Bischof Athanasius Schneider: Über die Probleme der Ehe in der modernen Welt
Interview mit Weihbischof
Athanasius Schneider (Astana, Kasachstan)
Fragen von Dr. Maike Hickson, USA für Lifesitenews
Erstveröffentlichung (Englisch): https://www.lifesitenews.com/news/interview-bishop-schneider-urges-flaming-prayers-to-protect-bishops-from-wo
1)
Soeben wird
Ihr neues Buch, Option für die Familie. 100 Fragen und 100 Antworten zur
Synode, auf Italienisch in Rom veröffentlicht. Es soll in naher Zukunft
auch in verschiedenen anderen Sprachen erscheinen. Sie haben dieses Buch
gemeinsam mit Erzbischof Aldo di Cillo Pagotto (Paraiba, Brasilien) und Bischof
Robert Francis Vasa (Santa Rosa, USA) geschrieben. Was war der Grund für dieses
Buch, das sich mit Fragen rund um die Synode zum Thema Ehe und Familie beschäftigt?
Seit nun mehr als einem Jahr wird in der ganzen Kirche auf allen Ebenen
sehr intensiv über die Ehe und die Familie und über andere, mit diesem Thema
zusammenhängenden, Fragen gesprochen. Es handelt sich um sehr aktuelle Themen,
die den Glauben und das sittliche Leben der Gläubigen unmittelbar betreffen. Es
ist eine vorrangige Aufgabe der Bischöfe, die Gläubigen über solch wichtige
Wahrheiten wie Ehe und Familie klar und deutlich zu belehren.
2)
Was sind die
zentralen Themen, die Sie und Ihre Kollegen in Ihrem neuen Buch aufwerfen, und
die Sie sich wünschen, dass sie auf der nächsten Synode diskutiert werden?
Das zentrale Thema des Buches ist zunächst vom Thema der Bischofssynode
selbst vorgegeben, nämlich die Berufung und die Sendung der Familie in der
heutigen Welt. Im Buch werden die göttlichen Wahrheiten über Ehe, Familie und
Sexualität in Erinnerung gerufen, wie sie vom Lehramt der Kirche in beständiger
und unveränderter Weise seit zwei Tausend Jahren weitergegeben wurden. Die
heutige antichristliche und beinahe globale Gesellschaftsordnung greift die
göttliche Ordnung der Ehe und der Sexualität frontal an und propagiert
Ehescheidung, Konkubinat, und homosexuelle Lebensstile. Deswegen wird im
erwähnten Buch die objektive Falschheit vor allem dieser Phänomene anhand von
Aussagen des Lehramtes dargestellt und bewiesen.
3)
Während der
letzten Bischofssynode zum Thema Familie sind Fragen aufgeworfen worden und zur
Diskussion gebracht worden, die bislang als absolut ausgeschlossen galten, wie
etwa die Zulassung der geschiedenen Wiederverheirateten zu den Sakramenten und
die Akzeptanz homosexueller Verbindungen. Wie erklären Sie sich, dass es zu
einer solch starken Wandlung innerhalb der katholischen Kirche kommen konnte,
und so plötzlich?
Die Akzeptanz von eindeutig unchristlichen und sogar heidnischen
Lebensstilen innerhalb der katholischen Kirche ist das Ergebnis einer längeren
Entwicklung, es stellt gleichsam die Frucht des doktrinellen Relativismus dar,
der nun schon seit über 50 Jahren in vielen Bereichen des kirchlichen Lebens
herrscht. Der doktrinelle Relativismus besagt, dass radikale Änderungen
stattfinden dürfen und sollen, weil es ja nach dieser Theorie keine
Beständigkeit und Unveränderlichkeit gibt: weder im Bereich des Dogmas, der
Sittlichkeit noch in der Liturgie. Ferner besagt diese Theorie des
Relativismus, dass man den Wortlaut einer Lehre beibehält, deren Sinn aber so
interpretiert, dass man dann in der Praxis (Pastoral) durchaus Handlungen tun
darf, die dem Wortlaut widersprechen. Solch eine Theorie des Relativismus ist
letztlich eine Form des Gnostizismus. Eine der Ursachen für die Übernahme des
doktrinellen Relativismus in unseren Tagen – und das meistens seitens des
Klerus – ist ein Minderwertigkeitskomplex, der sich darin äußert, dass man dem
Mainstream in der modernen Welt gefallen will. Letztlich ist aber solch eine
Haltung nichts anders als Untreue gegenüber dem Wort Christi, Verrat der Taufversprechen
und Feigheit vor der Welt.
4)
Walter
Kardinal Kasper ist die führende Stimme unter den Prälaten, der für die
Lockerung der kirchlichen Disziplin gegenüber denjenigen Katholiken
argumentiert, die nach einer Scheidung erneut eine zivile Ehe eingegangen sind.
Er schlägt vor, dass solche Paare nach einer Zeit der Sühn zu den Sakramenten
zugelassen werden könnten. Sehen Sie und Ihre beiden Bischofskollegen irgendeine
Möglichkeit, einen solchen Weg zu beschreiten, ohne die Lehre Jesu Christi über
die Unauflöslichkeit der Ehe zu unterminieren?
Dieser konkrete Vorschlag von Kardinal Kasper und seiner Gesinnungsgenossen
bedeutet ohne Zweifel eine Unterminierung der Lehre Christi über die
Unauflöslichkeit der Ehe. Kardinal Kaspers Theorie offenbart einen unchristlichen Begriff von
Sühne und Buße. Was konkret tut man in diesem Fall sühnen oder für was konkret
tut man Buße? Tun die betreffenden Gläubigen Buße, also bereuen sie lediglich,
dass sie sich von ihrem legitimen Ehegatten in der Vergangenheit getrennt
haben? Oder bereuen sie, dass sie nun durch das eheliche Zusammenleben mit
einem neuen Partner Gottes Gebot ständig verletzen? Das biblische Verständnis
von Reue besagt allerdings, dass man den festen und ehrlichen Vorsatz hat, das,
was man bereut, künftig nicht mehr zu wiederholen. Es ist offenkundig, dass
nach Kardinal Kaspers Theorie diese Gläubigen keine Reue darüber haben, dass
sie Handlungen begehen, die das Gebot Gottes „Du sollst nicht die Ehe brechen“
und somit die Unauflöslichkeit der Ehe, direkt verletzten. Wenn sie darüber eine
echte Reue haben würden, müssten sie den festen und ehrlichen Entschluss haben,
diese Akte nach Kräften und mit Gottes Hilfe künftig nicht mehr zu wiederholen.
