Bundespräsident Horst Köhler warnt vor Verklärung der DDR

Anläßlich der Veranstaltung „Für Demokratie und Freiheit" mit 60 Gymnasiasten auf Schloß Bellevue am 11. März 2008 hat Bundespräsident Horst Köhler vor einer falschen Sicht auf die SED-Diktatur gewarnt, die zu einer Verharmlosung des Repressionssystems der kommunistischen DDR führen kann.

Der Bundespräsident befürchtet, daß die negativen Aspekte des Regimes in Vergessenheit geraten: „Neunzehn Jahre ist es nun schon her, daß die Mauer gefallen ist. Junge Leute wie Sie haben die DDR nicht erlebt. Sie kennen das Unterdrückungssystem der SED-Diktatur und auch den Widerstand vieler mutiger Menschen, die sich damals in Ostdeutschland für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben, nur aus Büchern, Filmen und Erzählungen.“

Heute gäbe es Menschen, die aufgrund der sozialen Schwierigkeiten, der Unsicherheit wegen der Globalisierung und einer sich schnell verändernden Welt der DDR nachtrauern, weil sie dort klare Verhältnisse vortrafen: „Vielleicht kennen Sie aber auch ganz andere Erzählungen; solche, in denen die DDR als behüteter Ort verklärt wird, wo jeder einen Arbeitsplatz hatte, wo das Leben übersichtlich und nur die Südfrüchte knapp waren.“

Horst Köhler erklärte den jugendlichen Zuhörern, daß die Überschaubarkeit des DDR-Lebens und die vermeintliche Sicherheit durch regelrechten Terror erkauft wurde: „Bis zu 250.000 Frauen, Männer und Jugendliche wurden nach Schätzung von Experten in der SBZ [Sowjetisch Besetzte Zone, Anm. d. Red.]und der DDR im Gefängnis eingesperrt - nur weil sie eine andere Meinung vertraten als die Machthaber. Und auch wer nicht inhaftiert war, wer einfach nur sein Leben mit Meinungs- und Reisefreiheit führen wollte, wer gar versuchte, seinen Kindern Meinungsfreiheit zu vermitteln, erlebte permanent Gängelung und stieß an Grenzen - nicht nur solche aus Beton und Stacheldraht, sondern auch aus Verboten und subtilem Zwang zur Anpassung.“

Das Gute, was die Menschen in der DDR erlebten, existierte nicht dank, sondern trotz SED-Regime.

An der Veranstaltung nahmen etliche Personen teil, die schon als Jugendliche die Repression von SED und Stasi am eigenen Leib gespürt haben. Untern anderen war Claudia Rusch, Autorin von „Meine freie deutsche Jugend“, dabei. Reiner Eppelmann referierte als profilierter Teilnehmer der Bürgerrechtsbewegung, die entscheidend zum Sturz der Diktatur durch die Montagsdemonstrationen beigetragen hat.