Böhse Onkelz“-Sänger Kevin Russell: Wenig Worte über die Opfer – aber dafür viel Selbstmitleid

Christiane Jurczik

Silvesternacht 2009: „Böhse Onkelz“-Sänger Kevin Russell, ein jugendgefährdender Alt-Rocker mit irreparablen Hirnschäden, ist unter Drogeneinfluss mit seinem Audi Coupé auf der A66 unterwegs. Sein Wagen kollidiert mit einem Opel Astra, beide schleudern in die Leitplanke. Obwohl der Opel Feuer fängt und die beiden Insassen um ihr Überleben kämpfen, flieht Russell – zu Fuß. Die jungen Männer trugen bleibende Schäden davon.

Nun spricht er erstmals über die Umstände und die Zeit im Gefängnis – verliert aber nur wenige Worte über die Opfer.

„Böhse Onkelz“-Sänger Kevin Russell war bekannt für sein exzessives Leben. Dann kam der 31. Dezember 2009 – und ein Autounfall, bei dem Russell fast zwei Menschen tötete. Er wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, saß aufgrund seines Gesundheitszustandes aber nur vier Monate im Gefängnis ab.

„Das war der absolute Tiefpunkt in meinem Leben“, sagte Russell über seine Haftstrafe. „In den Knast gehe ich nie wieder. Das ist unmenschlich. Jeder weiß, wie Tiere im Käfig leiden, und für Menschen ist es noch viel schlimmer. Grauenhaft.“

„Ich bin sieben Mal dem Tod von der Klinge gesprungen“, so der 49-Jährige in einem Interview. „2006 wurde bei mir eine Meningitis maxillaris (schwere Hirnhautentzündung) diagnostiziert, die sich an vier Stellen ins Hirn rein gefressen hatte. Die Ärzte mussten meinen Schädel brechen und vier golfballgroße Stellen des Gehirns entfernen. Bei einer der vier OPs war ich 4.53 Minuten tot, im künstlichen Koma. Mir wurden 35 Prozent meiner rechten Gehirnhälfte ausgesaugt.“

Russell blickte zu der Zeit auf jahrelangen Drogenmissbrauch zurück. „Es gab Zeiten, in denen ich viereinhalb Liter Jägermeister trank“, so Russell. Außerdem habe er sich täglich bis zu „20 Gramm 70-prozentiges Kokain reingezogen“. Der Entzug „war furchtbar“, sagte der Sänger. „Körperlich und seelisch ein absoluter Höllenritt.“

Bis zum Juni 2014 müsste Russell noch einsitzen. Doch offenbar ist er bereits am 20. Dezember 2011 – nach nur vier Monaten Haft – wieder aus dem Gefängnis entlassen worden. Es erfolgte die Zurückstellung der Strafe – ein ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers. „Therapie hat Vorrang vor Bestrafung“, bestätigte Justizministeriumssprecher Hans Liedel.

Erholung statt Gefängnis

Dem Portal zufolge hält sich Russell nun in der therapeutischen Einrichtung „Auf der Lenzwiese“ im Odenwald auf. Er lebe in einer Wohngruppe, könne gehen, wohin er will, dürfe sein Handy benutzen und Besuch empfangen. Auf der Seite der Einrichtung heißt es: Zu sportlichen Aktivitäten laden die naturnahe Umgebung der Einrichtung, ein Fußballplatz und ein Beachvolleyball-Feld ein. Vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung bieten eine Sauna sowie große, helle und freundliche Gemeinschaftsräume.
Die Drogentherapie wird Russell bei der Verbüßung seiner Strafe angerechnet, erklärt Liedel.

Knappe Worte zu den Opfern

Mit Blick auf den Unfall sagte er: „Es tut mir unendlich leid, was passiert ist.“ Er bereut seine Tat „aus tiefstem Herzen“.

Kommentar:
Trotz meines religiösen Grundgefühls stelle ich, angesichts dieser Worte, die Glaubwürdigkeit des Herrn Russell in Frage.