Eine Zeit einer solchen angeblichen Sühne oder Buße wäre letztlich eine
Pervertierung des biblischen Begriffs der Buße, eine Farce, eine Verspottung
der Unauflöslichkeit der Ehe, ein Missbrauch des Sakramentes der Eucharistie,
welche ja die Feier der Hochzeit des Lammes und der Braut (der Kirche) ist. Was
in diesem Zusammenhang besonders schlimm ist, ist der Umstand, dass man das durch
den gnostischen Missbrauch der biblischen Begriffe Buße und Barmherzigkeit
rechtfertigt.
5)
Könnte man
nicht, mit Kardinal Kasper sprechend, mehr Barmherzigkeit gegenüber denjenigen
Katholiken zeigen, die eine zweite Ehe eingegangen sind, und sie zu den
Sakramenten zulassen? Kann man diesen Menschen zumuten, sich vom jetzigen
Partner zu trennen und womöglich allein zu bleiben? Und wie muss die Kirche
heute das Seelenheil dieser Menschen im Auge behalten, das ja wohl über dem
leiblichen Wohl und der materiellen Sicherheit des Menschen steht?
Sicherlich muss man Barmherzigkeit zeigen gegenüber Katholiken, die durch
ihre Lebensweise ständig ein wichtiges Gebot Gottes verletzten. Barmherzigkeit
im Sinne Gottes bedeutet, dass man den Sünder aus seiner unglücklichen
Situation herausholt, sofern dieser es auch ehrlich will. Man muss auch einem
Sünder seine Freiheit lassen, und selbst Gott respektiert sie, denn Er zwingt
niemandem Seine Barmherzigkeit auf. Gott bietet jedem die Gnade der echten Reue
und der Vergebung der Sünden an. Es wäre eine Gotteslästerung zu denken und zu
sagen: „O Herr, ich nehme Deine Barmherzigkeit und Vergebung an, aber ich habe
nicht die Absicht, diese meine konkrete Sünde, diese meine konkrete Ablehnung
Deines Willens, künftig zu unterlassen“. Katholiken, die objektiv das Gebot
Gottes schwer verletzten, zu den Sakramenten zuzulassen, ohne von ihnen den
festen und ehrlichen Vorsatz zu verlangen, künftig diese Sünde zu meiden, wäre
keine Barmherzigkeit, sondern Grausamkeit, denn man würde sie in ihrer
objektiven Ablehnung des Willens Gottes noch bestärken und sie sogar zur Gefahr
der Gotteslästerung und zum Missbrauch des Heiligen treiben. Das Wort Christi
ist hier wasserklar: „Wenn dich deine Hand oder dein Fuß zur Sünde verleiten,
dann hau sie ab, Denn es ist besser für dich mit einer Hand oder mit einem
Fuß das Reich Gottes einzugehen, als mit
zwei Händen oder zwei Füßen in das ewige Feuer der Hölle geworfen zu werden“
(vgl. Mt 5, 30). Wenn ein Priester, ein Bischof oder ein Kardinal diese Worte
Christi bagatellisiert und entsprechend die Menschen lehrt, dann ist er
sicherlich nicht barmherzig, sondern wird mitschuldig daran, dass Menschen ewig
verloren gehen. Oder ist für solche Kleriker ein eheliches Zusammenleben
außerhalb einer gültigen Ehe keine Sünde mehr? Oder gibt es für solche Kleriker
keine objektive Todsünde und keine ewige Verdammnis mehr?
6)
Sie haben vor
kurzem von dem “gnostischen Charakter des Kasper Vorschlages” gesprochen. Können
Sie uns diesen Ausdruck erklären?
Die Gnosis war ein weitverbreitetes Phänomen in der intellektuellen Elite
der ersten Jahrhunderte, also zur Zeit Jesu, der Apostel und der ersten
Kirchenväter. Die Gnosis drang vor allem im zweiten Jahrhundert sogar in
kirchliche Kreise ein. Es war das Verdienst des hl. Irenäus von Lyon, der diese
schleichende Gefahr entlarvte und mit seinem berühmten Werk „Adversus haereses“
sozusagen die Alarmglocke läutete. Hier nur einige der wichtigsten Grundsätze des
altchristlichen Gnostizismus: 1) Es darf einen Gegensatz und sogar einen
Widerspruch geben zwischen dem, was wir denken, und dem was wir tun. 2) Nur das
erhabene Denken und intellektuelle Erkennen bringt den Menschen das wahre Heil.
3) Alle äußeren Werke im Leib sind zu verachten und sie haben keinen Einfluss
auf das wahre Heil des Menschen. 4) Die Gebote im Alten Testament, wie z.B. „Du
sollst nicht die Ehe brechen“, sind der Ausdruck des bösen und nicht des guten
Gottes, deshalb ist das Alte Testament abzulehnen und es gilt nur der gute und
barmherzige Gott des Neuen Testaments. 5) Die Apostel und das Lehramt der
Kirche haben die wahre Absicht Christi nicht richtig verstanden und
weitergegeben, deshalb ist eine neue geistige Interpretation der Worte Christi
notwendig.
7)
Was denken
Sie, von Ihrer eigenen Erfahrung, wie viele praktizierende Katholiken gibt es überhaupt,
die regelmäßig zur Heiligen Messe gehen und den Glauben leben, und dennoch
nicht Gottes Gesetzen folgen und ihre Ehe brechen oder nach einer Scheidung
wieder heiraten? Ist dieses Problem sehr prominent in den Gemeinden, oder sind
die meisten geschiedenen Wiederverheirateten meistens mehr oder weniger
nicht-praktizierende Katholiken, die den Glauben gar nicht mehr leben und daher
sich auch gar nicht so sehr nach der Heiligen Kommunion sehnen?
Nach meiner pastoralen Erfahrung gibt es nicht viele wiederverheiratet Geschiedenen,
die regelmäßig an der Hl. Messe teilnehmen und den Wunsch haben, ernstlich nach
den Geboten Gottes zu leben. Im Kasachstan haben wir solche Fälle, die meisten
davon lebten vor ihrer Bekehrung in einer Naturehe (welche allerdings nur
relativ unauflöslich ist, der Papst kann sie zu Gunsten des Glaubens, in
favorem fidei, lösen, weil es keine sakramentale Ehe ist). Diese Menschen haben
sich dann ihre Naturehe zivil scheiden lassen und leben nun in einer neuen
Verbindung. Ich kenne keinen einzigen Fall im Kasachstan, wo Gläubige in
solchen Situationen die Sakramente verlangen würden, denn sie erkennen in aller
Wahrheit und Demut ihre unrechtmäßige Situation an.
8)
Was wäre in
Ihren Augen und mit Ihrer Erfahrung und Ihrem Wissensschatz die richtige Weise,
wie sich die katholische Kirche denjenigen Katholiken nähern sollte, die,
objektiv gesehen, im Stand der Sünde leben?
