Drogenkonsum auf Instagram - Ein Angstblocker wird die Lieblingsdroge der Jugendlichen und die Konsumenten werden immer jünger.
(Aktion Kinder in Gefahr - DVCK e.V.) Schweizer Jugendliche klauen die Beruhigungsmittel ihrer Mütter, kaufen Antidepressiva im Darknet und brechen in Apotheken ein.
Auch in der Musikszene in den USA bewegen sich Protagonisten musikalisch zwischen Trap und Emo und feiern Drogen als ihr größtes Hobby. Allen voran verschreibungspflichtige Medikamente wie den Angstlöser Xanax oder Purple, auch Lean genannt, ein Cocktail aus Limonade und lilafarbenem Codein haltigem Hustensaft. Zwei der Substanzen, die an der aktuellen Drogenkriese in den USA großen Anteil haben: Mindestens 59.000 Amerikaner sollen im letzten Jahr an einer Überdosis gestorben sein. Das sind 161 Menschen am Tag. Der Präsident Donald Trump hat deshalb den Gesundheitsnotstand ausgerufen.
Nun macht sich das Medikament auch in der deutschen Musikszene breit. Wo kommt es her und wie wirkt es? Ausgerechnet Angstblocker sind zum Lifestyle-Gadget geworden und gehört für viele Jugendliche zum Alltag.
Den Anfang nimmt Xanax in der Popszene vor 15 Jahren in den USA. In Memphis erwähnt der Rapper Lil Wyte zum ersten Mal "Xanax Bars" in seinem Song "Oxy Cotton". Mit enorm steigenden Verschreibungszahlen entwickelt sich das Präparat Anfang der 2000-er zu einem Nachfolger des Beruhigungsmittels Valium. Die günstigen Preise für die Pillen auf dem Schwarzmarkt machen sie schnell zu einem Massenproblem. 17.000 Menschen wurden 1995 in den USA in die Notaufnahme eingeliefert, weil sie eine Xanax-Überdosis genommen hatten - 2012 sind es schon rund 130.000. HipHop-Superstars wie Eminem, der auf seinem Album "Relapse" 2009 Xanax thematisiert und Tyler, The Creator schreiben Xanny-Lines. Bis heute ist der Konsum um ein vielfaches angestiegen. Und er wird öffentlich im Netz glorifiziert.
Die Art und Weise, wie die Rapper ihren Drogenkonsum inszenieren, ist umso gefährlicher, da ihr Publikum so jung ist.
Xanax ist ein starkes Medikament, ein Mittel gegen Angststörungen und Panikattacken. Alprazolam, der Wirkstoff darin, gehört zu den Benzodiazepinen und ist verschreibungspflichtig in den USA und Deutschland. Der amerikanische Pharmakonzern Pfizer entwickelte in den 1970er-Jahren Alprazolam. In den USA verkauft es das Unternehmen als Xanax, in Deutschland unter dem Namen Tafil. Menschen in extremen seelischen Notsituationen bekommen es, zum Beispiel wenn sie unter akuten schweren depressiven Episoden leiden oder unter starken Angstattacken.
Dr. Stefan Gutwinski, Oberarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité in Berlin, ordnet ein, in welchen Situationen Menschen das Arzneimittel eigentlich verschrieben wird. Aus seiner täglichen Erfahrung mit Depressionspatienten weiß er, wie Alprazolam wirkt und was im Körper passiert:
"Benzodiazepine sind angstlösend, beruhigend und dämpfend. Sinneseindrücke werden vermindert stark wahrgenommen. Xanax wurde für psychiatrische Akut-Patienten entwickelt, die sich in starken Erregungszuständen befinden, weil es schon nach 30 Minuten wirkt. Es hat dennoch ein hohes Suchtpotential."
Von Nervenzusammenbrüchen und Heulkrämpfen
In Facebook-Gruppen tauschen sich Tausende über ihr Leben mit Drogen aus. Bisher galt der Grundsatz: Keine Schwäche zeigen. Nun entsteht ein neuer Typ Rapper: emotional, suizidal, narzisstisch, expressiv, traurig und drauf. Gesichtstätowiert, mehr murmelnd als sprechend, klagt er über Ausweglosigkeiten. Labil und immer kurz vor dem Nervenzusammenbruch erzählt er von einem Amerika, das trotz hochkarätiger Goldketten und Designerklamotten nur betäubt zu ertragen ist. Das Märchen vom Selfmade-Man hält keinen mehr vom Selbstmord ab. Der amerikanische Traum ist jetzt verschreibungspflichtig.
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