen vor Ort, um eine grundsätzliche Reform der Pflegesicherung und den Ausbau hospizlicher Hilfen und palliativer Versorgung – endlich – mit der gebotenen Priorität zu verfolgen. Nur so wird glaubhaft, dass schwerstkranke und sterbende Menschen Teil der Gesellschaft sind, in ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst genommen werden und darüber hinaus der Staat in seiner Schutzfunktion ausreichend wahrgenommen wird.
Dies greift auch die "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland" (Charta) auf. Ziel der im Jahr 2010 durch Vertreterinnen und Vertreter von 50 bundesweiten gesellschafts- und gesundheitspolitischen Organisationen und Institutionen konsentierten Charta ist es, dass jeder Mensch am Ende seines Lebens unabhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung, seiner jeweiligen persönlichen Lebenssituation oder seinem Lebens- bzw. Aufenthaltsort eine qualitativ hochwertige, multiprofessionelle hospizliche und palliativmedizinische Versorgung und Begleitung erhält. Nur so kann den Bestrebungen nach einer Legalisierung der Tötung auf Verlangen oder der Beihilfe zum Suizid durch eine Perspektive der Fürsorge und des Miteinanders entgegen gewirkt werden.
Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V. (DHPV) vertritt die Belange schwerstkranker und sterbender Menschen. Er ist die bundesweite Interessensvertretung der Hospizbewegung sowie zahlreicher Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Deutschland. Als Dachverband der überregionalen Verbände und Organisationen der Hospiz- und Palliativarbeit sowie als Partner im Gesundheitswesen und in der Politik steht er für über 1000 Hospiz- und Palliativdienste und -einrichtungen, in denen sich mehr als 100.000 Menschen ehrenamtlich, hauptamtlich und bürgerschaftlich engagieren.