Die einzige richtige Weise, solchen Katholiken zu helfen, wäre die Werke
der geistigen Barmherzigkeit zu üben, z.B.: Unwissende belehren, Zweifelnden
den richtigen Rat geben und für die Lebenden beten. Wir müssen mit viel Liebe,
Taktgefühl und Geduld diesen Menschen helfen, dass sie mit der Gnade Gottes Ihn
nicht mehr durch die schwere Sünde des Ehebruchs beleidigen und das heilige Band
ihrer ersten sakramentalen Ehe nicht weiter entweihen. Wir können vieles tun,
um diesen Menschen zu zeigen, dass dir kirchliche Gemeinschaft sie ernst nimmt,
sie nicht vergisst und ihnen stets helfen will, damit sie den Willen Gottes
durch ihre Lebensweise nicht missachten. Man kann diese Menschen zu
Wallfahrten, zu eucharistischen Anbetungen, zu Exerzitien, zu religiöser
Fortbildung, zur Teilnahme an Werken der Barmherzigkeit einladen. Das
wichtigste wäre für diese Menschen, dass sie die Gnade der wahren Demut
erbitten und erhalten. Demut bedeutet, in Wahrheit die eigene Sündhaftigkeit zu
bekennen. Nur den Demütigen gibt Gott Seine Gnade (vgl. Jak 4, 6).
9)
Wie würden
Sie die moralische und spirituelle Schönheit des Sakraments der Ehe und den
damit verbundenen Segen beschreiben, auch in Bezug auf die schöne Ehre und
Aufgabe, Kindern Leben zu schenken, und sie zum Himmel zu führen? Wie kann die
Kirche zukünftige Ehepaare besser auf das Ehe- und Familienleben vorbereiten?
Das Ehe-Sakrament ist deshalb moralisch und spirituell so schön, weil sie
in ihrer absoluten Unauflöslichkeit die unwiderrufliche Treue Gottes zu uns
Menschen und die unauflösbare (inseparabiliter) Einheit Christi mit der
menschlichen Natur im Geheimnis der Kirche, Seiner Braut, darstellt. In den
Zeiten der ersten Christen, konnte man aus dem Mund der heiligen Kirchenväter
oft dieses Wort hören: „O Christ, erkenne deine große Würde!“. Wir müssten auch
heute sagen können: „O christlichen Eheleute, erkennt die große Würde eurer
Ehe!“ Die christliche Ehe besitzt ihren erhabensten Zweck darin, durch die
Geburt der Kinder der Kirche, dem Mystischen Leib Christi, neue Glieder zu
schenken und damit Menschen leben zu schenken, die einst Bürger des Himmels
sein werden (vgl. Gaudium et spes, n. 51). Der Priester ist derjenige, der
durch das Tauf- und Bußsakrament den Menschen neues göttliches Leben schenkt. Beide
Aufgaben: den Menschen durch die Zeugung das natürliche Leben zu schenken, d.h.
die Aufgabe der Eheleute, und den Menschen das übernatürliche göttliche Leben
zu schenken, d.h. die Aufgabe der Priester, sind die schönsten, heiligsten und
glücklichsten Aufgaben, die Gott Menschen auf dieser Erde anvertraut. Beide
Aufgaben müssen zusammen gesehen werden: die Gnade setzt ja die Natur voraus. Die
Familie hat die edle Aufgabe, die Kinder religiös zu erziehen und eine
Hauskirche zu sein und oft das erste Priesterseminar zu sein.
10)
Wie würden
sie die Bedeutung der Kindererzeugung und -erziehung in Bezug auf eine
gedeihende Ehe einschätzen? Helfen Kinder Ehen, besser zusammenzuwachsen und
eine gemeinsame Zielorientierung zu haben? Ist heute vielleicht ein Grund für
die hohen Scheidungsraten, dass die Paare keine oder kaum mehr Kinder haben?
Die Eheleuten müssen wissen, dass jedes Kind ihnen von Gott persönlich
geschenkt wurde, dass nicht sie letztlich das Entstehen eines neues Lebens
bestimmen, sondern Gott selbst. Ferner vertraut Gott jedes Kind den Eltern an,
damit sie es nicht zu einem guten Bürger der Erde, sondern vor allem auch zu
einem Bürger des Himmels erziehen. Über jedes ihrer Kinder wird Gott einst die
Eltern beim Gericht Rechenschaft verlangen. Es besteht kein Zweifel, dass
Kinder und vor allem zahlreiche Kinder normalerweise die Eltern zusammenhalten,
weil die Eltern durch die Sorge um die Kinder notwendigerweise in Anspruch
genommen werden und dadurch weniger egoistisch werden. Mit jedem Kind weitet
sich bei einem richtigen Vater und bei einer richtigen Mutter das Herz, weil
sie mehr Platz machen müssen, um jemanden zu lieben. Es gibt natürlich auch
Ausnahmen, wo manchmal auch eine kinderreiche Familie zu Konflikten oder zur Scheidung
führen kann und zwar aufgrund von psychischen und charakterlichen Krankheiten
der Eheleute. Die Wirklichkeit hat es bewiesen, dass keine Kinder oder zu
wenige Kinder in nicht seltenen Fällen ein Grund der Scheidung ist, denn die
Eltern sind dann zu sehr mit sich selbst beschäftigt und werden mehr
egoistisch.
11)
Lassen Sie
mich nun konkreter auf die Bischofssynode, ihre Dokumente und die
Gesamtbotschaft eingehen. Könnten Sie mir Ihre Bedenken gegenüber der Botschaft
der letzten Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie darstellen? Wenn Sie einen
Kommentar zum Endbericht der Synode schreiben würden, wie würden Sie die
Stärken und Schwächen des Dokumentes beschreiben?
Die Botschaft der letzten Bischofssynode enthält im Allgemeinen einen guten
theologischen Inhalt und will die katholischen Familien in ihrem Glauben
bestärken. Allerdings erwähnt die Botschaft das Thema der Zulassung der
wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramente, ein Thema, das eigentlich gar
nicht zur Diskussion stehen dürfte, weil vom beständigen Lehramt der Kirche
schon eindeutig entschieden. Dasselbe gilt für den Endbericht. Eine Versammlung
von katholischen Bischöfen kann ja auch nicht darüber nachdenken bzw.
diskutieren, ob Christus wirklich Gott ist oder nicht. Das wäre ein Zeichen von
Unglauben. Im Endbericht gibt es eine Reihe von positiven Inhalten wie z.B. es
wird öfters von der Gnade gesprochen und auch von der Familie als Hauskirche,
ferner wird die Gültigkeit der Lehre der Enzyklika Humanae vitae betont. Der
allgemeine Ton der Botschaft verrät eine gewisse Sentimentalität und begünstigt
dadurch das heutige weitverbreitete Phänomen einer Gefühlsreligion, die
bleibende Elemente wie Wahrheit, Opfer und Übernatur ausklammert oder sie
marginalisiert. Diese Sentimentalität drückt sich aus in einem häufigen
Gebrauch von Wörtern wie „liebevoll“, „barmherzig“, „Gefühl“. Als wahre Mängel
des Endberichts muss man folgendes bezeichnen: es fehlen
überhaupt die Begriffe Sünde, Todsünde und deren Thematisierung, ferner die
Hervorhebung der Wichtigkeit von kinderreichen Familien; das Gebet in der
Familie wird zu wenig betont; die Begriffe Opfer und Verzicht fehlen auch; die
Bedeutung des Sonntags wird kaum erwähnt, sondern nur einmal im Zusammenhang
mit der sonntäglichen Eucharistiefeier; über den Zusammenhang zwischen Familie
und Priesterberufungen wird nicht gesprochen; es fehlen die Themen
Glaubensbekenntnis und Glaubensmut gegenüber der unchristlichen Umwelt ebenso
die Notwendigkeit des Widerstandes; ferner fehlen die Worte Kreuz und Nachfolge
des Gekreuzigten.
