Framing: Beeinflussung für einen „guten Zweck“?

Nina Stec

Der Begriff „Framing“ stammt ursprünglich aus der Kommunikationswissenschaft und war in der Alltagssprache noch vor wenigen Jahren nahezu unbekannt. Jetzt sorgt ein kürzlich publik gewordenes 89 Seiten umfassendes Dokument namens „Framing Manual“ für Aufruhr. Das Handbuch der Linguistin Elisabeth Wehling von der kalifornischen Universität Berkeley wurde bereits 2017 durch die ARD in Auftrag gegeben und kostete 120.000 Euro. Es handelt sich bei dem Werk um ein Gutachten darüber, wie man durch Frames die ARD in der öffentlichen Wahrnehmung wieder beliebter machen und vor allem den häufig kritisierten, da verpflichtenden Rundfunkbeitrag (ehemals GEZ-Gebühr) in ein positiveres Licht rücken könne.

Framen (englisch frame „Rahmen“) bedeutet, dass etwa bei der medialen Darstellung von Ereignissen und Themen diese von vornerein in ein Deutungsraster eingebettet werden, sodass die Informationen nicht neutral, sondern u. A. unter Hervorhebung einzelner auserwählter Aspekte, oder mit eigenen Interpretationen und moralischen Bewertungen versehen, wiedergegeben werden. Man geht davon aus, dass eine Aussage, je nachdem wie sie sprachlich verpackt wird, von den Rezipienten unterschiedlich aufgenommen wird. So befindet auch die Autorin des umstrittenen Dokumentes, Wehling: "Entgegen dem gängigen Mythos entscheidet der Mensch sich nicht aufgrund 'objektiver' Abwägung von Fakten für oder gegen Dinge", denn "objektives, faktenbegründetes Denken gibt es nicht."

Framing geschieht durch die bewusste Verwendung bestimmter Wörter und Sprachbilder mit dem Ziel, die Meinung der „Geframten“ zu beeinflussen, ist also letzten Endes nichts anderes als Manipulation in eigenem Sinne. In Politik und in der Werbung ist Framing, wenn auch nicht unter diesem Begriff, gewissermaßen ein „alter Hut“: eine Partei möchte gewählt werden und ein Hersteller sein Produkt verkaufen, dafür wird das Eigene als besonders gut beworben und etwas anderes unter Umständen als schlechter dargestellt. Im Falle der ARD geht es vor allem darum, sich gegen Kritik zu verteidigen, indem eher negativ besetzte Dinge und Begriffe durch andere, positivere ersetzt werden. Die Deutschen sollen die ARD und ihre Mitfinanzierung nicht mehr als „unerwünschten Zwang“ wahrnehmen, sondern als Beteiligung an einem guten gemeinsamen Projekt begreifen, wie es bereits im Untertitel des Handbuches „Unser gemeinsamer, freier Rundfunk ARD“ anklingt, der bereits einen Frame darstellt. Wehling empfiehlt der ARD außerdem, statt „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ die wohlklingendere Bezeichnung „Gemeinwohlsender“ zu verwenden.

Wichtig sei auch, nicht die Frames der Gegner zu übernehmen, sondern sozusagen „zurückzuframen“, um ihre negativen Frames zu zerstören. So sollen etwa Rundfunkbeitragzahlungsunwillige als "demokratiefern" bezeichnet werden, die diesen „guten Zweck“ für alle geringschätzen. Es gibt also „gute und schlechte Frames“, so hatte sich Wehling bereits vor „Framing Manual“ ablehnend gegenüber politischen Frames, vor allem von konservativer Seite geäußert und beklagte etwa, dass Metaphern wie „Flüchtlingswelle“ zu einer verzerrten Wahrnehmung in der Bevölkerung geführt hätten.

Sicher beeinflusst Sprache Wahrnehmung und Denken und folglich den Diskurs über eine Angelegenheit, jedoch verändert sie damit nicht zwangsläufig die Sache selbst. Das anzunehmen wäre eine Überschätzung ihrer Macht und würde ferner bedeuten, dass es keine objektiven Fakten gäbe.

Sollte ein Sender, der sich selbst den Anspruch gibt, für alle Menschen in einer pluralistischen Gesellschaft da zu sein, nicht eine gewisse Neutralität und Sachlichkeit wahren, also den Rezipienten zutrauen, einen eigenen Standpunkt zu finden, um mit Fakten umzugehen? Sollte es ein Sender nicht einfach aushalten können, wenn sich der Empfänger aus den erhaltenen Informationen eine andere Meinung bildet als die eigene? Was wäre denn so schlimm daran?

Quellen:

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