Bundestag entscheidet über PID
Der Deutsche Bundestag wird am 7. Juli 2011 über die künftige Regelung der Präimplantationsdiagnostik (PID) entscheiden. Es stehen drei Anträge zur Auswahl. Ein Totalverbot, also die Beibehaltung des Status quo, fordert der Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer (CSU) und Birgit Bender (Grüne). Dieser Antrag wird zur Zeit von 196 Abgeordneten unterstützt. Eine relativ großzügige Zulassung fordern Peter Hintze (CDU) und Ulrike Flach (FDP) und erhielten bislang 220 Unterschriften weiterer Abgeordneter. René Röspel (SPD) und Priska Hinz (Grüne) wollen eine Zulassung unter relativ strengen Bedingungen – 35 Abgeordneten unterstützen diesen Antrag. 170 Abgeordnete sind noch unentschlossen, der Ausgang der Abstimmung ist somit ungewiß. Es ist aber davon auszugehen, daß der Bundestag am 7. Juli eine endgültige Entscheidung treffen wird.Seit Monaten führen die diversen Lebensrechtsgruppen Initiativen gegen eine eventuelle Liberalisierung der PID durch. Seit Jahren gab es kein Lebensrechtsthema, das dermaßen intensiv die Öffentlichkeit aufgerüttelt hat.
Die Aktion SOS LEBEN der „Deutschen Vereinigung für eine Christliche Kultur“ (DVCK e.V.) wandte sich am Anfang des Jahres mit einer Protestaktion an Peter Hintze. Er war der erste Politiker, der eine Liberalisierung gefordert und einen Antrag dafür entworfen hat. Die war skandalös, da kurz zuvor der Bundesparteitag der CDU ein Verbot von PID beschlossen hatte. SOS Leben argumentierte in seinem Rundbrief mit dem Aufruf zur Teilnahe an der Initiative: „Es ist fast wie ein schlechter Witz: Hintze forderte die Freigabe der PID unmittelbar nach dem Bundesparteitag der CDU vom 14 – 16. November 2010 in Karlsruhe, wo ein Verbot von den Delegierten beschlossen wurde. Man fragt sich unwillkürlich, wieso die CDU überhaupt noch solche teuren Mammut-Veranstaltungen organisiert, wenn deren Beschlüsse ein paar Tage danach in den Wind geschlagen werden.“
Die Protestnote von SOS LEBEN an Hintze – die von Tausenden von Bundesbürgern unterschrieben wurde - lautete:
Ich bin über die Tatsache erschüttert, daß Sie, ein Politiker der Christlich Demokratischen Union, einen Antrag in den Bundestag eingebracht haben, der die Legalisierung der zur Zeit verbotenen Präimplantationsdiagnostik vorsieht. Eine solche Liberalisierung wäre eine weitere Mißachtung des Lebensrechtes der Ungeborenen in Deutschland. Bemerkenswert ist der Zeitpunkt, den Sie gewählt haben, um Ihr Vorhaben der Öffentlichkeit bekannt zu geben: Unmittelbar nach dem Bundesparteitag der CDU im vergangenen Herbst, als sich die Delegierten glücklicherweise für ein Verbot ausgesprochen haben. Just zu einem Zeitpunkt, als Ihre Partei den Versuch unternahm, ihr christliches Profil etwas aufzubessern, kamen Sie mit einem Gesetzesprojekt, das genau das Gegenteil bewirkt.
Ich möchte Sie bitten, Ihre Haltung zur Präimplantationsdiagnostik zu überdenken und Ihren Antrag im Bundestag zurückzuziehen. Ebenso möchte ich Sie bitten, sich in der Öffentlichkeit für ein Verbot der PID einzusetzen, um so den Schaden, den Sie angerichtet haben, zumindest teilweise rückgängig zu machen.
In der Debatte um die PID wies „SOS LEBEN“ stets auf den Zusammenhang zwischen PID und Abtreibungspraxis hin: „Viele Befürworter der Untersuchung argumentieren, es sei widersinnig, PID zu verbieten, wenn der Embryo später ohnehin abgetrieben werden kann.
Die Abtreibungsregelung ist also offenbar für die Parlamentarier die Norm für die ethische Evaluation von PID. Selten hinterfragen sie aber, ob die Straffreiheit der Abtreibung richtig ist oder nicht. Für die Befürworter von PID ist der ungehinderte Zugang zu einer Abtreibung offenbar für alle Zeiten festgelegt und es darf nicht daran gerüttelt werden. Mit dieser Gewißheit im Rücken beurteilen sie weitere Fragen hinsichtlich des Lebensrechts, die aufkommen. Zur Zeit ist es eben die PID, dessen einziger Sinn die Überprüfung der Gesundheit des Embryos vor seiner Einpflanzung ist. Würde eine Krankheit festgestellt, könnte nur entschieden werden, auf die Einpflanzung zu verzichten und den Embryo zu entsorgen.