12)
Um auf den
Endbericht der letzten Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie selbst im
Detail zu sprechen zu kommen. Paragraph 41 betont die positiven Aspekte
derjenigen Ehen, die nur zivil geschlossen wurden – also außerhalb der
katholischen Kirche – und sogar der unverheirateten Paare. Ist hier nicht die
Gefahr, dass Menschen, die in solchen Vereinigungen leben, es nach solchen
Stellungnahmen gar nicht mehr nötig sehen, das Sakrament der Ehe und damit Gottes Segen zu erbeten?
Es ist vom Glauben her sicherlich falsch von positiven Aspekten von einer
Wirklichkeit zu sprechen, die für einen Katholiken einen objektiven sündhaften
Zustand bedeutet wie eine zivil geschlossene Ehe. Vom pädagogischen
Gesichtspunkt her ist so eine Sprache schädlich, weil sie die objektive schwere
Sündhaftigkeit einer ungültigen ehelichen Verbindung bagatellisiert. Solch eine
Sprache zu gebrauchen ist unwürdig für Bischöfe, weil sie der Sprache und der
Lehre Christi und der Apostel widerspricht.
13)
Bezüglich des
Wunsches der Bischofssynode, wie er im Endbericht ausgedrückt worden ist
(Paragraph 48), den kanonischen Prozess der Nichtigkeitserklärung einer Ehe zu
beschleunigen und sogar organisatorisch zu vereinfachen, was für Empfehlungen
würden Sie geben? Bejahen Sie auch die Abschaffung der zweiten Instanz in der
Urteilsfindung sowie eine mögliche stärkere Involvierung von Laien in den
Prozess? Wie kann die Kirche die Wahrheitsfindung in diesen Prozessen
sicherstellen und verhindern, dass das Sakrament der Ehe unterminiert wird?
Denken Sie, dass bereits die enorme Zunahme von Nichtigkeitserklärungen in den
letzten Jahren selbst zur Schwächung des Instituts der Ehe beigetragen hat?
Die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben wiederholt eine zu
laxe Praxis von manchen Ehegerichten in Ehenichtigkeitsprozessen in unserer
Zeit beklagt. Solch eine laxe Praxis kommt de facto einer Ehescheidung gleich.
Wenn es um das Heilige geht – und die Ehe ist etwas Heiliges - und um die
Gültigkeit von Sakramenten, die ja keine menschliche, sondern göttliche
Einrichtungen sind, dann ist die Kirche immer den sichereren Weg gegangen (via
tutior). Gott hat in der Heiligen Schrift oft die Menschen und die Hirten des
Volkes gewarnt: „Verflucht sei, wer das Werk des Herrn lässig tut (maledictus
qui facit opus Domini negligenter)“ (Jer 48, 10). Als positiv und hilfreich
kann man den Vorschlag des Endberichts der Synode bewerten, die Kosten der
Ehenichtigkeitsprozesse zu mindern oder ganz zu erlassen.
14)
Was sagen Sie
zu der Idee, dargestellt in Paragraph 53 des Endberichtes, dass ein Sünder, der
nicht die Heilige Kommunion empfangen darf, doch auf irgendeine Weise Jesus
Christus in einer geistigen Kommunion empfangen könne? Wie sehen Sie hier den
Zusammenhang mit der Lehre von dem Stand der Gnade, in dem ein Mensch sein
muss, um Jesus Christus empfangen zu dürfen?
Die eigentliche Frucht des Empfanges des Sakramentes der Eucharistie
besteht in der Einheit der Seele mit Christus. Die heilige Kommunion ist das
Zeichen der Einheit (signum unitatis) und das Band der Liebe (vinculum
caritatis) in erster Linie zwischen dem Kommunizierenden und Christus selbst.
Das Konzil von Trient lehrt (sess. XIII, cap. 8), dass jeder sakramentale
Empfang der hl. Kommunion immer auch geistig sein soll und dass für eine
geistige Kommunion ein lebendiger Glaube vorhanden sein soll, der durch die
Liebe wirksam ist (vgl. Gal 5, 6). Wenn nun jemand in einer schwerwiegenden
Weise ein Gebot Gottes übertritt und die Heiligkeit des sakramentalen Ehebandes
dauerhaft verletzt, dem fehlt das wahre Werk der Liebe zu Gott und zu Seinem
Willen. Der Herr sagte nämlich: „Wer Meine Gebote hat und sie hält, der ist es,
der Mich liebt“ (Joh 14, 21). Folglich erfüllt er nicht die Bedingungen, um
geistig zu kommunizieren. Er kann jedoch eine Sehnsucht nach dem Stand der
Gnade haben, um dann in solch einem Stand eine größtmögliche innere Einheit mit
Christus zu erlangen. Der Hinweis in Paragraph 53 des Endberichtes über die
geistige Kommunion entspricht sicherlich nicht der beständigen Lehre der Kirche
und verursacht eher Verwirrung.
15)
Der
Endbericht der Synode in den Paragraphen 57 und 58 sagt wenig zum Thema
Empfängnisverhütung und lässt viele Fragen offen, wenn er nur betont, dass
Offenheit zu neuem Leben essentieller Teil der Ehe ist, aber die Würde der Person
in der Frage der Methoden der Geburtenregelung geachtet werden müsse. Müsste
die Kirche nicht den Seelen mit mehr Nachdruck klarere katechetische
Anleitungen geben, zum Beispiel darüber, welche Methoden moralisch akzeptabel
sind? Angesichts einer weit verbreiteten Praxis selbst unter Katholiken, sich
dem Segen und dem Geschenk des Lebens, das Gott uns in den Kindern geben
möchte, zu verweigern, was würden Sie zu diesem Thema gerne in dem Endbericht
der nächsten Familiensynode geschrieben sehen?
