MdB Norbert Geis zum Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt
Norbert Geis, MdB, im Blog der CDU/CSU Fraktion im Bundestag
In dieser Woche haben wir endlich den Gesetzentwurf zur vertraulichen Geburt
verabschieden können. Seit 1999, also seit Einführung der Babyklappen,
bemühen wir uns im Parlament , sowohl für die Babyklappe als auch die
anonyme Geburt eine gesetzliche Regelung zu finden. Dies gelingt auch
mit diesem Gesetzentwurf nicht, aber er stellt die vertrauliche Geburt
als Angebot neben die anonyme Geburt und die Babyklappe.
Es ist ein menschlicher Ausnahmezustand, in dem sich diese Mütter
unmittelbar nach der Geburt befinden. Sie bekommen ein Kind, das sie,
aber besonders oft eben auch der Partner, nicht haben wollen. Aus der
Hilflosigkeit und Verzweiflung entsteht die Bereitschaft und der
Gedanke, das Kind in eine Babyklappe zu legen bzw. anonym auszusetzen.
Im schlimmsten Fall kommt es zur Tötung.
Die Babyklappe kann und darf aber keine Dauerlösung sein. Dies schon
allein deshalb nicht, weil die Mutter völlig allein, ohne Unterstützung
einer ausgebildeten Kraft, das Kind zur Welt bringt. Dies birgt für
Mutter und Kind unkalkulierbare Gefahren. Die Skepsis gegenüber der
Babyklappe liegt aber auch darin begründet, dass die Mutter später keine
Chance mehr hat, mit dem Kind Kontakt aufzunehmen und weil das Kind
niemals mehr erfahren kann, wer seine Mutter, wer seine Eltern sind.
Wegen all dieser Gefahren haben freie und kirchliche Träger und vor
allem Krankenhäuser die anonyme Geburt angeboten. Hier kann die Frau
unter ärztlicher Aufsicht und Mitwirkung von Fachkräften ihr Kind zur
Welt bringen. Das Kind wird dann in die Fürsorge und die Vormundschaft
des Jugendamtes gestellt. Bei der anonymen Geburt ist es der Mutter nach
wie vor möglich, Kontakt mit ihrem Kind zu haben.
Der Entwurf verbietet die Babyklappe und die anonyme Geburt also
zunächst nicht. Dies, obwohl es Missstände gibt und gute Argumente dafür
sprechen, ein Verbot der Babyklappe oder der anonymen Geburt
auszusprechen. Die Betreiber von Babyklappen unterliegen keinen festen
Standards und bewegen sich oft in einer rechtlichen Grauzone. Der
Gedanke, dass hier Handel mit Kindern betrieben wird, ist naheliegend.
Ziel des Entwurf ist es daher, nach einer 3-jährige Evaluation zu
entscheiden, ob die beiden Möglichkeiten für die Anonymität der Frau bei
einer Geburt erhalten bleiben oder verboten werden müssen. In diesem
Entwurf geht es allein darum, die Anonymität der Mutter im Regelwerk
einer vertraulichen Geburt zu sichern und zugleich das Interesse des
Kindes an der Kenntnis seiner eigenen Identität umzusetzen. Das Wohl des
Kindes muss aber bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen.
Es ist ein Grundrecht des Kindes seine Herkunft zu erfahren. Aus
vielen Studien wissen wir, dass es ganz entscheidend für die Entwicklung
der eigenen Identität darauf ankommt, zu wissen, wer Vater und Mutter
sind. In dem jetzt vorliegenden Entwurf der vertraulichen Geburt wird
der Versuch unternommen, dem Bedürfnis der Mutter, anonym zu bleiben und
zugleich dem Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung
Rechnung zu tragen, einen vernünftigen Ausgleich zu finden.
Da die Anonymität zunächst für die betroffene Frau in ihrer Not von
aller größter Bedeutung ist, sieht das Gesetz das Angebot einer
anonymen Beratung vor. Anlaufstellen für diese Beratung sind die
Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Durch entsprechende Werbung
und durch die Online-Dienste rund um die Uhr, ist es der in Not
geratenen, schwangeren Frau möglich, jederzeit kurzfristig zu einer
solchen Beratungsstelle vermittelt zu werden.
In der Beratung wird die Frau darauf hingewiesen, welch entschiedenes
Grundrecht das Kind auf Kenntnis seiner Herkunft hat und welche Rechte
auch dem Vater zustehen. Will die Frau dennoch anonym bleiben, kann sie
das Kind mit ärztlicher Betreuung zur Welt bringen. Das Jugendamt nimmt
das Kind in Obhut und übernimmt die Vormundschaft.
Gibt die Frau aber im Laufe der Beratung die Anonymität auf, dann
gelten die im Gesetz dafür vorgesehenen Regelungen. Das Kind kann
demnach nach 16 Jahren Einsicht in die Personalien der Mutter erhalten
und damit Auskunft über seine Herkunft erhalten. Nur unter ganz
bestimmten Voraussetzungen kann die Mutter diesem Recht widersprechen.
Mit dieser Regelung der so genannten vertraulichen Geburt ist es nach
meiner Auffassung gelungen, das Bedürfnis der Mutter nach Anonymität
und das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft in einen
angemessenen Ausgleich zu bringen.