Die Folgen von Übergewicht bei Kindern sind gravierend

(Aktion Kinder in Gefahr - DVCK e.V.) Mehr als jeder zehnte Erstklässler in Hessen ist zu dick. Deutschlandweit ist es fast jedes siebte Kind. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der übergewichtigen Kinder stark angestiegen. Die Stiftung Kindergesundheit warnt vor lebenslangen Folgen.

Die Auswirkungen der Fettsucht/Adipositas sind gravierend und reichen oft bis ins hohe Alter.

Eine Adipositas im Säuglings- oder Kindesalter kann vorübergehend sein. Doch nicht jeder „Babyspeck“ verwächst sich. Je älter das Kind wird, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Zustand im Erwachsenenalter bestehen bleibt. Ausschlaggebend ist nicht nur das Ausmaß des Übergewichts. Also je übergewichtiger das Kind, desto wahrscheinlicher setzt sich die Adipositas im Erwachsenenalter fort - auch die Vorbelastung durch adipöse Eltern spielt eine Rolle.

Bei übergewichtigen Kindern im Alter von sechs bis neun Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Leben als dicke Erwachsene führen werden, bei 55 Prozent. Das Risiko ist damit im Vergleich zu normalgewichtigen Kindern zehnmal so hoch. Übergewichtige Kinder zwischen zehn und 14 Jahren sind zu 67 Prozent gefährdet, auch im Erwachsenenalter mit Adipositas kämpfen zu müssen.

Die Liste der Spätfolgen reicht von Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall bis hin zu Leberzirrhose, einige Krebsarten, Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems. Auch Depressionen und psychische Belastungen können mit Übergewicht in der Kindheit einhergehen.

Das Risiko Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden steige demnach um das 3,5-fache für fettsüchtige Jugendliche im Vergleich zu normalgewichtigen Gleichaltrigen im Laufe von vierzig Jahren. Ebenfalls steige das Risiko für psychische Auffälligkeiten um das 2,5-fache bei adipösen Kindern. Die Lebenserwartung sinkt durch das zusätzliche Gewicht um sechs bis acht Jahre. "Das bedeutet, dass eine schwer ausgeprägte Adipositas das Leben stärker verkürzt als manche bösartige Erkrankung.", erklärt Professor Berthold Koletzko Leiter der Kinder- und Jugendmedizin am Haunerschen Kinderspital in München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit.

Ebenfalls warnt die Stiftung Eltern davor, davon auszugehen, dass sich zusätzliche Pfunde verwachsen können. "Leidet ein Kind oder ein Jugendlicher unter Adipositas, wird sich sein Gewicht später in aller Regel nicht wieder normalisieren", sagt Professor Koletzko.

Auslöser für Übergewicht in der Kindheit sind der Stiftung Kindergesundheit zufolge Werbung, leicht zugängliche Lebensmittel zu jeder Zeit, Bewegungsmangel und zuckerhaltige Getränke. Besonders speziell an Kinder gerichtete Werbung im Fernsehen und sozialen Medien beeinflusse nachweislich die Bevorzugung von dickmachenden Produkten.

Ein großes Hindernis bei der Aufklärung über gesundes Ess- und Trinkverhalten sei die Lobbyarbeit, die gesetzliche Regulierungen blockieren. So gebe es keine einheitliche Kennzeichnung der Lebensmittelqualität durch Symbole. Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt Eltern ihre Kinder schon frühzeitig an das Wasser-Trinken zu gewöhnen. Zuckerhaltige Getränke, wie Eistee oder Limonade sollten Ausnahmen sein.

"Wichtig sind auch regelmäßige Bewegungsaktivitäten in Kitas, Schulen und in der Freizeit", erklärt Professor Koletzko. "Kinder und Jugendliche sollten sich mindestens 90 Minuten am Tag bewegen. Die Eltern sollten außerdem die Nutzung audiovisueller Medien ihrer Kinder auf höchstens zwei Stunden am Tag begrenzen (je nach alter)."

Für die Analyse untersuchte die Stiftung 416 Studien mit mehr als 160 Millionen Kindern und Jugendlichen aus 200 Ländern.

Frühzeitige Schäden

Starkes Übergewicht hat aber auch eine soziale und seelische Komponente, insbesondere dann, wenn das Körpergewicht die Teilnahme an sportlichen oder anderen altersgemäßen Aktivitäten behindert. Die daraus entstehenden psychosozialen Probleme für betroffene Kinder und Jugendlichen, aber auch der Verlust an Lebensqualität machen es ratsam und notwendig, eine rechtzeitige Beratung und Behandlung einzuleiten.

Neben den gesundheitlichen Folgen der Adipositas müssen die Betroffenen auch mit der sozialen Ablehnung einer Gesellschaft „im Schlankheitswahn” leben. Kinder und Jugendliche haben oft keine Hemmungen, andere zu hänseln oder zu verspotten. Aber auch Eltern und Lehrer stehen Übergewicht häufig kritisch gegenüber und neigen zu Vorurteilen. Nicht selten werten sich übergewichtige Kinder auch selbst ab. Stress, Ängste und Depressionen sind mögliche Folgen. Die gedemütigten Kinder versuchen sich häufig mit Süßigkeiten und Chips zu trösten und geraten damit in einen Teufelskreis, den sie ohne verständnisvolle Hilfe nicht allein durchbrechen können.

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