Die gesamte Überlieferung der Kirche hat immer gelehrt, dass zahlreiche
Kinder ein besonderer Segen Gottes für eine Familie sind (vgl. Gaudium et spes,
50; Katechismus der Katholischen Kirche, n. 2373). Man müsste erwähnen, dass
man auch schwer sündigen kann, wenn man die natürliche Methode der
Geburtenregelung, d.h. die periodische Enthaltsamkeit, egoistisch gebraucht, d.h. ohne schwerwiegende
Gründe. Für die sittliche Gutheit des Gebrauchs der natürlichen Methode müssen
gerechte Gründe vorliegen (vgl. Humanae vitae, n. 16).
16)
Verschiedene
UN-Konferenzen in den 1990er Jahren haben zur Unterminierung der Familie
beigetragen, indem sie die Frauen wie die Kinder durch eigene Rechtserklärungen
aus dem Familienverband herausgelöst und als unabhängige Elemente dargestellt
haben. Anfänglich hat die katholische Kirche dieser Entwicklung mit Sorge
zugeschaut und sogar Widerstand geleistet. Nun aber bezieht sich der Endbericht
der letzten Bischofssynode auf diese Konferenzen indirekt, wenn er vom
“Globalen Dorf” spricht, und direkt, wenn er auf die Frauen- und Kinderrechte
Bezug nimmt. Bejaht die katholische Kirche nun zum Beispiel die
UN-Kinderrechtserklärung, die die Familie als Einheit unterminiert? Tut die
Kirche gut daran, sich auf diese Dokumente zu beziehen und sie zu akzeptieren?
Wenn man sich auf Dokumente von nichtchristlichen Organisationen bezieht,
dann muss man höchste Sorgfalt walten lassen, zumal wenn in solchen Dokumente
Thesen und Vorschläge enthalten sind, die gegen den natürlichen und
christlichen Sinn der Familie sind. In der völlig sexualisierten heutigen
Gesellschaf bedürfen die Frauen und Kinder sicherlich des effektiven Schutzes
vor Ausbeutung. Wenn man sich nun auf entsprechende internationale Dokumente
beruft, dann soll man sich nur auf jene Punkte berufen, die in sich sittlich
einwandfrei sin. Zur Vermeidung von Missverständnissen bei der Gläubigen,
müsste man dann allerdings klar auf die sittlich bedenkliche Grundtendenz des
betreffenden Dokumentes hinweisen.
17)
Zu welcher
Vorsicht sollte die Kirche uns bezüglich der Sprache der Gegner des
Christentums mahnen, damit wir sie nicht unbewusst übernehmen und damit auch
gleichzeitig deren Vorgaben und Maßstäbe? Diese Frage stelle ich Ihnen auch im
Zusammenhang mit Ihrer eigenen Lebenserfahrung mit dem Kommunismus und seiner
ideologischen und manipulativen Sprache.
Wenn man Begriffe gebraucht, die auch bei den Gegnern des Christentums
verwendet werden, sollte man immer den wahren christlichen und von Gott
gegebenen Sinn dieser Begriffe erwähnen. Der Kommunismus in der Zeit der
Sowjetunion missbrauchte z.B. ständig den Begriff „Friede“.
18)
Inwiefern
sehen Sie, dass das Konzept der Sünde – und besonders der Todsünde – aus den
Debatten während der letzten Bischofssynode zu Fragen der Ehe und Familie
herausgefallen ist?
Diese Unterlassung ist schwerwiegend, denn ohne die Annahme der Wahrheit
über die Erbsünde und die Sünden überhaupt, kann man die Erlösung des
Menschengeschlechts durch das Kreuzesopfer Christi nicht richtig verstehen.
Eliminiert man die Sprache von der Sünde, dann eliminiert man auch letztlich
die wahre Erlösung und man verwandelt das Christentum in einen Humanismus oder
in einen Pelagianismus. Übrig bleibt dann die Selbsterlösung oder eine Religion
der sittlichen natürlichen Ethik und Pädagogik oder eine Religion der Ökologie
und des Klimas (climate change).
19)
Was sind Ihre
Erwartungen und Einschätzungen bezüglich der kommenden Bischofssynode zum Thema
Ehe und Familie?
Meine Erwartungen sind die, dass es eine Bischofssynode sein wird, die
diesem Namen entspricht und der Nachfolger der Apostel würdig ist. Es soll eine
Versammlung der „Lehrer des Glaubens“ sein, die gelegen oder ungelegen mit aller
Klarheit und Gesundheit der Worte die Gläubigen lehren (vgl. die Briefe des hl.
Paulus an die ersten Bischöfe der Kirche, an Timotheus und Titus) und der
unchristlichen Welt furchtlos und ohne Minderwertigkeitskomplexe das ganze
Evangelium der Familie künden. Einschätzungen sind für mich schwer zu machen.
Für mich besteht allerdings kein Zweifel, dass es eines mächtigen Gebetes
seitens der ganzen Kirche bedarf, damit die Lehrer der Unwahrheit auf der
Synode, auch wenn sie im Rang von Bischöfe und Kardinälen sein sollten, die
Herde Christi nicht verderben und unter dem Vorwand der Gnade und
Barmherzigkeit Gottes sittliche Ausschweifung erlauben. Denn schon der heilige
Apostel Judas Thaddäus hatte in seinem Brief die damaligen Gläubigen vor
solchen in die Kirche eingeschlichenen Lehrern der Unzucht gewarnt:
„subintroierunt homines impii, Dei nostri gratiam transferentes in luxuriam“
(Jud 4).
20)
Was können
Katholiken noch tun in Vorbereitung auf die kommende Synode, um die Lehre
Christi zu verteidigen und zu stärken?
Zunächst sollen die Katholiken viele und flammende Gebete verrichten, damit
die Bischöfe von der Versuchung der Anpassung an die Welt bewahrt werden und im
apostolischen Bekennermut gestärkt werden, und dass Gott sich erhebe und die
Pläne der Frevler bei der Synode zerstören möge, welche die Klugheit des Fleisches
(vgl. 1 Kor 1, 26) lehren. Gott aber spricht: „Ich verwerfe die Weisheit der
Weisen und vernichte die Klugheit der Klugen“ (1 Kor 1, 19). Die Katholiken
sollen im Hinblick auf die Synode vor allem die beständige Lehre der Kirche und
aller Heiligen über die Ehe und Familie durch Schriften, Konferenzen und durch
persönliches Zeugnis verbreiten.
21)
In welchem
Masse gibt es eine Parallele zwischen der Unterminierung der innerhalb der
Kirche in unserer Zeit und derjenigen in der Zeit der Reformation?
Unterminiert man die Unauflöslichkeit der Ehe, dann verliert die Ehe im
Laufe der Zeit ihre Heiligkeit und verwandelt sich so in eine Art „weltlich
Ding“, wie Martin Luther die Ehe bezeichnet hatte. Die Folge davon ist dann die
Erlaubtheit der Scheidung und die weitere Folge davon ist dann die Erlaubtheit
der geschlechtlichen Beziehungen außerhalb der Ehe. Das hat die Geschichte vieler aus
der protestantischen Reformation hervorgegangenen Konfessionen gezeigt.