Besonders absurd argumentierte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): Ein völliges Verbot stünde im Widerspruch zum bereits geltenden Fortpflanzungsrecht. Diese Argumentation ist bedenklich, da der Begriff Fortpflanzungsrecht im juristischen Sinne gar nicht existiert, obwohl er in supranationalen Institutionen Europas oder in den Vereinten Nationen immer wieder verwendet wird. Für die Bundesjustizministerin wäre eine Zulassung von PID eine logische Folge der getroffenen Regelungen zur Abtreibung aus dem Jahr 1995. Dass damals die Abtreibung weiterhin als illegal eingestuft wurde – gleichwohl straffrei – spielt für die FDP-Frau offenbar keine Rolle in der Beurteilung von PID.“
Viele andere Initiativen mobilisierten gegen eine Liberalisierung von PID.
Auch die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) beteiligten sich von Anfang an der Debatte um die mögliche Zulassung von PID und gaben zu bedenken: „Die CDL wendet sich entschieden gegen die Argumentation, die Zulassung der PID würde den Eltern ein Ja zum Kind erleichtern. Sie stellt diese vielmehr im Gegenteil vor neue, äußerst schwere Gewissensentscheidungen. Eltern würden durch Zulassung der PID unter wachsenden gesellschaftlichen Druck geraten, Kinder mit Defekten oder Behinderungen nicht auf die Welt kommen zu lassen. Sie fördert sogar die Tendenz, bei Risiko Nachwuchs nur noch PID-kontrolliert künstlich "herzustellen", wie in anderen Ländern bereits zu beobachten ist. PID ist damit pure Diskriminierung von Behinderten und Selektion von lebenswerten und "lebensunwerten" Embryonen. Sie untergräbt das uneingeschränkte Recht auf Leben für jeden Menschen, unabhängig von Gesundheit und Lebensphase. Sie ist daher auch mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar.“
Die „Aktion Lebensrecht für alle“ (ALFA e.V.) erklärte: „Die PID führt zu einer Selektion von Menschen, die nicht den Normen der gesunden, leistungsfähigen Gesellschaft entsprechen. Sie kann zu keiner Therapie führen, sondern nur zur Tötung“.
Felizitas Küble im Rahmen der Vereins Christopheruswerk setzte sich vorbildhaft für die Vernetzung der diversen Aktionen und Initiativen ein.
In seinen Aktionen wie Günter Annen, von der „Europäischer Bürgerinitiativen zum Schutze des Lebens und der Menschenwürde“, daß die Politiker sich nicht Nützlichkeitsdenken und von einem "vermeintlichen Recht auf ein gesundes Kind" leiten lassen dürfen.
Im Endspurt waren insbesondere Durchblick (Thomas Schührer) und die Zivile Koalition (Hedwig Freifrau von Beverfoerde) in einer gemeinsamen E-Mail-Initiative aktiv. Hedwig Freifrau von Beverfoerde erklärte: „An der PID-Frage wird sich entscheiden, ob der deutsche Gesetzgeber - die Vertreter unseres Volkes - 66 Jahre nach Ende der Nazi-Schreckenszeit die Tür zur systematischen Optimierung und Verzweckung des menschlichen Lebens wieder zu öffnen bereit sind. Wenn die Präimplantationsdiagnostik (PID) zugelassen und Menschen im frühesten Entwicklungsstadium nach Gesundheitskriterien selektiert und getötet werden können, gibt es kein fundamentales Argument mehr, solche Kriterien künftig nicht auch in anderen Lebensphasen, z.B. bei Altersgebrechlichkeit, Demenz oder schwerer Krankheit anzuwenden.“
Tiqua e.V. sammelte Unterschriften seit September 2010 und übergab sie an den Bundestagsabgeordneten Johannes Singhammer der CSU. In einer Presseerklärung erläuterte der Verein: „Die Unterschrifteninitiative fordert ein striktes „Nein zur Selektion von Menschen“ und ein eindeutiges PID-Verbot.“
Nahezu alle Lebensschutzorganisationen in Deutschland setzten sich in der einen oder anderen Weise für ein Verbot ein. Hier seien noch Kaleb und „Stoppt-PID-und-Klonen“ erwähnt.