Bildungsstudie: Soziale Herkunft prägt schulischen Erfolg in Deutschland weiterhin stark
Eine aktuelle Studie zeigt alarmierende Bildungsdefizite unter deutschen Schülern. Besonders deutlich wird, wie stark die soziale Herkunft die schulischen Leistungen beeinflusst – ein Problem, das in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern besonders ausgeprägt ist. Kinder aus sozial benachteiligten Familien hinken ihren Klassenkameraden teilweise um Jahre hinterher.
Bildungschancen weiter ungleich verteilt
Untersuchungen der Universitäts-Allianz Ruhr im Auftrag der Wübben Stiftung Bildung bestätigen, dass der Bildungserfolg in Deutschland weiterhin stark von der sozialen Herkunft abhängt. Die Ergebnisse der Studie „Woher und Wohin 2024“ offenbaren, dass benachteiligte Kinder nach wie vor deutlich schlechtere Chancen haben als ihre privilegierten Mitschüler.
Die Studienautoren – ein Team von Wissenschaftlern aus Duisburg-Essen, Bochum, Dortmund und Osnabrück – analysierten internationale Schulleistungsstudien wie PISA und IGLU sowie verschiedene Kompetenzbereiche. Besonders alarmierend: In den letzten zehn Jahren hat sich der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg nicht verbessert – in einigen Fällen hat er sich sogar verschärft.
Bildungslücken von mehreren Jahren
Die Untersuchung zeigt, dass die Lernrückstände sozial benachteiligter Kinder oft gravierend sind. Schüler an nicht-gymnasialen Schulformen weisen zum Ende ihrer Schulzeit Lernlücken von bis zu vier Jahren auf. Besonders in den Naturwissenschaften, Mathematik und beim Lesen zeigen sich große Defizite.
So entsprechen die Unterschiede in den naturwissenschaftlichen Kompetenzen zwischen benachteiligten und privilegierten Kindern in der Grundschule bereits einem Lernjahr. In der Sekundarstufe steigen diese Unterschiede auf bis zu dreieinhalb Lernjahre – am stärksten im Fach Biologie.
Im Fach Mathematik ist die Entwicklung besonders besorgniserregend: Während 2012 noch 17,7 Prozent der Schulabgänger die Mindeststandards nicht erreichten, stieg dieser Anteil bis 2022 auf knapp 30 Prozent.
Ursachen und Konsequenzen
Die Forscher identifizieren neben der sozialen Herkunft weitere strukturelle Faktoren, die zur Bildungsungleichheit beitragen. Dazu gehört die geringere Förderung von Schülern in nicht-gymnasialen Schulformen sowie fehlende Ressourcen an Schulen in herausfordernden sozialen Lagen.
„Die eingeschränkten Chancen sozial benachteiligter Kinder ziehen sich durch die gesamte Bildungsbiografie und verstärken die Ungleichheit kontinuierlich“, so Professorin Isabell van Ackeren-Mindl von der Universität Duisburg-Essen.
Maßnahmen für mehr Chancengleichheit
Als Konsequenz fordern die Wissenschaftler gezielte Fördermaßnahmen. Programme wie das „Startchancen“-Programm von Bund und Ländern könnten helfen, Schulen in benachteiligten Lagen besser zu unterstützen. Auch eine verstärkte Frühförderung im Vorschulalter, gezielte Sprachförderung für Kinder aus nicht-deutschen Familiensprachen und Programme für den nachträglichen Schulabschluss seien entscheidend.
„Es braucht nachhaltige Investitionen und eine konsequente Umsetzung, um Bildungsungleichheit abzubauen“, betonte Markus Warnke, Geschäftsführer der Wübben Stiftung Bildung.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass Bildungserfolg in Deutschland noch immer zu stark von der sozialen Herkunft abhängt – ein Zustand, der dringendes Handeln erfordert, um Kindern unabhängig von ihrem Umfeld eine gerechte Chance auf Bildung zu bieten.