22)
Sie haben
einmal die heutige Kirchenkrise als die vierte Große Kirchenkrise der
Geschichte bezeichnet. Könnten Sie uns das erklären?
Was einem jeden unvoreingenommenen Beobachter der heutigen Krise der Kirche
auffallen muss, ist der Zustand einer enormen und gleichsam globalen Verwirrung
in Bereich des Dogmas, der Moral und der Liturgie; mit anderen Worten gesagt: es
herrscht ein Relativismus in allen diesen Bereichen. Vieles ist dem
Uminterpretieren unterworfen, so dass die einzelnen dogmatischen Lehren,
sittlichen Grundsätze und Gesetzte der Liturgie bei Gläubigen, vielen Priester
und selbst bei Bischöfen ins Schwimmen geraten sind. Unzählige Theologen und
selbst einige Bischöfe dürfen oft ungestraft echte Häresien verkünden und an
die Gotteslästerung grenzenden Liturgien feiern. Die früheren großen Krisen der
Kirche waren irgendwie thematisch umschrieben, z.B. die arianische Krise
(Leugnung der Gottheit des Sohnes Gottes), das saeculum obscurum im 9. – 10.
Jahrhundert (Konkubinat und Simonie des Klerus und monströse Sittenlosigkeit
einiger Päpste), das Avignoner Exil mit dem großen abendländischen Schisma
(70-jährige Abwesenheit der Päpste von ihrem römischen Bischofssitz; zwei und
drei Päpste gleichzeitig) und als Teil dieser Krise dann das
Renaissancepapsttum (völlige Verweltlichung des Lebensstils der Päpste,
Übernahme des heidnischen Naturalismus als Öffnung zur damaligen Welt). Die
heutige Krise ist eine Krise, die gleichsam alle Bereiche des kirchlichen
Lebens umfasst, wobei der schwerwiegendste Aspekt der doktrinelle Relativismus
ist, der augenscheinlichste aber die liturgische Anarchie ist.
23)
Auf dem
Hintergrund des Schicksals Ihrer eigenen Familie und Ihrem Leben und Leiden
unter dem Kommunismus in der Sowjetunion, welche Erfahrungen können sie nun
fruchtbar machen für den derzeitigen Kampf in der Kirche um den Glauben?
Die Notwendigkeit der Furchtlosigkeit vor den Feinden des Christentums; die
reichen Gnaden, die aus dem Leiden und der Kreuzesnachfolge fließen; die
Notwendigkeit der integralen Weitergabe des katholischen Glaubens vor allem in
den Familien bei Abwesenheit bzw. beim Mangel der Priester.
24)
Da wir beide
Deutsche sind, erlaube ich mir, Ihnen eine besondere Frage zu stellen. In
unserer Geschichte sind die Deutschen mit dem Problem des Widerstandsrechtes
konfrontiert worden und der Frage der Verantwortung des Einzelnen, selbst wenn
er nur einem Übel schweigend zuschaut. Was sollten wir davon auf unsere
innerkirchliche Situation anwenden, wenn wir fürchten, dass allzu
reformfreudige Kirchenvertreter die ewige Lehre Christi anzutasten versuchen?
Wie können wir hier der Lehre Christi Treue beweisen, aus Liebe zu Jesus
Christus selbst und zu unseren Mitmenschen? Was können wir tun, wenn wir die
Integrität des Glaubens angegriffen sehen, seien wir Kleriker oder Laien?
Wir sollten ob gelegen oder ungelegen die ganze Integrität unseres
katholischen Glaubens in Wort und Schrift bekennen, und zwar angefangen im
Bereich der kirchlichen Gemeinschaften und Organisation, mit denen wir in
Berührung kommen und selbst wenn es sein muss vor dem eigenen Pfarrer oder
Bischof, falls dieser sich erdreisten sollte, die Lehre Christi in einem
bestimmten Punkt aus Liebe zur Welt und aus politischer Korrektheit zu leugnen.
Wir sollten das immer mit Würde, Ruhe und mit Demut tun, jedoch klar und
furchtlos.
25)
Nach den
Stellungnahmen von Reinhard Kardinal Marx über die angebliche Unabhängigkeit
der Nationalen Bischofskonferenzen von der Autorität Roms und des Papstes, wie würden
Sie das Thema der Kollegialität besprechen? Was ist das rechte Verhältnis von
Bischofskonferenzen und der Päpstlichen Autorität? Wo
ist da Raum für Kollegialität?
Der katholische Glaube besagt, dass der Papst als Nachfolger Petri der mit wahrer
Leitungsgewalt ausgestattete oberste Hirte aller Jünger Christi ist, der
Gläubigen und ihrer Hirten, also auch der Bischöfe. Andernfalls wäre der Papst
lediglich eine Dekoration, und das widerspräche der von Gott selbst gegebenen
Struktur der Kirche. Unabhängigkeit der einzelnen Bischöfe oder einer Gruppe
(z.B. einer Nation) vom Papst widerspricht der göttlichen Verfassung der
Kirche. Bischöfe, die solch eine Haltung vertreten und leben, sind dann nicht
mehr katholisch, sondern schismatisch. Der Papst ist das sichtbare Haupt der
sichtbaren Kirche und die Bischöfe sind die Glieder am Leib der Gesamtkirche.
Haupt und Glieder sind gegenseitig verbunden und gehören organisch zusammen
(ein Bild für die Kollegialität). Die Glieder, also die Bischöfe oder das
Kollegium, können nicht gleichzeitig das Haupt für den Gesamtleib bilden. Die
Bischöfe sind Haupt nur für einen Teilbereich der Gesamtkirche (Diözese). Der
Papst als Haupt kann einzelne Bischöfe oder ihre Gesamtheit (Kollegium) an
seinem Lehr- und Regierungsamt teilnehmen lassen, so dass dann solch ein Lehr-
und Regierungsakt ein gemeinsamer kirchlicher und wahrer kollegialer Akt sei.
Der Papst ist dazu allerdings nicht gezwungen. Wenn das so wäre, dann hätte die
Kirche von ihrer Verfassung her ein Doppelhaupt und das wäre gegen die von
Christus gegebene Verfassung und gegen das Prinzip der wahren Hierarchie, die
aus Ordnung und Unterordnung im Leib Christi und im Reiche Gottes besteht.
26)
Als
Deutscher, wie würden Sie die aktuelle Rolle der Deutschen Bischofskonferenz einschätzen?
Wie beurteilen Sie das neue deutsche kirchliche Arbeitsgesetz, das ja nun
Kirchenmitarbeitern erlaubt, gegen die kirchliche Moral zu Verstoßen (etwa
durch Wiederheirat nach einer Scheidung, oder durch Eingehen einer
homosexuellen Partnerschaft), ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen erfahren zu müssen
(wie etwa Entlassung)?
