Kinderreiche Familien in der Mitte der Gesellschaft
(PM Verband kinderreicher Familien e. V. ) Geringer politischer Stellenwert wird der gesellschaftlichen Bedeutung Kinderreicher nicht gerecht
Mönchengladbach / Berlin: „Die derzeitige Familienpolitik unterschätzt die Bedeutung kinderreicher Familien für die demographische Entwicklung und verkennt die Bedarfe von 893.000 Familien mit drei und mehr minderjährigen Kindern, die es derzeit in Deutschland gibt“, resümiert Dr. Elisabeth Müller, Bundesvorsitzende des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. die aktuell von der Konrad Adenauer Stiftung herausgegebene Studie „Drei Kinder und mehr – Familien aus der Mitte der Gesellschaft“. Die Studie wurde erstellt vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) unter der Leitung von Forschungsdirektor Dr. Martin Bujard und wurde am Mittwoch, 26. Juni 2019, in Berlin vorgestellt. Laut der Studie wachse der Anteil der kinderreichen Frauen mit mittlerer und höherer Bildung. Bereits in den Jahrgängen der von 1965 bis 1969 Geborenen liege der Anteil derer, die über einen mittleren oder hohen Abschluss verfügen, bei 73 Prozent. Ebenso deutlich falle das Fazit bei einem Blick auf die Väter aus. Fast jeder dritte kinderreiche Vater verfüge über einen hohen Bildungsabschluss. „Die Kinderreichen kommen aus der Mitte der Gesellschaft“, so Müller. „Sie pauschal als prekär zu stigmatisieren oder als veraltetes Lebensmodell abzustempeln wird weder ihrer Leistung noch ihrem gesellschaftlichen Gewicht gerecht“, so Müller.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Politik ihren Fokus auf die Familien der Mittelschicht legen müsse, wenn sie Politik für Kinderreiche machen wolle. „Eltern von mehr als drei Kindern stolpern nicht in ihren Lebensentwurf, sondern wünschen sich eine große Familie und leben mit Freude die Verantwortung“, so Müller. Die Studie weist nach, dass „Kinderreichtum für viele jüngere Paare der Mittelschicht attraktiv sein kann“ und dass sich eine Politik für kinderreiche Familien stärker an den Bedürfnissen der Mittelschicht orientieren müsse. „Bisher jedoch hat die Verbesserung der Lebenssituation kinderreicher Familien noch nicht den politischen Stellenwert, der ihrer großen gesellschaftlichen Bedeutung angemessen wäre“, schreiben die Autoren. Als politische Konsequenz müsse es eine deutliche Wertschätzung der von kinderreichen Familien erbrachten Leistungen geben. Familienpolitische Maßnahmen dürften nicht auf Armut enggeführt sein, sondern sollten die ganze Bandbreite der familiären Situation erfassen. Gerade für Kinderreiche müsse an einem „Gleichklang von Zeit-, Geld- und Infrastrukturpolitik“ gearbeitet werden. „Für uns bestätigt die Studie, was wir aus der jahrelangen Arbeit für Kinderreiche kennen: Vielfalt, Leidenschaft und das Gefühl, sich trotzdem immer rechtfertigen zu müssen“, fasst Müller zusammen.
Bujard und sein Forscherteam benennen als Gründe für den Rückgang der Mehrkindfamilien neben der späteren Familiengründung und dem „Ankommen im Beruf“ kulturelle Gründe. Es habe sich durch Werbung, Medien und Kinderbücher eine Zwei-Kind-Norm etabliert. Daneben führe das Leitbild der „verantworteten Elternschaft“ zu einem enormen Selbstanspruch der Eltern, der vielen den Mut zu einer größeren Familie nehme.
Im Jahr 2016 wuchsen 33 Prozent der zehnjährigen Kinder in Haushalten mit zwei oder mehr Geschwistern auf. „Die Erziehungsleistung von Eltern in Mehrkindfamilien stellt einen enormen Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft dar, der sich nicht im Bruttosozialprodukt unseres Landes als erbrachte Leistung spiegelt“, sagt Müller und verweist darauf, dass „diese Leistung mit überproportionalen Belastungen bei den Verbrauchssteuern, einer geringen Anerkennung in der Rentenberechnung und schwierigen Bedingungen bei der Wohnungssuche und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ einhergehe.