Einsamkeit in Deutschland: Jugendliche überdurchschnittlich betroffen
Maximilian Klieber
Ein Viertel der Bevölkerung leidet unter Einsamkeit! Mehr Jugendliche als Senioren betroffen, trotz höherer Zahl an sozialen Kontakte.
Im Laufe des Lebens neigen die sozialen Kontakte dazu, sich zu reduzieren, insbesondere im Alter. Aber heute fühlen sich nicht nur ältere Menschen von der Gesellschaft und ihren Mitmenschen abgeschnitten.
Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention in Leipzig, die von der Deutsche-Bahn-Stiftung unterstützt wurde, leidet ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung unter starken Gefühlen der Einsamkeit. Überraschenderweise ist das Phänomen der sozialen Isolation nicht allein auf ältere Menschen beschränkt, sondern betrifft auch eine beträchtliche Anzahl junger Erwachsener. Die Umfrage ergab, dass ein Viertel der deutschen Erwachsenen (25%) angeben, sich sehr einsam zu fühlen. Besonders alarmierend ist, dass bei Menschen, die an Depressionen leiden, sogar jeder Zweite (50%) von intensiver Einsamkeit betroffen ist.
Dies verdeutlicht, wie eng Einsamkeit und Depressionen miteinander verknüpft sein können. Einsamkeit zeigt sich nicht immer in der tatsächlichen Anzahl der sozialen Kontakte. Zum Beispiel fühlten sich 21% der Menschen im Alter von 60 bis 69 Jahren sehr einsam, obwohl 40% von ihnen angeben, nur null bis vier Kontakte an einem durchschnittlichen Wochentag zu haben. Im Gegensatz dazu hatten jüngere Menschen im Alter von 18 bis 59 Jahren durchschnittlich mehr soziale Kontakte. Dennoch gaben 26% von ihnen an, sich häufig sehr einsam zu fühlen. Die Umfrage ergab auch, dass unter den Menschen mit Depressionen die Mehrheit (53%) ein starkes Gefühl der Einsamkeit verspürt. Selbst diejenigen, die über gute Sozialkontakte verfügen, leiden häufiger unter intensiver Einsamkeit als nicht depressive Menschen.
Die Krankheit kann das Gefühl auslösen, von der Umwelt und den Mitmenschen abgeschnitten zu sein, selbst wenn man von Familie und Freunden umgeben ist. Depressive Menschen haben oft weniger soziale Kontakte, was häufig auf ihren sozialen Rückzug zurückzuführen ist. 82% der Befragten berichteten von diesem Rückzug, der durch Kräfteverlust, den Wunsch nach Ruhe oder das Gefühl, eine Belastung für andere zu sein, verursacht wird. Trotzdem gaben mehr als vier von fünf Befragten an, im privaten Umfeld Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Depression zu erhalten.
Die beste Unterstützung, die Angehörige leisten können, ist die Organisation eines Arzttermins und gegebenenfalls die Begleitung der Betroffenen dorthin, riet der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention, Ulrich Hegerl. Nachdem die Depression nachlässt, gewinnen Betroffene oft ihre Lust und Energie zurück, um ihre sozialen Kontakte zu pflegen. Insgesamt zeigt die Studie, dass 86% der Befragten das Gefühl haben, dass heute mehr Menschen einsam sind als vor zehn Jahren. Die Umfrage umfasste 5.196 Menschen im Alter von 18 bis 69 Jahren und wurde im September durchgeführt.
Die Ergebnisse dieser Umfrage unterstreichen die Dringlichkeit, die Herausforderungen im Zusammenhang mit Einsamkeit und Depressionen anzugehen. Es ist an der Zeit, in der Gesellschaft ein größeres Bewusstsein für diese Probleme zu schaffen und Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen in Not zu unterstützen und ihnen zu helfen, sich weniger isoliert zu fühlen. Nur durch gemeinsame Anstrengungen und eine breite Sensibilisierung können wir die Epidemie der Einsamkeit in Deutschland bekämpfen.