Solche eine Entscheidung ist sehr traurig, weil dadurch die praktische
Verhaltensweise der deutschen Kirche dem widerspricht, was sie glaubt. Es ist
ein Ausdruck der Untreue im Glauben und der Feigheit vor dem Geist dieser Welt.
27)
Was sagen Sie
zu der Forderung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, zum Beispiel,
dass die katholische Kirche homosexuelle Partnerschaften segnen und auch das
Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung aufweichen solle?
Wer solche Forderungen vertritt, der ist in der Tat kein Katholik und kein
Christ mehr, auch wenn er es behaupten sollte, das wäre ein Pseudokatholik und
ein Pseudochrist. Auf ihn müsste man diese Worte des heiligen Apostels Johannes
anwenden: „Sie sind von uns ausgegangen, gehörten aber nicht zu uns, denn wenn
sie zu uns gehören würden, dann wären sie mit uns (in der Glaubenslehre)
geblieben“ (1 Joh 2, 19). Folglich müsste das Zentralkomitees der deutschen
Katholiken realistischer- und ehrlicherweise heißen: „Zentralkomitees der deutschen
Pseudokatholiken“. Deren jüngste Machenschaften erinnern übrigens an die
Methoden von Zentralkomitees, wie wir sie aus manchen ideologischen Diktaturen
der jüngsten Geschichte kennen.
28)
Der Endbericht der Synode, wenn er in Paragraph 55 von
praktizierenden Homosexuellen spricht, wiederholt nicht die Lehre der Kirche,
dass homosexuelles Verhalten eine Verletzung der Lehre und Gesetze Gottes
darstellt. Im Gegenteil, der Bericht betont ausschließlich die Notwendigkeit,
solchen Menschen mit Respekt und Sensitivität gegenüberzutreten. Hier stellt
sich nochmals die Frage, ob eine solche Botschaft den Sündern noch hilft, sich
von der Sünde zu befreien und auf den Weg zum Himmel zurückzukehren, oder ob
sie gefährlicherweise die Sünder im Glauben lässt, dass ihre Sünde gar nicht mehr
so schlimm sei? Was ist die Doktrin und umsichtige Betrachtung dieses Themas
von Seiten der Kirche, aus Liebe zu den Betroffenen?
Bei praktizierenden Homosexuellen handelt es sich
um Personen, welche sich in einer schwerwiegenden Weise gegen den Willen Gottes
des Schöpfers verfehlen, denn mit ihren Akten lehnen sie die Tatsache der
göttlichen Ordnung der Geschlechtlichkeit ab. Nun besteht aber die
geschlechtliche Ordnung nur aus zwei Geschlechtern, dem männlichen und dem
weiblichen, und diese Ordnung hat Gottes unendliche Weisheit und Güte
ausgedacht und als gut erklärt. Wenn sich jemand durch seine Handlung bewusst
gegen diese Ordnung auflehnt, dann lehnt er sich gegen die Weisheit und Liebe
Gottes auf und lehnt letztlich den Willen Gottes in einem sehr wichtigen
Bereich ab. Wenn jemand Gottes Willen in einem wichtigen Bereich ablehnt, dann
setzt er seinen Willen, seine eigene Einsicht und seine Leidenschaften an die
Stelle Gottes. Dadurch tut sich so ein Mensch von der ewigen Gemeinschaft mit
Gott, von der ewigen Seligkeit selbst ausschließen und wählt die ewige
Verdammung. Praktizierende Homosexuelle, wie auch jeder Todsünder, befinden
sich in einer höchst gefährlichen geistigen Lage, gleichsam vor dem Abgrund,
weil sie Gefahr laufen, ihre Seele auf ewig zu verlieren. Christus hat gelitten
und Sein kostbares Blut am Kreuz vergossen, damit kein Mensch ewig
verlorengehe, sondern sich bekehrt, d.h. den Willen Gottes in allem voll
annimmt, und so ewig gerettet wird. Christus kann keinen heilen und keinem
vergeben, wenn dieser sich nicht bekehrt (vgl. Mk 4, 12). Angefangen von
Pfingsten war eine der wichtigsten Aufrufe in der Predigt der Apostel und der
Kirche dieser: „Es soll sich jeder von seiner Bosheit bekehren!“ (Apg 3, 26);
und er wird es auch bis ans Ende der Zeiten bleiben. Das unfehlbare Wort Gottes
spricht ganz klar darüber, dass homosexuelle Handlungen gottwidrig und schwer
sündhaft sind und denjenigen, der sie begeht, in Gefahr bringt, ewig verloren
zu gehen: „Hat einer mit einem Mann Geschlechtsverkehr so wie man ihn mit einer
Frau hat, dann haben beide eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod
bestraft, ihr Blut soll auf sie kommen.“ (Lev 20, 13), „Männer, der mit
einander Geschlechtsverkehr haben, werden das Reich Gottes nicht erben“ (1 Kor
6, 10) und „Homosexuelle Handlungen widerstreiten der gesunden Lehre des
Evangeliums“ (1 Tim 1, 10. Das sagt uns der Heilige Geist durch den Mund Moses´
und des heiligen Apostels Paulus (vgl. auch Lev 18, 22; Gen 18, 20; Jes 3, 9;
Röm 1, 26-27; Jud 7).Wenn Vertreter der Kirche diese Mahnungen des Heiligen
Geistes heute auf einmal nicht mehr aussprechen, und sie verschweigen, unter dem
Vorwand, homosexuell handelnde Menschen „willkommen zu heißen“ und ihre Würde
zu achten, dann begehen sie eine schwere Sünde der Unterlassung und Gott wird
von ihnen Rechenschaft verlangen, wenn homosexuell handelnde Menschen einst
ewig verloren gehen, weil sie nicht gewarnt wurden. Es wäre eine Sünde, einen
Menschen nicht darauf aufmerksam zu machen, dass er sich in einer realen Gefahr
befindet abzustürzen. Allen Priestern, Bischöfen und Kardinälen, die in unseren
Tagen unter dem Vorwand des Respekts es unterlassen praktizierende Homosexuelle
auf die sittliche Schwere ihrer Handlungen hinzuweisen, wird Gott einmal beim
Gericht diese Worte entgegenhalten: „Wenn du nicht warnst und nicht redest, um
den Schuldigen von seinem schuldhaften Weg abzubringen, damit er am Leben
bleibt, dann wird der Schuldige seiner Sünde wegen sterben, von dir aber
fordere ich Rechenschaft für sein Blut“ (Ez 3, 18).Der hl. Johannes
Chrysostomus rügte jene Geistliche seiner Zeit, die aus Menschenfurcht
öffentlichen Sündern die Hl. Kommunion reichten: „Auf Euch wartet keine geringe
Strafe, wenn Ihr solche Sünder des Tisches des Herrn teilhaben lässt. An Euren
Händen klebt deren Blut, für das von Euch Rechenschaft verlangt wird. Wenn
jemand unwürdig zur Kommunion herantritt, mag er ein Heerführer, ein Gouverneur
oder ein Fürst mit einer Diademenkrone sein, so verbietet es ihm, denn Ihr habt
eine größere Gewalt als jene. Darin besteht Eure Würde, Eure Sicherheit, Eure
Krone“ (Hom. ad pop. Antioch. 60). Man muss bei der enormen sentimentalen und
intellektuellen Konfusion des Themas Homosexualität den gesunden
Menschenverstand bewahren und den durch alle Jahrhunderte konstanten pastoralen
Grundsatz der Kirche befolgen: „Die Sünde verachten, den Sünder aber lieben“.
