David Bergers Hetzschrift „Der heilige Schein“: Persönliche Ressentiments und zusammengegoogelte Halbwahrheiten
Mathias von GersdorffDavid Berger berichtet auf Seite 20 seiner Hetzschrift - im Kapitel mit dem bezeichnenden Titel „Religiöse Tugend oder sexuelle Erfüllung“ - wie die Lektüre des Romans „Jeder Mensch in seiner Nacht“ des homosexuellen Schriftstellers Julien Green zum Schlüsselerlebnis in der Entdeckung und Bejahung seiner eigenen Homosexualität wurde.
Er schreibt dazu: „Nach nur wenigen Seiten schlüpfte ich fast vollständig in die Rolle des Protagonisten Wilfred, eines jungen Mannes, dessen nächtliche Seite ganz von der sündigen Begierde beherrscht wird. Diese Begierde entlädt sich in wilden sexuellen Exzessen, in denen er alles um sich herum vergißt. Daneben existiert eine ganz andere Seite, die geprägt ist von einem ebenso hingebungsvoll ausgelebten Katholizismus feierlicher Gottesdienste und tief zerknirschter Beichten. Über all dem steht jedoch Wilfreds innere Zerrissenheit zwischen sexueller Erfüllung und religiöser Tugend.“
Etwas später schildert er sogar, wie er 1989 - am Anfang seines Studiums – einem anderen jungen Mann ewige Liebe und Treue geschworen hat.
Berger beginnt trotz seiner Homosexualität damit, Kreise, die der alten Liturgie – der sog. Tridentinischen Messe – anhängen, zu frequentieren. Doch nicht nur das: Auch beruflich dringt er in diese Kreise, die er als „homophob“ bezeichnet, ein und baut seine materielle Existenz darin auf. Man fragt sich unwillkürlich, was im Kopf dieser Person wohl vorgeht.
Nachdem er viele Jahre, sieben sogar als Chefredakteur der konservativen Monatszeitschrift „Theologisches“, eine Art „Doppelleben“ praktizierte, schreibt er eine Hetzschrift und poltert gegen fast alle, denen er irgendwann in diesen Kreisen begegnet ist oder zumindest davon gehört hat.
Man muß wissen, daß David Berger mit Erfolg Theologie studiert hat. Er selbst schreibt, daß ihm das Studium leicht fiel. Er promovierte in Scholastik und konnte oft über die Theologie des Hl. Thomas von Aquin publizieren.
Es ist also unmöglich, daß er die Lehre der katholischen Kirche hinsichtlich der Homosexualität nicht kannte. Ebenso kann ihm nicht entgangen sein, daß „konservative“ Kreise diese Lehre ernst nehmen und deshalb Homosexualität entsprechend dem Katechismus der Katholischen Kirche beurteilen, also als etwas in sich Ungeordnetes bewerten.
Wenn er tatsächlich der Meinung war, angesichts seiner homosexuellen Liaison ein Doppelleben führen zu können, drängt sich bei der Lektüre relativ früh die Vermutung auf, daß er als Maulwurf agierte und Material sammelte, um danach einen Rundumschlag gegen alle konservativen Katholiken zu präsentieren. Dabei beschränkt er sich keineswegs auf Gruppen, die den überlieferten Ritus der Messe pflegen, sondern polemisiert gegen alles, was er rechts von der Mitte verortet, unabhängig davon, ob sie der „alten Messe“ anhängen oder nicht.
Dieser Umstand ist möglicherweise durch eine Forderung des Verlags Ullstein verursacht. Dem Mammutunternehmen reichte wohl eine Attacke auf die Zeitschrift „Theologisches“ und auf die Priestergemeinschaften, die die klassische Liturgie pflegen, nicht aus. Ein solches Projekt würde kaum die Verkaufserwartungen eines Verlagshauses wie Ullstein erfüllen können. Deshalb mußte er wohl den Kreis seiner „Feinde“ erweitern. Auf diese Weise konnte der Verlag die Hetzschrift als „Schwarzbuch katholische Kirche“ (so die Rückseite des Buchcovers) auf den Markt bringen: eine groteske Übertreibung, die nur jemand ernst nehmen kann, der sich im katholischen, insbesondere im konservativen Milieu überhaupt nicht auskennt.
Das Resultat ist eine Mischung aus persönlichen Erfahrungsberichten, insbesondere Begegnungen mit Priestern und Theologen sowie zusammengegoogelte Halbwahrheiten.
Hinsichtlich der persönlichen Schilderung kommt man nicht umhin zu vermuten, daß er die letzten Jahren als „Maulwurf“ agiert hat. À la Günter Wallraff scheint er ein Tagebuch geführt zu haben, um später ein „Enthüllungsbuch“ schreiben zu können. Günter Wallraff hat das freilich immerhin noch als „Opfer“, als Leidender getan: Berger war aber als Chefredakteur der wichtigsten theologischen Zeitschrift des konservativen Spektrums und als Dozent an katholischen Instituten zugleich Protagonist dessen, was er in seinem Buch angreift. Wäre er glaubwürdig, müßte er ein aufrichtiges „Mea Culpa“ ablegen, weil er so lange dem „homophoben Milieu“ angehört hat. Gewisse Begegnungen sind im Detail und in einer Weise beschrieben, daß sie wohl kaum ohne die Absicht einer späteren Veröffentlichung stattgefunden haben.
Möglicherweise entstand der Entschluß, eine Brandschrift zu schreiben, als seine Homosexualität zum Thema in Internetforen wurde, was etwa im Jahr 2007 der Fall war. Seitdem scheint er systematisch Tagebuch geführt und recherchiert zu haben.
Gleichwohl sind viele Informationen lediglich zusammengegoogelt. Was er beispielsweise über Organisationen wie die „Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum“ (TFP) schreibt, ist dermaßen lückenhaft und teilweise schlichtweg falsch, so daß er sich offenbar nicht einmal der Mühe unterzog, die von ihm in der Literaturliste angegebenen Bücher zu lesen. Manche seiner absurden Unterstellungen übernahm er offensichtlich aus mehr oder weniger unseriösen Internetforen. Es ist schon erstaunlich, daß ein Verlag wie Ullstein sich zur Veröffentlichung eines solchen Pamphlets hinreißen läßt.
Das Buch versucht, ein Milieu zu „enthüllen“, das tendenziell bereits ein Auslaufmodell ist. Durch das Motu Propio „Summorum Pontificum“ von Papst Benedikt XVI. wurde die „Alte Messe“, die tridentinische Liturgie, generell
wieder zugelassen. Seitdem wird dieser Ritus mehr und mehr zur Normalität. Die Klandestinität, die Berger diesem Ritus zuschreibt, ist längst Vergangenheit.
Linken Medien und Journalisten, die stets Nahrung für ihre antikatholischen Ressentiments benötigen, wird das eine Zeitlang egal sein und sie werden Berger wie das jüngste „Opfer“ der „verstaubten Moral“ der katholischen Kirche hofieren. Armer verirrter Mann!