Man darf die homosexuell fühlenden Menschen nicht belügen und man muss ihnen
die Wahrheit sagen, dass die homosexuelle Neigung in sich eine Störung der von
Gott in die Natur grundgelegte Ordnung ist. An sich ist eine solche Tendenz
keine Sünde. Diese Störung ist Folge der Erbsünde, wie alle anderen Störungen
des sittlichen Verhaltens und in der Persönlichkeitsstruktur. Es gibt viele
Störungen im sittlichen Verhalten der Menschen, die auch sehr tiefsitzend sind,
wie z.B. die Neigung zum Alkohol- und Drogenmissbrauch. Wenn solche Tendenzen
nicht ausgelebt werden, dann müssen sie keine Schande sein. Man muss Menschen
mit objektiv ungeordneten Tendenzen, wie in unserem Falle Menschen mit
homosexuellen Neigungen, taktvoll und liebevoll helfen, einen Prozess der
Heilung zu machen. Mit der Gnade Gottes und der kompetenten Hilfe von
Fachleuten kann man diesen Menschen helfen, wie es die Erfahrung in sehr vielen
Fällen schon reichlich bewiesen hat. Erst wenn diese Menschen so einen Prozess
der Heiligung beschreiten und in ihm Fortschritte machen, werden sie wahrhaft
glücklich. Alles andere wäre Betrug und Illusion. Die unmissverständlich klare
Lehre der Kirche über die Homosexualität, vorgetragen mit Liebe und Respekt,
wird diesen Menschen wahrhaft eine Hilfe sein, damit sie ihre Seele für die Ewigkeit
retten und schon hier auf Erden durch die Übung der Keuschheit als Ledige oder
durch eine Eheschließung nach dem Gebot Gottes ein glücklicheres Leben führen
können. Das wäre die wahre pastorale Antwort auf dieses aktuelle Problem in
unserer Gesellschaft gemäß dem Wort Gottes und dem uns überlieferten Glauben
der Apostel.
29)
Was ist die klare Lehre der katholischen Kirche zu
homosexuellen Paaren, die Kinder adoptieren wollen, besonders in Hinblick auf
das Wohl der Kinder?
Es gibt klare Aussagen des Lehramtes zur
Sündhaftigkeit homosexueller Handlungen, zur objektiven Unordnung der
homosexuellen Tendenz, und zur Unsittlichkeit von gleichgeschlechtlichen
Verbindungen und erst Recht zur Unsittlichkeit und Unrechtmäßigkeit der Adoption
von Kindern durch homosexuelle Paare, z.B. Erklärung der Glaubenskongregation Persona humana vom
29.12.1975; Brief der Glaubenskongregation Über die pastorale Sorge um die
homosexuelle Personen vom 01.10.1986; Katechismus der Katholischen Kirche Nr.
2357-2359; Glaubenskongregation, Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung
der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen. Aus diesem Dokument
sei die folgenden klare Stellungnahme des kirchlichen Lehramtes zitiert: „Wie die Erfahrung zeigt, schafft das Fehlen der
geschlechtlichen Bipolarität Hindernisse für die normale Entwicklung der
Kinder, die eventuell in solche Lebensgemeinschaften eingefügt werden. Ihnen
fehlt die Erfahrung der Mutterschaft oder der Vaterschaft. Das Einfügen von
Kindern in homosexuelle Lebensgemeinschaften durch die Adoption bedeutet
faktisch, diesen Kindern Gewalt anzutun in dem Sinn, dass man ihren Zustand der
Bedürftigkeit ausnützt, um sie in ein Umfeld einzuführen, das ihrer vollen
menschlichen Entwicklung nicht förderlich ist. Eine solche Vorgangsweise wäre
gewiss schwerwiegend unsittlich und würde offen einem Grundsatz widersprechen,
der auch von der internationalen Konvention der UNO über die Rechte der Kinder
anerkannt ist. Demgemäß ist das oberste zu schützende Interesse in jedem Fall
das Interesse des Kindes, das den schwächeren und schutzlosen Teil ausmacht“
(Nr. 7).
30)
Wie beurteilen sie das jüngste Referendum in Irland, das
nun die Homosexuellen-"Ehe" erlaubt? Muss ein Staat unter allen
Bedingungen dem Willen des Volkes gehorchen, auch, wenn dieser Wille eigentlich
dem Willen Gottes widerspricht?
Das Ergebnis des jüngsten Referendums in Irland
ist ein Spiegel und ein Indikator dafür, wie sehr sich breite Massen eines
Volkes und selbst Katholiken und unter ihnen, Gott sei es geklagt, selbst
Vertreter des Klerus sich von der neo-kommunistische Gender-Ideologie haben
indoktrinieren lassen. Die Massen gehen mit dem Zeitgeist und nicht wenige
Kleriker, manchmal sogar hohe Kleriker, kollaborieren aus politischer
Korrektheit mit diesem Zeitgeist. Die jüngste Geschichte Europas hat gezeigt,
dass die Massen sehr schnell Ideologien und selbst menschenverachtende
Ideologien (wie z.B. Faschismus, Nationalsozialismus, Sowjetkommunismus)
annehmen. Im Unterschied zu früheren Zeiten, haben wir in unseren Tagen in den
Reihen des Klerus einen deutlich höheren Anteil von Kollaborateuren mit der
neuen herrschenden Ideologie. Das ist ein Zeichen des Ausmaßes der Krise des
Glaubens innerhalb der Kirche. Auf der anderen Seite ist das auch eine Chance
für alle, die ihren Taufgelübden und dem Glauben der Apostel und der Heiligen
treu geblieben sind, den Glauben zu bekennen und zu verteidigen. Die heutige
Zeit ist nicht eine Zeit des Schlafens, sondern eine Zeit ein guter Soldat
Christi zu sein (2 Tim 2, 3). Unser Kampf ist ein geistiger Kampf, ein Kampf
für die Wahrheit mit Liebe (vgl. Eph 4, 15).